Sonntagsblatt 2/2019 | Page 28

lide Sammlung finden, welche die ungarndeutschen Vornamen enthält. Im offiziellen Band finden wir aber spanische, englische Namen wie Pedro, Jennifer beziehungsweise sind wir ange- sichts der im damaligen Altungarn traditionslosen germanischen Namen (Thor, Björn, usw.) ein wenig verwundert. Ferner ist es gesetzlich noch nicht klar geregelt, wann genau wir die deutsche Version neben der ungarischen benutzen dürfen und wann nicht (z.B. im Falle einer Bankkontoeröffnung). Als Showelement wurde auch ein „Nationalitätenpersonalaus- weis” vorgestellt, wie die Vornamen bei den Ungarndeutschen in einer Urkunde massenhaft aussehen würden. Die Teilnehmer waren darüber im Klaren: Man muss auch da eine konstruktive Diskussion führen, danach die Gründe erkennen, diese beseiti- gen und letzendlich unsere Nationalitätenrechte nutzen. Auch an dieser Stelle bedankt sich die Jakob Bleyer Gemein- schaft und die Redaktionsgruppe des SB für die aktive Teilnahme und Mithilfe der Paajaer. Leserbriefe s Reaktion auf: Verkehrte Welt: Banater Madjare trifft auf ungarländische Schwaben von Richard Guth (erschienen im Sonntagsblatt, 1/2019) Richtig! Einer von DRÜBEN muss nach Ungarn kommen um zu verraten, wie es mit den Ungarndeutschen steht bzw. dass die Ungarndeutschen – trotz aller Prahlerei in den Medien – keine eigene Sprache mehr haben, d. h. dass sie nicht mehr ihre (ur- sprüngliche) deutsche Muttersprache sprechen, eventuell auch gar nicht sprechen wollen. Dazu führt dieser aus dem rumäni- schen Banat kommende Madjare auch Beispiele an. Beispiele, die von den Ungarndeutschen nicht widerlegt werden können. Auch stellt dieser ’Rumänienmadjare’ noch fest, dass es in (dem aus madjarischer Sicht minderheitenfeindlichen) Rumänien so etwas nicht gab und auch nicht gibt, denn z.B. in einem dortigen ungarischen Gymnasium wird von allen Schülern ausschließlich Ungarisch gesprochen. Sehr gut, dass uns der Autor des Artikels, Herr Richard Guth, die- ses uns betreffende „Geheimnis” anvertraut; es ist wahrschein- lich auch als Kritik am ungarischen Schulsystem sowie auch am Verhalten der Ungarndeutschen hinsichtlich Sprachgebrauch gedacht - doch eben nur gedacht, leider nicht offen und laut aus- gesprochen. Denn, ist etwas gut oder ist etwas falsch, so gibt es dafür immer auch eine (oder mehrere) Ursache/n. Und diese müssen laut und verständlich beschrieben und ausgesprochen werden, wenn da- gegen etwas unternommen werden soll. Nun, die Lage des Un- garndeutschtums kann/muss als ’falsch/schlimm’ eingestuft wer- den, insbesondere betreffend Muttersprache/Sprachgebrauch. Also ergibt sich die Frage: Warum? Was ist/sind die Ursache/n? Die Antwort darauf ist (nicht nur von Laien!) allgemein: „Nach dem Krieg durften wir nicht und konnten wir jahrzehntelang nicht deutsch sprechen…” Und dies ist dann noch etwas wissenschaftlich unterstützt: „Als dann endlich ein gutes (?) Minderheitengesetz geschaffen wur- de, dann gab‘s dazu keine Durchführungsverordnung…” Ergo: Der Krieg mit seinen Folgen (Enteignung, Verschleppung, Vertreibung, Sprachverbot), dann der sozialistische Internationa- lismus und somit natürlich auch der ungarische Staat sind schuld am Verschwinden/Ableben des Ungarndeutschtums. Denn, 28 wenn wir ehrlich sein wollen, so müssen wir eben eingestehen, dass unsere gegenwärtige (ungarndeutsche) Lage mehr als ka- tastrophal bezeichnet werden kann. „Ohne Sprache kein Volk” heißt es und sogar auch der obenerwähnte Runänienmadjare vermisst eben die Sprache bei uns. Also? So glaubwürdig auch die vorhin erwähnte Argumentation der Un- garndeutschen klingt, man kann sie trotzdem nicht akzeptieren. Sie ist oberflächlich, voreingenommen - einfach unwahr! Was ich als Begründung dieser meiner