Sonntagsblatt 1/2025 | Page 36

„ Franz Reichardt- ein netter, junger Mann, intelligent, ausgezeichneter Sänger und guter Freund von diesem ersten Augenblick an bis in alle Ewigkeit. Franz Reichardt hat die „ deutsche“ Sache nicht nur mit dem Singen ernst genommen“, sagt Georg Krix, langjähriger JBG-Vorsitzender und Schriftleiter des Sonntagsblattes, über den zwei Jahre älteren gebürtigen Landsmann aus Totwaschon / Tótvázsony. Dem „ ersten Augenblick“ war eine unerwartete Begegnung von Krix mit dem Gesangslehrer und Musiker Ladislaus Hámori-Hauser aus dem Bakonyer Wald vorausgegangen: Dieser stürmte nach Krix‘ Erinnerungen als Gassengänger in die Räumlichkeiten des Deutschen Verbandes und einigte sich mit ihm auf die Gründung eines deutschen Gesangschores im Rahmen des Demokratischen Verbandes, zu dessen ersten Sängern neben Géza Hambuch und dem Neusätzer Edgar Rechnitzer eben auch Franz Reichardt gehörte.
„ Die Umgangssprache in unserer kleinen- immerhin in kurzer Zeit auf 30 Personen angeschwollenen- Gemeinschaft war streng deutsch. Alle Lieder wurden nicht nur deutsch gesungen, sondern auch deutsch einstudiert.( Ein Fakt, bei unseren heutigen » deutschen « Chören unbekannt). Hámori-Hauser hat nicht nur auf Stimme, sondern auch auf Sprache, Aussprache und Gesinnung großen Wert gelegt. Er hat es auch erreicht, nach einigen Jahren nur noch seinen ursprünglichen deutschen Namen zu gebrauchen. Unser Chor ist im Mai 1958, im Rahmen eines in Altofen / Óbuda organisierten( Probe-) Schwabenballs zum ersten Mal vor die große Öffentlichkeit getreten und erntete großen Beifall“, erinnert sich der heute 96-jährige Weggefährte.
Eine große Leidenschaft von Reichardt sei das Sammeln von Liedern gewesen: Er habe nach diesen gesucht, sei es in seinem Heimatort Totwaschon / Tótvázsony, im Rundfunk, Fernsehen oder auf Schallplatten und dann notiert. Im Anschluss habe er die Melodien auf einer alten Ziehharmonika geübt. Da er familiäre Beziehungen zu Weindorf / Pilisborosjenő hatte, gründete er dort einen Gesangverein, der stets mit der Vereinsfahne ausgerüstet in Volkstracht aufgetreten sei. Mit der Zeit habe er auch seine Söhne zum Mitsingen bewegen können. Die gesammelten Lieder habe er zusammengeheftet und verschenkt. „ Voriges Jahr teilte er am Telefon meiner Frau mit, dass er nun sein Lebenswerk beisammen habe. Er wollte es mir per Post zuschicken, doch leider … Ein Unglück, dass ihm beim endgültigen Zusammenlegen und Heften das Zeug aus der Hand gerutscht sei und er nicht mehr die Kraft verspürte es nochmal zu ordnen“, berichtet Georg Krix.
Auch mit dem St. Gerhards-Werk Ungarn war Franz Reichardt verbunden – er unterstützte den katholischen Verein von Anfang an und war in den letzten zehn Jahren sein Ehrenvorsitzender.
Franz Reichardt war „ in Zivil“ Ingenieur und arbeitete bei einer Schiffswerft. Sein Weg führte nach Krix‘ Angaben auch ins Ausland: So verbrachte er einige Jahre in Ägypten.
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„ Franz ist genau ein Jahr nach seiner Frau Ilona von uns geschieden. Die Hingabe und Verpflichtung der deutschen Kultur gegenüber, die sie mehr als 60 Jahre lang gezeigt und danach gelebt haben, dient der jüngeren Generation als Beispiel. Im Gemischtchor hinterlassen sie eine Lücke. Tochter Ingrid leitet seit 30 Jahren die Tscholnoker Tanzgruppe und ist Leiterin der Károly-Zafféry-Mittelschule der Salesianer Don Boscos und Deutschlehrerin”, erinnert sich die pensionierte Lehrerin, langjährige Vorsitzende der Deutschen Nationalitätenselbstverwaltung Tscholnok und Mitglied der Vollversammlung der LdU Agathe Hárs.
Franz Tafferner sen. ist am 7. September 1940 in Tscholnok als jüngstes Kind einer sechsköpfigen Familie geboren. An der Berufsschule für Technik „ Josef Karl Hell” lernte er Schlosser und absolvierte das Technikum. Er heiratete 1964 Ilona Tolnai, die er bei den Proben der Tscholnoker Kulturgruppe kennen lernte und mit der er zwei Kinder hatte, Franz jun. und Ingrid. Er war Großvater von vier Enkelkindern( Klaudia, Sophie, Lejla und Levente) und einer Urenkelin( Olivia). Er erlernte die Kunst des Jodelns und nahm in Folge an mehreren Wettbewerben teil. In den 1970er Jahren nahm das Ehepaar mit Erfolg am legendären Wettbewerb für Volkslieder „ Röpülj páva” des Ungarischen Fernsehens teil. Ab den 1970ern bereiste das Ehepaar mit der Tscholnoker Kapelle das In- und Ausland. Dieser Elan ließ auch nach der Auflösung der Kulturgruppe nicht nach: In Begleitung des Harmonikaspielers Josef Holl nahm das Ehepaar zahlreiche Auftritte wahr. Ab 1985 waren Ilona und Franz als Chormitglieder und Solisten wichtige Stützen des Gemischtchors. Dem Ehepaar hätten die Pflege der Traditionen und die Weitergabe an die jüngeren Generationen am Herzen gelegen. Franz Tafferner starb im Februar 2025 mit 85 Jahren.
_________________________________________ Sie mögen in Frieden ruhen!

JBG NACHRICHTEN

JBG STARTET DAS EDMUND STEINACKER STIPENDIUM UND ALUMNI-NETZWERK

Die Jakob Bleyer Gemeinschaft und der Verein Deutscher Hochschüler( VDH) Budapest ehren das Andenken an eine bedeutende Persönlichkeit der deutschen Gemeinschaft in Ungarn, Edmund Steinacker, und starteten ein von ihm inspiriertes Stipendium. Ziel der Ausschriebung war es, junge Menschen zu unterstützen, die sich der Bewahrung der deutschen Kultur und Traditionen in Ungarn verpflichtet
36 fühlen und während ihres Studiums zur Entwicklung der ungarndeutschen Gemeinschaft beitragen.
Edmund Steinacker( 1839 – 1929) war ein herausragender Politiker und Journalist der deutschen Gemeinschaft in Ungarn. Zeit seines Lebens setzte er sich für die Förderung junger Menschen ein und schuf Stipendienprogramme, um