Bonyháder (deutschen) Wahlbezirk zu einer Zwischenwahl. Re -
gierungspartei und Opposition kandidierten Anton Klein, dem
der Auftrag ward, das Vaterland vor der größten Gefahr, vor
einem volksdeutschen Parlamentsvertreter zu „retten”. Die unga-
rischen Zeitungen haben diesbezüglich keinen Zweifel aufkom-
men lassen, von den Blättern der äußersten Rechten bis zu den
ganz linken wurde Tag für Tag gegen den gemeinsamen „Feind”,
gegen den volksdeutschen Kandidaten, gehetzt und gewettert.
Von seitens der Kleinlandwirtepartei drohte man bei dieser Wahl
1937 zum ersten Male mit der Vertreibung der Volksdeutschen.
Der volksdeutsche Kandidat stand in offener Wahl sozusagen dem
ganzen Lande gegenüber; natürlich siegte der Kandidat der
„Nationalen Front”, Anton Klein. Gestärkt durch die Stellung -
nah me des Staatssekretärs Bohle, der als Leiter der Auslands -
organisation der NSDAP in Budapest eine Rede gehalten und sich
öffentlich von den Männern der deutschen Bewegung in Ungarn
distanziert hatte, griff Anton Klein im Feber 1938 den Führer der
Ungarndeutschen, den Universitätsprofessor Richard Huß, scharf
an und beschuldigte ihn, Geld vom Ausland, nämlich vom VDA,
erhalten und eine staatsfeindliche Propaganda getrieben zu
haben. Huß ging aus der nun eingeleiteten Disziplinarunter -
suchung zwar gerechtfertigt hervor, doch brach er in der gegen ihn
tobenden Hetze physisch zusammen und starb in seinem schöns-
ten Mannesalter.
Die erste geheime Wahl in Ungarn fand im Jahre 1939 statt.
Wieder kandidierte in Bonyhád Anton Klein; sein Gegner war der
volksdeutsche Arzt Heinrich Mühl, der als amtlicher Kandidat der
Regierungspartei auftrat, jedoch alle Zeitungen und alle Behör -
den, ja sogar auch die Rongyos Gárda, eine nationalistische Parti -
sanenorganisation, gegen sich hatte. Trotzdem siegte Mühl mit
9821 gegen 4258 Stimmen für Anton Klein. Dieser gelangte auf
der Liste des Tolnauer Komitats dennoch ins Parlament. Dort
setzte er seinen Kampf gegen Mühl und den Volksbund unter all-
gemeinem Beifall fort, und als er teils durch Mühl widerlegt, teils
durch Außenminister Csáky zurechtgewiesen worden war, verleg-
ten er und seine Hintermänner, führende Persönlichkeiten des
ungarischen öffentlichen Lebens, mit Assistenz der deutschfeind-
lichen Presse und der ungarischen Gesellschaft, den Kampf in die
Öffentlichkeit. Am 13. August 1939 erklärte Mühl im „Deutschen
Volksboten”, er lasse nicht ablenken von der Tatsache, dass die
Schulfrage der Volksgruppe nicht gelöst sei, dass sie keinen deut-
schen Kindergarten, keine deutsche Mittelschule, keine deutsche
Fachschule, kein Priesterseminar, Theater, Kino oder Geldinstitut
usw. besitze; wer jedoch eine deutsche Kultur- oder Wirtschaft s -
organisation fordere, sei (für madjarische Nationalisten) ein Pan -
germane und Vaterlandsverräter. Jede Volksgruppe benötige aber
zur Aufrechterhaltung ihres kulturellen, wirtschaftlichen, kirchli-
chen und politischen Lebens derartige Einrichtungen.
Durch seinen Kampf gegen die Führer der deutschen Volks gruppe
wurde Anton Klein ein Held der ungarischen Nation. Als solcher
wurde er am 6. August 1939 von mehreren gesellschaftlichen
Vereinen und von der „patriotischen” Bevölkerung der Tolnau,
die auch Jakob Bleyer schon bekämpft hatte, in einem großen Fest
in Paks gefeiert, nachdem er in Budapest gleichfalls für sein muti-
ges Auftreten bejubelt worden war. Er galt als eine der angese-
hensten Gestalten der Unabhängigen Kleinlandwirte partei.
