beträgt aktuell 4400 Exemplare und die Zeitung wird sowohl an
Kiosken und anderen Verkaufsstellen in verschiedenen Städten
angeboten sowie über ein Abo.
Da wir in der Redaktion nicht nur die Zeitung, sondern auch die
Fernsehsendung und die Radiosendungen machen, ist der Alltag
oft stressig, da manchmal ein Thema „jetzt sofort” auf allen
Kanälen bespielt werden muss. Aber irgendwie schaffen wir es
jede Woche die Zeitung rechtzeitig in den Druck zu bekommen
und unsere TV- und Radiosendungen an die Sender zu schicken.
Dr. Rudolf Urban
SB: Wie Sie bereits angesprochen haben: Online nimmt einen
immer größeren Platz im Leben der Menschen ein – welche
Auswirkungen hat das auf das Wochenblatt?
WB: Ja, online ist ein sehr wichtiger Teil unserer Arbeit, denn
wir finden vor allem dort unsere neuen Leser. Diese können wir
aber nicht damit erreichen, dass wir einfach unsere Artikel auf die
Internetseite stellen, deshalb gibt es dazu immer häufiger Audiobeiträge,
kurze Filme oder Videointerviews. Wir versuchen uns
auch an Live-Sendungen, auch wenn wir da noch etwas üben
müssen. Es ist halt eine andere Art zu arbeiten, aber auch die
macht unheimlich Spaß, weil man da auch immer wieder etwas
Neues ausprobieren kann.
SB: Unsere Zeitung beschäftigt sich des Öfteren mit den
deutschen Minderheiten außerhalb Ungarns – wie sieht die
sprachliche, demografische, kulturelle und politische Situation
der deutschen Minderheit in Polen aus? Mit welchen
Herausforderungen wird diese konfrontiert?
WB: Die deutsche Minderheit wohnt vor allem in Schlesien, genauer
in Oberschlesien. Im sog. Norden, also den Regionen
Ermland-Masuren, Pommern, Westpommern, Großpolen und
Lodsch gibt es zwar auch kleinere oder größere Gemeinschaften,
die sich zu Vereinen und Verbänden zusammengetan haben, sie
leben aber in einer wirklichen Diaspora. Wenn man nur die Angaben
der Volkszählung von 2011 nimmt, gibt es in Polen ca.
140.000 Deutsche, zehn Jahre früher waren es knapp 150.000,
was bedeutet, dass die Minderheit zwar schrumpft, aber nicht in
einem drastischen Tempo, wie es einige erwarten würden. Von
diesen Mitgliedern sind aber nicht alle deutschsprachig, auch 30
Jahre nach der politischen Wende, was einer der Schwachpunkte
der deutschen Minderheit ist. Dies ist aber damit zu erklären,
dass gerade die sog. mittlere Generation, also Personen, die um
das Kriegsende herum geboren wurden, in einem antideutsch
gesinnten Polen aufgewachsen sind und deren Eltern oft aus
Angst vor Repressalien Deutsch nur untereinander gesprochen
haben, die Sprache aber an die Kinder nicht weitergaben. So
entstand eine große Lücke, die bis heute andauert. Die Urgroßeltern
sprachen Deutsch, deren Kinder können meist diese Sprache
nicht mehr, weil sie eben zu der o.g. Generation gehören und
erst die Enkel und heute Urenkel lernen Deutsch in der Schule.
In immer mehr Familien entscheidet man sich bewusst für die
zweisprachige Erziehung, was zeigt, dass die Sprache vielleicht
nicht flächendeckend gesprochen wird, aber wenn ja, dann sehr
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bewusst als lebendige Sprache, die zu der Region und den Menschen
dazugehört.
Politisch ist die deutsche Minderheit sehr aktiv, auch wenn da vor
allem die Oppelner Region, in deren Hauptstadt unsere Redaktion
ist, federführend agiert. Hier nämlich regiert die Minderheit
im Lokalparlament mit, stellt drei Landräte und regiert in zwei
weiteren Kreisen mit, auch etwa 25 Bürgermeister unterschiedlich
großer Dorfgemeinden kommen aus der Minderheit und
folglich auch gibt es viele Gemeinderäte. Eine so aktive politische
Tätigkeit der Minderheit gibt es in anderen Regionen nicht.
Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass der einzige Parlamentsabgeordnete
der deutschen Minderheit aus der Oppelner
Region heraus gewählt wird. Nur hier hat die Minderheit noch so
viele Wähler, dass sie es immer wieder schafft, zumindest diesen
einen Vertreter in den Sejm zu schicken.
Eine Herausforderung bleibt für die Minderheit vor allem die Jugendarbeit,
damit auch Nachfolger da sind, wenn die heutigen
Aktiven einmal in den Ruhestand gehen. In den letzten Jahren
wurde aber auch die Zusammenarbeit mit der polnischen Regierung
zu einer Herausforderung, denn einige Entscheidungen,
die von der regierenden PiS-Partei getroffen wurden, zielen vor
allem auf Vertreter anderer Nationen ab. So darf ein polnischer
Richter, der auch einen deutschen Pass besitzt, nicht mehr am
Gericht arbeiten. Vor zwei Jahren wollte man, dass Landräte
Informationen über führende Vertreter von offiziellen und inoffiziellen
Gruppierungen der Minderheiten an das Verteidigungsministerium
weitergegeben, und nicht zuletzt kämpft die deutsche
Minderheit dagegen an, dass der Deutschunterricht an öffentlichen
Grundschulen in den letzten beiden Klassen verringert
wird. Das ist nur ein kurzer Einblick, denn eigentlich könnte man
ja über die Lage der Deutschen in Polen noch viel länger und
ausführlicher sprechen.
SB: Sie haben in Coronazeiten stets über deutschsprachige
Heilige Messen, im Internet übertragen, informiert – Polen
gilt immer noch als eines der „katholischsten” Länder Europas
– wie ist es dabei um die deutschsprachige Seelsorge
bestellt (ich habe ein-zwei Messen verfolgt, man sah, wie
auch in Ungarn oft, nicht rein deutschsprachige Gottesdienste)?
WB: Es ist richtig, dass die meisten Mitglieder der deutschen
Minderheit zur katholischen Kirche gehören, aber wir haben auch
evangelische Christen unter uns, die vor allem von der evangelischen
deutschsprachigen Gemeinde in Breslau betreut werden.
Wenn es um die katholische deutschsprachige Seelsorge geht,
ist offiziell alles in Ordnung. In den schlesischen Bistümern gibt
es Minderheitenseelsorger, das Bistum Oppeln hat sogar in seinen
Synodaldokumenten die Minderheitenseelsorge detailliert
charakterisiert und Vorgaben gemacht, wie diese funktionieren
soll. Praktisch sieht es aber von Pfarrgemeinde zu Pfarrgemeinde
anders aus und hängt von der persönlichen Einstellung des
Pfarrers, der Mehrheitsbevölkerung sowie von der Aktivität der
Minderheit in diesem Bereich selbst ab. Es gibt nun im Bistum
Oppeln ca. 50 Pfarrgemeinden, in denen regelmäßig (jede Woche,
jede zweite Woche oder einmal im Monat) deutschsprachige
Gottesdienste stattfinden, in Gleiwitz und Kattowitz sowie
Breslau und „im Norden“ sind es dagegen nur einzelne Pfarrgemeinden.
In der überwiegenden Mehrheit hat man sich bereits
in den 90er Jahren darauf geeinigt, dass die Gottesdienste zweisprachig
stattfinden, damit jeder aktiv daran teilnehmen kann.
Diese Zweisprachigkeit in unterschiedlicher Ausführung ist bis
heute geblieben.
SB: Wie ist das Verhältnis der deutschen Minderheit zum
Mutterland Deutschland? Welche Rolle spielt die Bundesrepublik
als Wirtschaftsmacht/-partner?
WB: Kritiker der deutschen Minderheit meinen, Deutschland
wäre für uns nur Geldgeber, was natürlich nicht stimmt. Es ist für
die Ältesten eine Art Vaterland, das sie nach 1945 verloren ha-
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