Meinung/Aussage anführe, ist nicht aus Büchern entnommen, ist nicht dem Gerede „böser Zun- gen” zuzuschreiben, diese Begründung ist mein persönliches Er- lebnis, ist das allgegenwärtige Alltagsgeschehen im Leben unse- rer Volksgruppe. Wir konnten nicht, wir durften nicht Deutsch reden? Wieso? Es gab dazu kein Gesetz, keine Verordnung, keinerlei Verbot von ungarischer Seite. Freilich, die deutsche Sprache war nicht sa- lonfähig, war nicht vorteilhaft, war nicht erwünscht – was man- che dummen Menschen uns auch fühlen ließen, uns mit einem „beszéljen magyarul” (reden’s ungarisch!) zurechtwiesen/ab- fertigten, was auch manch hochnäsiger Lehrer oder Priester in der Schule und von der Kanzel herab von sich gab - doch all das kann man nicht als behördliches Verbot bezeichnen. Ja, und wer nicht Ungarisch konnte? Wie z.B. meine Mutter? Mei- ne Mutter hat jederzeit auch in Ämtern deutsch vorgesprochen, und wenn sie dann „ermahnt” wurde, so gab sie zurück: „Na, Ihr kent jo a deitsch, wenn Ihr welle tät” – und nichts ist passiert! Doch unseren Menschen fehlte in den meisten Fällen der Mut und das Selbstvertrauen und sie fügten sich eben. Sie fügten sich so sehr, dass sie selber auch anfingen ungarisch zu reden (wenn auch schlecht), weil „die Kinder sollen ungarisch können und keine verhassten Deutschen mehr sein“. So kam es, dass junge Mütter nur noch Kinder mit ungarischer Muttersprache zur Welt brachten, was sich eben bis heute in die dritte-vierte Gene- ration vererbt hat. Der Erfolg: Die Ungarndeutschen haben alle (ausgenommen die noch aus der Kriegszeit übriggebliebenen al- ten Knorren) eine ungarische Muttersprache. Muttersprache! Ein Thema, das dringendst und bis auf höchster Ebene besprochen und geklärt werden müsste. Der Begriff Muttersprache muss neu definiert werden. Denn, wir haben – trotz allem – auch heute wieder viele junge Menschen, die gut deutsch sprechen, denen die deutsche Spra- che lieb ist und dennoch Ungarisch als Muttersprache angeben, weil sie „amtlich” diese ja von der Mutter geerbt haben! Ist also die Muttersprache das Ungarische, so sollte es kein Wunder sein, dass die Ungarndeutschen heute (leider) beinah nur mehr ungarisch reden, in der Familie, am Arbeitsplatz, in Gesellschaft - ja, sogar auch in der „Deutschen Selbstverwaltung”, im „Deut- schen Verein, Gesangchor, Tanzgruppe u. a”. Auch in der „Deut- schen Schule” sogar (ausgenommen die Deutsch-Stunden)! Eine Erscheinung, die heute in Ungarn von niemandem, d. h. von ungarischer Seite gewünscht/ gefordert wird. Also nicht vom Staat (wobei dieser diese Situation gerne akzeptiert, sogar ‚un- bemerkt‘ fördert) und nicht im Sinne der (mangelhaften) Nationa- litätenpolitik! Der Staat gibt von Jahr zu Jahr den Nationalitäten mehr Geld zur Wahrung, Pflege und Weitergabe ihrer Sprache, ihrer Kultur und ihrer Traditionen. Na und? Was erbringt das ’mehr Geld’? Mit Scham muss ich feststellen: Das Geld ermöglicht noch mehr Sin- gen, mehr Tanzen, mehr Musizieren, mehr Reisen, mehr Freund- schaft zu pflegen und… und leider aber nicht mehr deutsche Sprache, deutsche Geschichte, deutsches Wissen und deut- sches Selbst- und Volksbewusstsein. Das ’mehr Geld’ als Erfolg und Stolz unseres deutschen Abgeordneten im ungarischen Par- lament ermöglicht immerhin auch mehr „deutsche Schulen”, d. h. mehr örtliche Kindergärten und Schulen in Trägerschaft der deut- schen örtlichen oder Landesselbstverwaltung. Schulen und Un- terricht! Wieder ein Thema, das dringendst geprüft und geregelt werden sollte. Eine Schule, die heute in ’Trägerschaft der Deut- schen Selbstverwaltung’ verwaltet wird, ist immer noch diesel- be, die sie vor der Übernahme war. Zugegeben, die Entlohnung der Lehrkräfte erfolgt jetzt über die deutsche Selbstverwaltung SoNNTAGSBLATT