Sonntagsblatt 2/2016 | Page 6

Edit Gebhardt

„ In ein jedes christliches Haus gehört ein christliches Blatt ”

Zur Thematisierung des Sonntagsblattes , 1921 – 1924 ( Vortrag bei der Tagung „ Deutsche in Ungarn ”, organisiert vom Stiftungs - lehr stuhl für Deutsche Geschichte und Kultur im südöstlichen Mitteleu ro - pa der Universität Pécs und dem Lenau Haus ) 2 . Fortsetzung und Ende
Das Programm der Selbstäußerung des Sonntagsblattes wurde unter den Schwaben schnell beliebt . „ Jetzt wissen wir , woher wir kommen , wer wir sind und wir sind stolz darauf .” – ist in einem Le - serbrief aus 1921 zu lesen . Anfang 1922 war die Zahl der Abonnen ten etwa 5000 , die sich ständig erweiternde Lesergruppe mobilisierte 1924 in mehr als 400 Ortschaften die deutsche Bauern schaft . Nach einem Bericht des Obergespans der Branau hatte das Blatt in allen deutschen Dörfern Leser . Die Zeitung übernahm nicht nur die Rolle des Kulturzentrums bis 1924 , es wurde sowohl zu einem Informationszentrum , als auch zur Interessen- und Rechtschutzorganisation .
Die kirchlichen Rezeptionen des Blattes waren auch positiv . Die Zusammensetzung der Redakteure schien Bleyer zu rechtfertigen , da schon am Anfang mehrere Mitglieder des Klerus zum Sonntagsblatt eine Bindung fanden , fast auf allen Ebenen der Hierarchie , aus allen von Deutschen bewohnten rumpfungarischen Regionen . Neben der Priesterschaft waren Prälat Anton Lepold , Titular-Bischof Johann Csiszárik , Pater Elmar Schwartz , Pater Paul Schrotty , Domkapitular Johannes Huber , Dechant - pfarrer Franz Hufnagel regelmäßige Autoren des „ Sonntagsblatts ”. Die Dorfpfarrer schrieben auch gerne in das Blatt . Franz Bräutigam , Paul Perényi meldeten sich nicht nur mit Beiträgen , sondern sie waren Bleyers politische Befürworter . Diese Viel - fältigkeit wirkte positiv auf das Image des Blattes , nicht nur die Thematik , sondern auch die Schauplätze der internen Kommu - nikation betrachtet . Erzbischof Johann Csernoch selbst näherte sich versöhnlich zu der Nationalitätenfrage . Für die deutsche Minderheit war von Bedeutung die regelmäßige finanzielle Unter - stützung des Sonntagsblatts von ihm . Er überwies zwischen 1922 und 1926 etwa 310 Tausend Kronen dem Blatt . Unter den Spendern waren aber auch andere Mitglieder der Kirchenhierar - chie . Josef Kuhl Pfarrer von Tevel gab 100 Kronen dem Blatt . Die Leserbeiträge im Jahr 1924 wiesen darauf hin , dass die Beur - teilung der Zeitung in religiösen Kreisen differente Richtung aufnahm . Der Grund dafür war die Anpassung der Kirche zum Bethlen-System . „ Nur auf uns gestellt , können wir unser Interesse nicht verteidigen .” – äußerte sich der Fürstprimas im Dezember 1923 . Das Ziel der politischen Elite , eine „ nationale Einheit ” zu schaffen , hat den Konflikt des Klerus in der Minderheitenfrage vorprogrammiert . Dieser Antagonismus ist aus dem Jahresbericht der Diözese Fünfkirchen zu lesen . Im Januar 1924 schrieb der Obergespan der Branau , Franz Keresztes-Fischer , an Bischof Ju - lius Zichy Folgendes : „ man darf nicht zulassen , dass ein unter christlich-katholischen Firmen schaffendes Sonntagsblatt den Patriotismus der Bevölkerung zugrundemacht .” Nach dieser Aufforderung stellte der Schulhauptinspektor Stefan Komócsy fest : „ Die voriges Jahr herausgegebenen Exemplare enthalten Artikel mit der Richtung , […] gegen welche die Regierung nicht offen handeln kann , weil der Friedensvertrag das verhindert , aber eben deswegen sollen die unteren Behörden so wirken , dass bei der Erfüllung der For - derung der fremdsprachigen Schulen , die ungarische Sprache keinen Nachteil erleidet und es vielleicht zur […] Germanisierung kommt . […] Das Sonntagsblatt ist ein großer Nachteil für die Magyarisierung .”
