auch bei anderen Kindergärten, die auf den „Kinderburg” als ein
Vorbild blicken würden.
„Wir sind nun soweit, dass wir in allen acht Kindergartengruppen
je eine deutsche und eine ungarische Kindergärtnerin haben”,
erzählt Ildiko Rizmajer. „Aber um dies aufrechtzuerhalten bedarf
es besonderer Anstrengungen. Vor kurzem hat uns eine junge
Nationalitätenkindergärtnerin verlassen, die mit ihrer Familie ins
Ausland gezogen ist. Eine andere genießt gerade ihren Mutter-
schutz. Ich muss immer kreativer auf diese Herausforderungen
reagieren. So habe ich mich bei den Eltern umgeguckt und eine
Mutter für uns gewinnen können, die nun Kindergartenpädago-
gik studiert”, ergänzt sie. Die Gruppen haben zwei deutsche und
drei ungarische Tage, wo man sich bemühe, so viel Deutsch wie
möglich zu sprechen, dies gilt insbesondere für Kommunika-
tionssituationen rund um das aktuelle Projektthema, aber auch
bei den Alltagstätigkeiten würde man die Sprache benutzen. Da-
bei komme es letztendlich auf die Bereitschaft der Kindergarten-
pädagogen an. Man pflegt Kontakte zu deutschen Kindergärten
und empfängt deutsche Kindergärtnerinnen und Praktikanten,
die einige Wochen im Kindergarten verbringen. Darüber hinaus
legt man nach Worten von Rizmajer großen Wert auf regelmä-
ßige Fortbildungsteilnahme. Als großes Ziel sieht sie die größe-
re Präsenz der deutschen Sprache, auch im täglichen Umgang
der Kolleginnen, weist aber hin, dass die deutsche Sprache für
fast alle Kinder eine Fremdsprache ist, man realtiv große und
heterogene Gruppe hat und keine Auswahl treffen könne, mit
der Konsequenz, dass man auch Kindern mit Förderbedarf ent-
gegenkommen müsse. Dennoch sieht Ildiko Rizmajer die Tra-
ditionspflege als ein „authentischer inhaltlicher Kern”, was das
deutsche Nationalitätenprogramm über einen reinen Fremdspra-
chenunterricht hinausbefördern würde. Am Ende der drei Kinder-
gartenjahre könnten die talentierten Kinder in kurzen deutschen
Sätzen auf Fragen aus ihrem Erfahrungsbereich antworten,
weniger sprachbegabte Kinder verfügten über passive Sprach-
kenntnisse, so dass sie auf Ungarisch antworten würden. Eine
besondere Bedeutung komme auf die deutsche Nationalitäten-
grundschule zu (über die wir vor drei Jahren berichtet haben:
Voller Pläne für die Zukunft, SB 02/2015, verfügbar als E-Paper
auf der Seite sonntagsblatt.hu): Es besteht nach den Worten der
Leiterin eine rege personelle und fachliche Zusammenarbeit, die
beiden Kindergartengruppen werden so die Klassen A und B der
Jahrgangsstufe 1 an der Grundschule. Die Zusammenarbeit wer-
de auch dadurch erleichtert, dass Trägerin beider Einrichtungen
die örtliche Nationalitätenselbstverwaltung ist, die selbst eine
enge Beziehung – auch über personelle Überschneidungen –
zum Stadtrat pflegt.
Der Besuch geht zu Ende. Ich verlasse das moderne, zukunfts-
weisende Gebäude des „Kinderburg” mit dem Gefühl, dass der
Wille zu mehr (Platz für das Deutsche) vorhanden ist. So bleibt
es zu hoffen, dass dies sowohl im Kindergartenalltag als auch
in Form von deutschsprachigen Aufschriften im Gebäude seinen
Ausdruck finden wird.
Der deutschstämmige Märtyrer Fr.
Johann Brenner wurde seliggespro-
chen
Vor drei Tagen, am 1. Mai wurde der aus einer berühmten he-
anzischen Bürgerfamilie stammende Märtyrer, Fr. Johann Bren-
ner in Steinamanger/Szombathely seliggesprochen. Zu diesem
Großereignis kamen zehntausende Gläubige aus Ungarn sowie
aus den österreichischen Nachbardiözesen zusammen. Die An-
meldungen waren so zahlreich, dass die Seligsprechungsfeier
kurzfristig vom Domplatz auf den Denkmalshügel verlegt werden
musste. Die Feier begann um neun Uhr morgens mit dem Ro-
senkranzgebet, dann folgte die heilige Messe unter Vorsitz von
Kardinal Angelo Amato, der als Präfekt der Kongregation für die
sonntagsblatt
Selig- und Heiligsprechungen stellvertretend für Papst Franzis-
kus die Seligsprechung vornahm. Die Predigt hielt der Erzbischof
von Gran-Budapest und Primas von Ungarn, Kardinal Péter Erdő.
