Durch die Verbreitung der Reformation und durch die Kirchenerneuerung von Johannes Honterus( Kirchenordnung aller Deutschen im Sybenbürgen 1560) bildeten die siebenbürgischen Sachsen eine eigene nationale Kirche heraus.
Die Verbreitung der Reformation in Siebenbürgen wurde durch die in Europa noch unbekannte gegenseitige religiöse Duldung( Toleranz) in großem Maße leichter gemacht. In diesem Sinne wurde schon 1534 auf dem Landtag zu Mediasch / Medgyes ein Beschluss gefasst. Die entscheidenden Schritte in diese Richtung waren die Thorenburger / Tordaer Landtage der Jahre 1557, 1564, 1568 und 1571, wo die Stände beschlossen, dass die vier rezipierten- katholischen, calvinistischen, evangelischen und unitarischen- Konfessionen frei ausgeübt werden durften, die orthodoxe Kirche wurde nur geduldet.
Siebenbürgen stand zwar unter türkischem Protektorat, trotzdem konnten die Regionen Siebenbürgens die Verwüstungen der Türkenkriege und die durch diese Kriege verursachte Hungersnot und Epidemien nicht vermeiden. Wegen dieser Umstände blieb die Entwicklung, eingeschlossen die Entwicklung der sächsischen Städte und der sächsischen Siedlungsgebiete, stehen. Die Siebenbürger Sachsen konnten allerdings trotz all dieser Ereignisse noch weitere zweihundert Jahre lang erfolgreich gegen die Concivialität- das Recht der Ansiedlung der nichtsächsischen Bevölkerung in den von den Sachsen bewohnten Städten und auf ihren Siedlungsgebieten- ankämpfen.
Neben Siebenbürgen blieben die wichtigsten deutschsprachigen Siedlungsgebiete des Karpatenbeckens weiterhin die Zips und Westungarn( das spätere Burgenland). Auf dem Gebiet des Königlichen Ungarn, in Oberungarn, erlebten die Städte im 16. Jahrhundert durch den bedeutenden Erzbergbau, im Gegensatz zu Siebenbürgen, wieder eine Blütezeit. Neben der wirtschaftlichen Entwicklung spielten auch die religiöse Erneuerung, die Reformation eine bedeutende Rolle beim Ausbau und bei der Bewahrung des eigenen Schulsystems und der Unabhängigkeit der Nationalitäten, die auf diesem Gebiet lebten, vor allem der deutschen. Aber außer den besetzten und siebenbürgischen Gebieten erreichten die türkischen Einfälle auch die Städte in Oberungarn und in der Zips. Neben den beständigen Kämpfen mit den Türken nahm die Gegenreformation in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ihren Anfang und nahm ab 17. Jahrhundert einen großen Aufschwung. Die deutschsprachige Bevölkerung Oberungarns geriet wegen ihrer Konfession mit der Habsburger-Dynastie, die Ungarn gegen die Türken verteidigte, in Konflikt. Die Ausbreitung der Gegenreformation und die von der ungarischen Tiefebene umsiedelnde Bevölkerung ungarischer Nationalität gefährdete die nationale Selbständigkeit der Zipser Sachsen. Wegen der konfessionellen Bedrohung traten die Zipser Sachsen auf die Seite Bocskais, Bethlens, Georg Rákóczis I. und II., Thökölys und Franz Rákóczis II.( z. B. Jakob Kray aus Käsmark / Késmárk, Martin Lányi, Samuel Topperczer, der Rákóczi-Brigadier Urban Czelder). Die Gegenreformation nahm ab 1670 ein bis dahin noch nicht erfahrenes Ausmaß an. Dank des durch das Fürstentum gewährten Schutzes konnten die Siebenbürger Sachsen jedoch den Schlägen der Gegenreformation entkommen; gestärkt durch ihre aufrechterhaltene nationale Souveränität erwiesen sie sich als treue Befürworter der habsburgischen Bestrebungen.