Mit dieser Signatur machte sich Komócsy einen begrenzten Spielraum . Dies zeigten die weiteren Äußerungen . Die Bezirks - versammlung aus Bonyhád gab eine Stellungnahme gegen das Sonntagsblatt ab , damit „ das Blatt völlig beseitigt werde ”. Der Pfarrer von Szálka lies wegen ihren aufreizenden Artikel kein einziges Exemplar der Zeitung ins Dorf . Der Priester aus Kakasd bat den Regierungsbeamten zum Handeln , um das Blatt einzustellen oder es auf einen inhaltlichen Richtungslinien-wechsel zu zwingen . In Pári hat der katholische Bauernverein auf die Zurede des Pfarrers die Zeitung abgesagt . Einen offensiven Ton besitzt auch der Bericht des Dekans vom Bezirk Mágocs : „ Unverzeihlich ist , dass die Zuständigen diese pangermanische Gruppe nicht längst verboten hat .” Der Pfarrer von Villány schrieb Folgendes : „ Das » Sonntagsblatt « […] fordert übertrieben die Verwendung der Mi - nisterverordnung über den Minderheitenschutz in der Praxis und weckt die schlummernden Instinkte in den Deutschen , so was kann schädliche Wirkungen haben .” Es gab Pfarrer die die Situa - tion der Kirche verzweifelt betrachteten : „[…] ich bin selbst einer von denen , die alles ergreifen , dass das „ Sonntagsblatt ” in jedes Haus abonniert wird . […] Wenn die Festlegung gegen das Sonntagsblatt von irgendwo außen kommt , tut es uns , denen Gott die deutsche Sprache als Muttersprache gab , weh , dass wir damit schuldigt sind , gegen die Staatsideologie zu sein , denn wir sind stolz darauf , dass niemand sagen kann , er sei ein besserer Patriot .” – schrieb Michael Ambach von Dunakömlôd . Einige Pfarrer ließen sich nicht beeinflussen . „ Das Sonntagsblatt ist mit keiner anderen katholischen Zeitung zu ersetzen , deswegen warnte ich nur die Mitarbeiter des Blattes , das die Zeitung in falsche Richtung geht .” – bemerkte der Pfarrer Georg Bandl von Nagymányok . Im Jahr 1925 abonnierten mehr als die Hälfte der deutschstämmigen Dorfpfarrer selbst das Blatt , was eine weitere Unterstützung des Blattes bezeichnete . Zusammenfassend lässt sich feststellen : Bleyer versuchte mit scharfem Realitätsgespür die Geistlichkeit für das in dem Jahr 1921 gegründete katholische Sonntagsblatt zu gewinnen . Er schuf eine Zeitung , die die Bedürfnisse des Ungarndeutschtums mit Erfolg traf . Die Diskussionen über die gemeinsamen Themen entwickelten von 1921 bis 1924 ein Zusammengehörigkeitsgefühl des Deutschtums . Eben deswegen geriet die Kirche in eine widersprüchliche Situation , da die politische Elite ihre Abhängigkeit vom System ausnutzend nach der Vernichtung des Blattes strebte . Obwohl die Einstellungen des Klerus eine differenzierte Rich - tung einnahm , existierte aber das Sonntagsblatt weiterhin .

❖ Gedanken zum politischen Vermächtnis J . Bleyers

von Georg Krix – ( Fortsetzung und Ende )
Wie bereits im vorigen Teil dieses Aufsatzes erwähnt , Jakob Bleyer irrte sich bei der Einschätzung des „ historischen Madjarentums ”. Er war der Meinung , mit Nachgiebigkeit könnte auch die ungarische Regierung zum Nachgeben bewogen werden . Er ging Kompromisse ein in der Hoffnung , dadurch mehr Zugeständnisse für die Volksgruppe zu erreichen . Anstatt einer Besserung hat sich die Lage von Jahr zu Jahr verschlechtert .
Über das Erwachen , das ‚ sich selbst finden ’ Jakob Bleyers können wir aus der Feder Johann Weidleins in Südostdeutsche Vier - teljahresblätter 1974 . Jg . 1 . folgende Feststellungen lesen :
„… Bleyer beklagte erst in seiner letzten großen Parlamentsrede 1933 , dass der Volksbildungsverein sich die Leitung nicht wählen dürfe , dass es im ganzen Land keine einzige deutsche Bürger-
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