Sonntagsblatt 2/2016 | Page 9

Strategie, welche wir 2015 in vielen Diskussionen und Expertengesprä - chen komplettiert und verabschiedet haben – sagt LdU-Vorsitzender Otto Heinek. Merkwürdig schöne Worte! O GJU – wohin geht der Weg? Offene Fragen (und Aufgaben?) bei der Gemeinschaft Junger Ungarndeutscher Viel wird über die GJU geredet und geschrieben – weniger sicht- bar ist sie jedoch im ungarndeutschen Alltag. Als alter Mann habe ich leider keine konkrete Beziehung zu dieser Jugend, eben des- halb versuche ich in Zeitung und Kalender mich zu informieren, da Jugendfragen mich immer schon sehr interessierten und – weil ich doch selber auch einmal jung war – meine eigenen Erfahrungen dazu habe. Diesmal geht es mir aber nicht um Vergangenheit und Erfahrungen, es geht mir um die viel besunge- ne Brücke (zur Zukunft?), welche von der GJU gebaut, und wie Präsidentin Tekla Matoricz bei der 1. Jugendkonferenz der LdU in Frankenstadt/Baja formulierte (NEUE ZEITUNG, NR. 46, Seite 17) „…dass Jugendvereine eine Brücke bilden sollten, welche zu den örtlichen und auch zu der Landesselbstverwaltung führen, die Jugendlichen mit den ungarndeutschen Bildungseinrichtungen, den Medien und natürlich auch mit der Kultur verknüpfen sollen.” Ande - renorts lese ich von einer Brücke, die von der Gegenwart in die Zukunft führen und die heute auch der Verbindung von Alt und Jung dienen soll. Klingt alles schön und gut. Mir scheint jedoch diese Brücke sehr wackelig und unsicher zu sein. Warum? Zur Begründung will ich einige Beispiele anführen: Monika Takács, Vizepräsidentin der GJU schreibt im Deutschen Kalender 2016: „Aktuelles Ziel der GJU ist es, die Jugendlichen wäh- rend der eigenen Programme und Events zu aktivieren, um ihre Identität (was heißt das? – Bem. von gk) in ihnen zu stärken. Die Gemeinschaft hält es für wichtig, dass die deutsche Kultur und die Traditionen erhalten bleiben und dass diese der heutigen Jugend über- mittelt werden. Im Weiteren (nur im Weiteren? – Bem. gk.) bildet diese Gemeinschaft auch einen Raum, in dem die deutsche Sprache gespro- chen wird. Ein weiterer Punkt ist, dass die Jugendlichen ein Gefühl bekommen sollen, dazuzugehören, und dass sie mit hilfreichem Wissen, durch Austausch von Erfahrungen sich gegenseitig stärken können. So tragen sie zum Weiterbestehen des Ungarndeutschtums bei.” Wie soll all dies aber verwirklicht werden? Die Antwort ist im selben Beitrag zu lesen: „…Die Kluft zwischen der Oma-Generation und Enkel- bzw. Urenkel-Generation ist so groß geworden, dass die heutigen Jugendlichen fast nichts mehr aus dem Elternhaus mitbrin- gen. Die alten Sitten, Bräuche, Traditionen sind nicht mehr so reizvoll für die Jugend wie z. B. vor 10–15 Jahren. Sie fühlen keine Berufung mehr, diese zu bewahren und zu pflegen. Es muss ein neuer Weg gefun- den werden, das Ungarndeutschtum muss neu defi niert werden und damit die Ziele und Vorhaben, das Programm der GJU…” Und es kommt noch ärger: „…Eine andere wichtige Sache: Die Sprache. Sie ist nicht mehr unsere Muttersprache, aber in den meisten Fällen leider auch keine Zweitsprache mehr. Wie kann man das Inte - resse für die Sprache wecken? Antwort: Muss schon im Kindergarten und in der Grundschule erfolgen. (?Hm.