Die Habsburger begannen nach dem letzten großen Krieg gegen das Osmanische Reich( 1716 – 1718) mit der planmäßigen Anlage von Siedlungen im ehemals osmanischen Ungarn, dessen zentrale und südliche Gebiete durch die „ Türkenkriege“ weitgehend entvölkert waren. Die Aussiedlungswilligen begaben sich während des 18. Jahrhunderts in drei großen „ Schwabenzügen“ auf den Weg, meistens über Ulm, entlang der Donau bis nach Ungarn. Dort wurden die später „ Donauschwaben“ genannten Gruppen vor allem im Ungarischen Mittelgebirge( Zentralungarn), in der „ Schwäbischen Türkei“( Südungarn), in der Batschka( heutiges Nordwestserbien) und im Banat( heutiges Nordostserbien und Westrumänien) angesiedelt. Nach der ersten Teilung
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Polens 1772 erhielt die Habsburgermonarchie die Provinz Galizien( Südpolen), drei Jahre später die Bukowina vom Fürstentum Moldau. In beiden Gebieten entstanden rasch deutschsprachige Siedlungen, die mit Wien in engem Kontakt blieben.
Der sogenannte „ Ausgleich“ des habsburgischen Kaisers mit dem ungarischen Adel teilte das Reich 1867 in eine österreichische und eine ungarische Hälfte. Im Königreich Ungarn begann ab 1875 eine verstärkte „ Magyarisierungspolitik“, die bereits ein Jahr später zur Auflösung des Selbstverwaltungsgebietes der Siebenbürger Sachsen führte. Dank ihrer starken wirtschaftlichen Stellung, die ein lebendiges Kulturleben und eigenständiges Bildungssystem garantierte, war die deutsche Minderheit in Siebenbürgen jedoch weniger intensiv von den Magyarisierungsmaßnahmen betroffen. Das deutschsprachige Schulwesen der rund zwei Millionen Donauschwaben wurde hingegen bis zum Ersten Weltkrieg durch ein magyarischsprachiges ersetzt. Die Budapester Bemühungen, einen homogenen Nationalstaat zu schaffen, obwohl die Magyaren nur rund 50 Prozent der Bevölkerung stellten, und die demonstrative Zurückhaltung Wiens in dieser Frage führten zu einer Anlehnung der sächsischen und schwäbischen Eliten an das Deutsche Reich.
Ende Teil 1, Fortsetzung in der nächsten Nummer
Aktuelles- Zur Erinnerung
Emmerich Ritter zum Parlamentsabgeordneten der Ungarndeutschen gewählt
Von Richard Guth
Als gemeinsamen und historischen Erfolg wertete die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen( LdU) den Einzug des bisherigen Parlamentarischen Fürsprechers der Ungarndeutschen, Emmerich Ritter, ins Parlament. Der aus Wudersch stammende 65-jährige Volkswirt wurde mit 25.660 Stimmen gewählt und erhielt 3.000 Stimmen mehr als für einen Parlamentssitz erforderlich. Insgesamt ließen sich im Vorfeld über 33.000 Ungarndeutsche registrieren, etwa 78 % gaben ihre Stimme ab.
Der fünffache Vater arbeitete nach seinem Wirtschaftsstudium an der Karl-Marx-Universität für Wirtschaftswissenschaften( heute Corvinus-Universität) bei den Budapester Verkehrsbetrieben BKV und war dort zuletzt als stellvertretender Generaldirektor tätig. Ritter gründete 1990 eine eigene Buchhaltungs- und Steuerberatungsfirma. 1995 wurde Emmerich Ritter Vorsitzender der Deutschen Selbstverwaltung Wudersch, von 1998 bis 2011 bekleidete er das Amt des Vorsitzenden des Finanzausschusses der LdU. 2011 wählte man ihn zum stellvertretenden Vorsitzenden der Landesselbstverwaltung. Auch in der Lokalpolitik war der Steuerberater aktiv, zuerst als parteiloser Stadtverordneter der deutschen Minderheit( 1998-2002), dann als Verordneter der Fidesz-KDNP( 2006-2010). Die Partei stellte ihn 2010 als Bürgermeisterkandidaten in seiner Heimatstadt auf, er konnte sich aber gegen den langjährigen und amtierenden Bürgermeister Thomas Wittinghoff nicht durchsetzen. Er hat sich nach der Wahl aus der Parteipolitik zurückgezogen, wie er es auch im Vorfeld der Parlamentswahlen 2018 betonte, seine Parteimitgliedschaft ruht gegenwärtig. Im neuen Parlament wird er in den nächsten vier Jahren Vorsitzender des Nationalitätenausschusses und Mitglied im Finanzauschuss sein. s
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