Dass Johann Brenner ausgerechnet am „Tag der Arbeit“ seligge-
sprochen wurde, der in den kommunistischen Staaten mit prunk-
vollen Militärparaden begangen wurde, um den „Sieg des Sozia-
lismus“ zu feiern, ist in der Tat eine Ironie der Geschichte und ein
starkes Symbol dafür, dass die Wahrheit immer über Lüge und
Unterdrückung siegt. Denn Johann Brenners Geschichte sollte
totgeschwiegen werden: Von seiner Ermordung am 3. Advent
1957 bis zum Fall des kommunistischen Regimes im Mai 1989
durfte über Johann Brenner und seinen gewaltsamen Tod in Un-
garn nicht gesprochen oder geschrieben werden; die zahlreichen
Gläubigen, die an der Beisetzung des Priesters am 18. Dezem-
ber 1957 in der Krypta der Salesianerkirche von Steinamanger
teilnehmen wollten, wurden gewaltsam daran gehindert.
Im Priesterseminar von Raab, wo Brenner bis zu seiner Priester-
weihe 1955 gelebt und studiert hatte, musste sein Bild von der
Wand entfernt werden. Nichts sollte mehr daran erinnern, dass
es diesen jungen Kaplan, der mit nur mit 26 Jahren starb, jemals
gegeben hatte. Aber unter den Gläubigen lebte seine Erinnerung
weiter; er wurde als „ungarischer Tarcisius“ verehrt. Über den
heiligen Tarcisius, der der Überlieferung zufolge ebenfalls in sehr
jungen Jahren gegen Ende des 3. Jahrhunderts in der römischen
Christenverfolgung starb, schrieb Papst Damasus: „Tarcisius
trug die Eucharistie bei sich, als sich eine aufgehetzte Gruppe
von Fanatikern auf ihn stürzte, um diese zu entweihen. Aber der
Junge wollte lieber sein Leben verlieren als den Leib Christi die-
sen wütenden Hunden auszuliefern.“ Auch Johann Brenner trug
bei seiner Ermordung die Eucharistie bei sich, und es heißt, dass
es angesichts des Todes seine größte Sorge war, den Leib Chris-
ti vor den Angreifern zu schützen.
Johann Brenner stammte aus Steinamanger, wo er am 18. De-
zember 1931 als zweiter von drei Söhnen einer katholischen Fa-
milie geboren wurde; alle drei Brüder wurden Priester. Johann
fühlte sich zum Ordensleben berufen. Nach dem Besuch des
Gymnasiums, zunächst bei den Zisterziensern und dann bei den
Prämonstratensern, begann er sein Noviziat bei den Zisterzien-
sern in Zirtz/Zirc, wo er den Namen „Anastasius“ bekam. Als nach
der Machtübernahme durch die Kommunisten die Klöster aufge-
löst wurden, setzte Brenner sein Noviziat im Untergrund fort und
legte 1951 die einfache Profess ab. 1954 erneuerte er diese, war
aber inzwischen – bereits 1951 – in das diözesane Priesterse-
minar in Steinamanger eingetreten, von wo aus er nach dessen
Auflösung nach Raab wechselte, wo er sein Studium beendete.
Am 19. Juli 1955 wurde er in der Kathedrale seiner Heimatstadt
zum Priester geweiht. Im Tagebuch seiner Exerzitien schrieb er:
„Mit dem größten Dank und der Liebe meines Herzens danke
ich Dir für die besondere Gnade, dass Du mich in Deinen Dienst
gestellt hast. Gib, dass mein Leben der Berufung würdig wird,
so dass ich heilig werden kann. […] Mein größter Wunsch ist,
heilig zu werden, ein heiliges Leben zu führen, und andere zu
heiligen. Hochheiliges Herz Jesu sei mit mir.” Der Eintritt in das
Diözesanseminar trotz bestehender Ordensprofess erklärt sich
aus der besonderen Situation unter dem kommunistischen Re-
gime, das das Ordensleben offiziell aufgelöst hatte. Ausschlag-
gebend für die Entscheidung war, wie Historiker des Zisterzien-
serordens vermuten, wohl auch die Tatsache, dass Brenner eine
Einberufung zum Militärdienst nur dadurch vermeiden konnte,
dass er mit spätestens 20 Jahren in einem Priesterseminar war.
Dass er trotz der schwierigen Lage immer optimistisch blieb und
sein Vertrauen auf Gott nicht verlor, zeigt auch der Wahlspruch
seiner Primiz aus dem Römerbrief, der heute auf seinem Grab
geschrieben steht: „Alle Dinge gereichen denen zum Besten, die
Gott lieben.“
Von seinem Bischof wurde Brenner als Kaplan nach Marckl/Rá-
bakethely unweit der österreichischen Grenze gesandt, in eine
Pfarrei, die vor der Auflösung der Orden den Zisterziensern an-
vertraut gewesen war. Hier geriet er, insbesondere nach der Nie-
derschlagung des Volksaufstands in Ungarn im Jahr 1956, ins
Visier der Staatspolizei, da man ihn verdächtigte, durch seine
Jugendarbeit den Widerstand zu fördern. Am Abend des 15. De-
(Fortsetzung auf Seite 8)
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