– Bem. gk.) Es wäre wichtig, die Liebe zur deutschen Sprache in die deutsch- stämmigen Jugendlichen einzupflanzen. Der traurige Fakt ist, wenn es nicht von zu Hause aus kommt, wird es nie zum Eigentum des Einzel - nen werden. Aufgabe: Erziehung der älteren GJU-1er zur Weitergabe ihres Identitätsbewusstseins an ihre Nachfolger!...” Mir wird schwindlig von diesem Wirr-Warr. Denn, ehrlich ge - standen , nach all diesem so und dann nicht so weiß ich nun wirk- lich nicht, was uns Vizepräsidentin Takács sagen will. Keine deut- sche Muttersprache, – aber „die Liebe zur deutschen Sprache in die deutsch-stämmigen Jugendlichen einpflanzen!” – Nur wenn diese Sprache jedoch „nicht von zu Hause aus kommt, wird sie nie zum Eigen tum des Einzelnen werden.” Frau/Fräulein Takács weiß aber bestimmt, dass die deutsche Sprache heute nicht mehr vom Elternhaus kommen kann, – also? Und die „älteren GJU-ler sollen zur Weitergabe ihres Identitätsbewusstseins an ihre Nachfolger erzogen werden!...” Nun, wie ist deren Identitätsbewusstsein? Wo doch auch diese schon keine deutsche Muttersprache mehr haben? Wer und wie soll sie erziehen? Eingangs habe ich bereits die Jugendkonferenz in Baaja er - wähnt. Hier war „…Eins der schwierigsten und am meisten diskutier- ten Themen natürlich die Bildung. Unter den Teilnehmern gab es auch Personen, die bereits Erfahrung hinsichtlich der Bildung der eigenen Kinder haben und auch solche, die in Bildungseinrichtungen tätig sind. Auch diejenigen, die in keine dieser beiden Kategorien eingeordnet wer- den können, haben eine Meinung über Kindergarten, Schule oder Kinderkrippe. Gemeinsam sind die vier Gruppen zum Schluss gekom- men, dass es Sinn machen könnte, schon in den Kindertagesstätten mit der Weitergabe der deutschen Sprache und ungarndeutschen Kultur anzufangen. Damit dies verwirklicht werden kann, muss man laut Zusammenfassung der Workshop-Leiterin Monika Sax die Lehrer und die Schüler motivieren. Die „Qualität“ der Lehrkräfte und der Studenten sollte verbessert werden, damit diese motiviert und professio- nell zur Bildung des ungarndeutschen Nachwuchses beitragen kön- nen…” Motivation/motivieren, – Qualität verbessern, – professionell, – und dergleichen Aussagen/Begriffe kommen oft vor in den Be rich - ten von Selbstverwaltung und ungarndeutschen Organisatio nen. Aber wann, wo, wie, wer? – Fragen, die es seit Jahren/Jahr zehn ten gibt und die bisher nicht beantwortet, geschweige denn, dass die „Vorhaben” umgesetzt/verwirklicht worden wären. Doch JETZT soll es dazu kommen! – denn: Einen Handlungsplan zur Strategie der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen auszuarbeiten war die Aufgabe der 1. Jugendkon fe - renz, zu der der LdU-Jugendausschuss vergangenes Wochenende Ver - tre ter ungarndeutscher Jugendorganisationen, Institute und Vereine nach Baje (? richtig: Baaja – Bem. d. Red.) einlud. Resümee der Veranstaltung: Nach der Zusammenfassung am Sonntagmorgen waren Emmerich Ritter, ungarndeutscher Spre - cher im Parlament, und die Mitglieder des Jugendausschusses sehr zufrieden und auch etwas geschockt, schließlich haben sie sich durch die Konferenz mächtig viel Arbeit aufgebürdet… Aber der Handlungsplan zur Strategie wird alles lösen! – so stellt man sich die ungarndeutsche Zukunft vor. „Beim Kellerbesuch in Hajosch erholten sich die Teilnehmer der Jugendkonferenz.” Ganz zufällig lese ich (wieder) in der Neuen Zeitung: BMI-Aus - schreibung zur Unterstützung der Ausstattung von Jugendbegeg nungs - stätten. Und was fällt mir dabei ein? Die Marmortafel (Firmenschild!) am Eingang zur Deutschen Selbstverwaltung, Budaörs! Darauf steht auch geschrieben: Begegnungsstätte der Ungarndeutschen Ju - gend. Und ich kann mich auch noch erinnern, dass vor (vielleicht?) acht Jahren in der Neuen Zeitung über Übergabe/Einweihung der Begegnungsstätte geschrieben wurde, mit Dank für die Förderung durch das BMI. Eine gute Sache! – die jedoch einen Haken hat: Die Ungarn - deutsche Jugend hat sich in den vergangenen vielen Jahren in die- ser Stätte – leider – nicht begegnet! MERKWÜRDIG! – nicht wahr? 9