Als man im Frühjahr 1945 in der ungarischen Presse die Ver -
treibung bzw. strenge Bestrafung der Ungarndeutschen forderte,
wurde Anton Klein dem Namen nach genannt als einer, der nicht
bestraft werden dürfe (Kis Újság vom 16. Mai 1945) wegen seines
„patriotischen” Verhaltens. Als „Widerstandskämpfer” durf te er
seinen Besitz anscheinend behalten. Ungarischen Pres semeldungen
zufolge sollen sich auf seinem Pakser Gut die Abgesandten Titos mit
dem später hingerichteten Minister Rajk getroffen haben. Im Zu -
sammenhang mit der Rajk-Affäre wurde auch Anton Klein 1949 ver-
haftet. Seither fehlt von ihm jegliche
Aus: Johann Weidlein „Die verlorenen Söhne”
Als Anhang – zu Klein Toni
Obwohl in obigem Beitrag die Person von Anton Klein recht aus-
führlich beleuchtet wird, so scheint es dennoch als angebracht,
einige Feststellungen zu erklären und zu ergänzen.
Warum ist Anton Klein für das Ungarndeutschtum ein „verlorener
Sohn”? – könnte man fragen.
Ja, diese Frage wurde auch schon folgendermaßen gestellt bzw.
beantwortet:
Unser „Ungarndeutsches Wochenblatt” die „Neue Zeitung”
brach te in seiner Nummer vom 21. September 1962 ein langes
Interview mit Anton Klein unter dem Titel „Ein niemals verloren-
er Sohn: Anton Klein. Der angesehene schwäbische Politiker wider-
legt die Verleumdungen der ungarnfeindlichen Emigration”. In die-
sem Interview setzt sich Klein einleitend mit den Feststellungen
auseinander, die Weidlein auf Grund seiner Reden und Taten,
sowie seiner eigenen Mitteilungen im ungarischen „Landtags -
almanach 1940” über ihn in seinem Büchlein „Verlorene Söhne”
(Wien, 1960) getroffen hat. Diese „Widerlegung” von Klein hat
dann Weidlein in seinem Buch „Die deutsche Ungarnforschung”
(Schorndorf 1983) mit weiterem Beweismaterial und ausführli-
cher Argumentation (betitelt: Anton Klein und der nationalisti-
sche Kommunismus in Ungarn) ebenfalls widerlegt.
In Kenntnis dieser einander widersprechenden Darstellungen
darf wohl gesagt werden: Anton Klein ist das Musterbeispiel für
das Gleichnis „Ein Baum mit deutschen Wurzeln trägt madjarische
Früchte”. Er hegte freundschaftliche Gefühle dem nationalsozia-
listischen Deutschland gegenüber, als ungarischer Patriot jedoch
kämpfte er unerbittlich gegen ein Erwachen und Fort bestehen des
Deutschtums in Ungarn.
Eine weitere Frage könnte lauten: Warum wurde der „Wider -
standskämpfer” Klein nach dem Krieg verhaftet und verurteil?
Diese Frage heute zu beantworten ist nicht leicht. Dazu muss
man die Geschichte der ersten Nachkriegsjahre ins Gedächtnis
rufen. – Machtübernahme durch die (Moskau-treuen) Kommu -
nisten in Ungarn im Jahre 1947. – Die Kommunisten des benach-
barten Jugoslawien unter Marschall Tito sagen sich los von
Moskau. - Deshalb muss der „Kettenhund” Tito vom ganzen kom-
munistischen Lager verurteilt und bekämpft werden. Dazu müs-
sen „Sünden” kreiert werden. Also muss sich Ungarns Rákosi
etwas einfallen lassen! Und er schafft in Eile ein Drehbuch für
einen politischen Skandal. Sein (bei den Genossen beliebter)
Innenminister László Rajk wird zum Sündenbock auserkoren. Er
wird als Freund Titos, als Verschwörer hingestellt. Zum Binde -
glied dieser Freundschaft wird Anton Klein auserwählt.
Ein Roman, ein Krimi ist der Rajk-Schauprozess:
Da gibt es den jugoslawischen Gesandten in Budapest, Mra -
zovics, der (zusammen mit Györgyi Tarisznyás aus Paks) den jugo-
slawischen Innenminister Rankovics auf das Gut des (ehemals
Horthy- Anhänger) Anton Klein lotst. Rankovics ist mit zwei Be -
gleitern mit Hilfe des Kommandanten der ungarischen Grenz -
wache, Pálffy, Anfang Oktober 1948 über die Grenze gekommen.
Die jugoslawischen Genossen wurden im Hüterhaus des Klein-
Gutes (Biritó-puszta) von Rajk empfangen. Die Besprechung
dauerte zweieinhalb Stunden… – so steht es in der Anklageschrift
der Budapester Staatsanwaltschaft. Rajk wird am 30. Mai 1949
verhaftet. Nach endlosen Verhören und Folterungen „gesteht”
Rajk. Er wird dazu von seinem „Freund” Kádár überredet: Ein
Ge ständnis wird ein lindes Urteil erbringen, da kann man dann
weiter „behilflich” sein – argumentiert Kádár. So werden auch
(Fortsetzung auf Seite 22)
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