Sonntagsblatt 2/2016 | Page 11

Was sagt die LdU ( Landesselbstverwaltung der Ungarndeut - schen ) zu einem solchen Fall ? Weiß man das ? Oder will man es überhaupt wissen ? Kennen die Ungarndeutschen , oder wenigstens ihre Vertreter / Amtsträger das Minderheitengesetz , ihre ge - setz lich verbrieften Rechte ? Hat die LdU auch dafür , für die Wahrnehmung und Inanspruchnahme der Rechte eine Strategie ?
Bedauerlicherweise kann festgestellt werden , dass in ( nach meiner Erfahrung ) 80 % aller ( rund 400 ) deutschen Selbstverwaltun - gen des Landes die Sitzungen ungarisch verlaufen , ja sogar , dass mehrheitlich die Umgangssprache Ungarisch ist – und das nicht nur aus Höflichkeit ! Dabei ist es nicht mehr verwunderlich , dass auch die Korrespondenz von Oben und Unten ( also von LdU oder Regionalbüro an örtliche Selbstverwaltung und umgekehrt ) in ungarischer Sprache geschieht , denn – so die Erklärung eines bekannten Amtsträgers – „ mir ist nicht die Sprache wichtig , wichtig ist , dass die Leute verstehen wovon die Rede ist .“
Das nennt man Realität bei unseren Ungarndeutschen – und dabei spricht man aber von „ Brückenbauer ”, über „ Motivation ”, „ gesunde Ba sis schaffen ”, „ Erfolge ”, „ Wurzeln und Flügel ”, „ Strategie für die Zu - kunft ” und natürlich „ mustergültiges Minderheitengesetz ”.
MERKWÜRDIG !
PRESSEMITEILUNG der LdU – 11 . März 2016

Konsens über die Geschichte der Deutschen in Ungarn

Standardwerk der korrekten ungarndeutschen Erinnerungs - kultur auch ins Ungarische übersetzt
Die Geschichte der Deutschen in Ungarn vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart – das präsentiert jenes Werk , dessen ungarischsprachige Version Anfang März zuerst in Budapest und in Fünfkirchen vorgestellt wurde . Die Monografie des Münchener Geschichtswissen schaft - lers Gerhard Seewann erschien 2012 auf Deutsch . Das über tausend seitige Werk übersetzte der Fünfkirchner Historiker Zsolt Vitári ins Ungarische . Die zweibändige Synthese ist lückenfüllend im Leben des Ungarndeutschtums : durch ihr Erscheinen kann die Jahrhunderte überspannende Geschichte der Deutschen in Ungarn endlich auf den Seiten eines einzigen Werkes gelesen werden . Die betroffene Volks - gruppe sieht in der Arbeit von Professor Seewann die Geburt der von Legenden , Stereotypen , Tabus und Fälschungen befreiten eigenen Ge - schichtsnarrative . Die Landesselbstverwaltung der Ungarndeut schen ( LdU ) stellt das Buch landesweit vor und hofft darauf , dass die bereits auf Ungarisch vorliegende Monografie nicht nur von den Ungarn - deutschen mit großem Interesse gelesen wird .
Gerhard Seewann befasst sich seit über drei Jahrzehnten mit der wissenschaftlichen Erforschung der Geschichte der Ungarn - deutschen . Der Höhepunkt des Schaffens des oft auch ungewöhnliche Aspekte aufgreifenden Historikers ist zweifelsohne seine Monografie „ Geschichte der Deutschen in Ungarn 1 – 2 .”. In deren Vorwort formuliert der Autor , dass es für alle Gruppen – so auch für die Ungarndeutschen – wichtig sei , ihre Geschichte aus der eigenen Perspektive zu interpretieren , was als Grundlage für ihre Identität dienen kann . Laut Seewann sei die ungarische Ge - schichtsschreibung ziemlich nationsbezogen , was die in Ungarn lebenden Nationalitäten ausklammert . Die seewann ’ sche Mono - grafie behandelt die Geschichte und Identität der Deutschen in Ungarn , ihre Beziehung zu den Ungarn und zu anderen Natio - nalitäten im Kontext von mehr als tausend Jahren und von größeren geschichtlichen Zusammenhängen . Besonders zu erwähnen ist der mehr als 150 Seiten betragende Quellenanhang , dessen ers- ter Eintrag aus dem Jahre 1689 , aus der Zeit der Ansiedlung der Deutschen stammt . Dieser formuliert , wie sich das Ungarische Königreich innenpolitisch einzurichten habe , damit „ das Ge - meinwohl , also das Wohl der ganzen Gesellschaft und das aller einzigen Menschen bestmöglich zu gewährleisten und ihre Schä - digung abzuwehren sei .”
Für die Buchpräsentationen im Haus der Ungarndeutschen in Budapest und im Lenau Haus in Fünfkirchen – an denen auch der Autor anwesend war gab es ein außergewöhnlich großes Interesse .
Die Buchvorstellung in Budapest betreute das Ungarndeutsche Kultur- und Informationszentrum . Direktorin Monika Ambach betonte an der Veranstaltung , wie wichtig es sei , dass durch die ungarische Übersetzung der Publikation die Geschichte des Deutschtums einer noch breiteren Schicht zugänglich sein wird . Die Direktorin gedachte József Láng , dem unlängst verstorbenen Inhaber-Geschäftsführer des Herausgebers „ Argumentum ”, dem das Erscheinen der Monografie auch seiner Abstammung wegen Herzensangelegenheit war . In der Vertretung der Landesselbst - verwaltung der Ungarndeutschen bekundete Johann Schuth seine Hoffnung , dass diese Synthese zu Diskussionen anregt , bzw . dass sich damit auch die ungarischen Historiker auseinandersetzen werden . Die Publikation stellte Professor Zoltán Szász , pensionierter Berater des Geschichtswissenschaftlichen Instituts der Un - ga rischen Akademie der Wissenschaften vor und bezeichnete sie als ein identitätsformendes Dokument . Seiner Ansicht nach sei dies eine brillante Quellenauswahl beinhaltende , moderne Arbeit , aber keineswegs eine postmoderne Abstraktion . In der Reihe der Verdienste des Autors erwähnte er , dass Seewann das Deutschtum nicht an sich , sondern in seinem geschichtlichen Kontext analysiert . Er erwähnte weiterhin , dass das Buch zahlreiche Beispiele erörtere , mit denen sich bisher kaum welche geschichtlichen Pub - likationen befasst hätten : beispielsweise die gut organisierte An - sied lung , die auch durch zahlreiche Anlagen belegt wird . Weniger bekannt sei laut Szász auch die Tatsache , dass die Ansiedlung im 18 . Jahrhundert noch nicht abgeschlossen worden sei , dieses Thema sei nämlich – mit anderen Aspekten im Fokus – zum Beispiel auch in der Reformzeit vorgekommen . Gerhard Seewann bedankte sich bei all denjenigen , die an der Herausgabe der
( Fortsetzung auf Seite 12 )
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