Sonntagsblatt 2/2019 | Page 29

(als zuständiger Träger), die nun auch über mehr Mitsprache- recht verfügt. Aber der Schultyp, der Lehrplan, der Lehrkörper, die Zusammensetzung der Schüler - der Geist des Unterrichts ist derselbe geblieben. Wo liegt also das Problem? Das Problem heißt: die „Deutsche Schule” erzieht keine deutschen Menschen! Möglich, dass (einige) Kinder sich die deutsche Sprache mehr oder weniger aneignen, aber ein deutscher Stolz, ein deutsches Bewusstsein bleibt weiterhin Mangelware. Wie auch sonst? Ein (kleiner oder großer) Teil der Schüler sind keine Schwabenkin- der, wahrscheinlich auch nicht deutschstämmig (deutsche Wur- zeln), ein (kleiner oder großer) Teil des Lehrkörpers besteht aus nichtdeutschen Pädagogen, die Umgangssprache im Lehrerzim- mer (?) ist demnach also Ungarisch, Umgangssprache zwischen Pädagogen und Schülern (in der Pause, Freizeitbeschäftigung) beinah nur Ungarisch, die Mitglieder der Verwaltung (Träger) sprechen (sehr oft) selber kein Deutsch, u. a. kann das „mehr Geld” also zu besseren Umständen verhelfen, ändert jedoch nichts am Geist. Wenn trotz dieser meiner negativen Lageschilderung die Zustän- digen (Menschen, Medien) der deutschen Volksgruppe mit ge- schwellter Brust von Erfolg und Fortschritt reden und schreiben, dann wird an erster Stelle gerne die Statistik der Volkszählung von 2011 erwähnt. 186 000 Deutsche gibt es in Ungarn! Dem wird auch gerne von ungarischer Seite zugestimmt. Denn dies kann doch gut als Aushängeschild, als Bestätigung der muster- haften ungarischen Minderheitenpolitik hingestellt werden. Nur wo und wie sind diese 186 000 (davon ungarische Staatbürger 174 553)? Bei der Volkszählung sollten folgende Fragen beant- wortet werden: Volkszugehörigkeit (Nationalität), Muttersprache, kulturelle Bindung zum Deutschtum, Sprachgebrauch in Familie und Gesellschaft. Wenn man nun die gemachten Angaben auf diese Fragen (ganz oder teilweise) addiert, erhält man eine schö- ne hohe Zahl. Zu bemerken ist dazu, dass man die Möglichkeit hatte sich zu zwei Nationalitäten und auch Muttersprachen zu bekennen. Die meisten der Ungarndeutschen bekannten sich zu Ungarisch und Deutsch bzw. zu Deutsch und Ungarisch. Es er- gibt sich die Frage, welche von den zweien an erster Stelle stand. Jedenfalls ergibt sich dadurch, statistisch gezählt, ein komisches Endergebnis bei der Zahl der Einwohnerschaft vieler Ortschaf- ten. Z. B. hat die Gemeinde X 1200 Einwohner, doch laut Sta- tistik sind es 1800, also 150% (!), eben weil 50% der Einwohner sich zu zwei Nationalitäten bekannt haben. Dann ist auch noch zu bedenken, dass jene Personen, die sich zur deutschen Mut- tersprache bekannten, sehr wahrscheinlich auch deutsche Na- tionalität und möglicherweise auch deutschen Sprachgebrauch angaben. Nun, solche Daten zu addieren, kann nur ein falsches Bild abgeben. Zwischenzeitlich hat man deshalb auch die Zahl der Ungarndeutschen von 186 000 auf 103 000 (?) reduziert, was jedoch kaum publiziert wird. Zu bemerken ist noch, dass von den 38000 Deutsche-Muttersprache-Bekennern 12 000 nicht un- garische Staatsbürger, also sog. Bio-Ungarndeutsche sind. Zusammengefasst: Der Madjare aus Rumänien, der sich so ne- gativ, aber wahrheitsgetreu über die Ungarndeutschen äußerte, kennt wahrscheinlich weder die ungarische offizielle Nationali- tätenpolitik noch die Volkszählungs-Statistik, aber er hat die un- garndeutsche Wirklichkeit kennen gelernt. Wir müssen daraus endlich verstehen und erkennen (wollen): Die Lage des Ungarndeutschtums ist katastrophal, wir sind - volklich gesehen – am Verschwinden. Nur Erinnerungen und die Bühne sind Merkmale unseres Schein-Daseins. Es bleibt noch die Schuldfrage: Wer ist schuld an diesem Zustand. Meine Antwort: Hauptsächlich wir selber, unsere Schwäche und dazu die von uns gewählten Vertreter/Führer der Volksgruppe! Weil sie zum ‚Führen‘ untauglich sind, weil sie keine Kämpfer für ihr Volk sind, weil sie vom Staat uns zugestandene Rechte nicht wahrnehmen und durchführen können (wollen?) und weil sie (am Beispiel der Madjaren in den benachbarten Ländern) für uns zustehende Rechte und Möglichkeiten nicht auftreten und kämpfen vermögen! SoNNTAGSBLATT Georg Krix, Wudersch Die herbe Enttäuschung – Reaktion auf eine traurige Ankündigung Was kommmt nach der Bühnenkultur?, SB 1/2019 Es geht um eine - mit Recht - berühmte Musikgruppe, die letzt- lich mitgeteilt hatte, in der Zukunft musikalisch anders zu sein. Selbstverständlich, ein jeder Musiker hat das Recht zu entschei- den, ob er weiter authentische schwäbische Weisen spielt oder nicht, aber nach meiner Meinung hätte die Art der Veröffentli- chung auch anders geschehen sollen, damit wir, die sie sehr gern gehört und sich an Veranstaltungen dank ihrer Musik auf dem höchsten Niveau amüsiert haben, durch diese Nachricht nicht so tief frustriert werden. Ich denke, es ist kein echter Grund, dass die Texte immer weniger Leute verstehen! Man hört die „moderne Musik”, ob Rap, Rock usw., überall englisch gesungen. Verstehen die Hörer die alles überflutende englische Sprache so gut? Es werden die Tanz- und Musiktreffen oft kritisiert oder abgewer- tet, aber unsere deutsche Gemeinschaft hat meist nur bei diesen Ereignissen die Möglichkeit miteinander deutsch zu reden. Wo sonst? In Büros, am Rathaus, in der Kirche? Man wird sofort blöd geschaut - bist du krank, willst du Aufsehen erregen? Sogar die deutschstämmigen und teilweise noch deutsch sprechenden Ka- meraden halten mich für verrückt, wenn ich probiere unter uns (während der deutsche Lieder singenden Gesangschorproben) nur deutsch zu reden. Deswegen bewerte ich diese Selbstaufgabe ein bisschen als Verrat. Ich möchte meine lieben Freunde, die ich hochschätze (ich hatte die große Ehre schon gehabt, auf der Bühne mit ihnen zusammen zu spielen), nicht beleidigen. Sie hätten eine ande- re, viel feinere Lösung auch gehabt, statt in den Sarg so offen noch einen Nagel einzuschlagen. Oder war das ein verzweifelter Schrei, Ungarndeutsche wachet auf, sonst ist alles verloren!? Ich hoffe, die geliebte Kapelle wird die schwäbischen und ungarn- deutschen Lieder, Musik in der Zukunft trotzdem deutsch vor- führen. Ich wünsche Ihnen dabei viel Erfolg! Stefan Varga, Gahling Ein Bp.- Besucher kommentiert die Till - Brenner – Berichte im SB Nr. 4/2018, S. 29-30 Es war gewiss kein Zufall, dass die brisanten Inhalte der oben bezeichneten Berichte am Ende des Sonntagsblattes Nr. 4/2018 meine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Bevor ich aber die vor- gelegten Meinungen kommentiere, möchte ich der SB-Direktion Kompliment und Anerkennung aussprechen, dass sie -- im Sinne der Fairness und des Anstands -- zwei überragenden Geistern im gleichen Blatt die Gelegenheit bot, ihre großteils sich wider- sprechenden Ansichten zu gesellschaftspolitischen Themen im Spannungsfeld der (Landes-)Parteien und der Rechte nationa- ler Minderheiten zu präsentieren. Von den zwei -- miteinander die Klingen wetzenden -- Helden ist der „Angreifer“ mein guter Freund, Johann Till, und der „Parierende“, ein mir unbekann- ter Wissenschaftler der Germanistik, Koloman Brenner. Beide Herren deuteten direkt und indirekt Themen an, die ich einer „tieferen“ Behandlung für würdig erachte. Um aber den (Fortsetzung auf Seite 30) 29