Sonntagsblatt 1/2025 | Page 28

zog in die nahe gelegene, aufstrebende Kleinstadt Tamási. Aber auch Esther, Jahrgang 1975, blieb mit Pari verbunden, wo sie ihre Sommer verbrachte. Anfang der 1990er Jahre erwarb Großvater Stephan sen. im Rahmen der Restitution gegen Wiedergutmachungsscheine( ung. kárpótlá-
si jegy) mehrere Hektar Land. Urgroßvater Georg konnte das nicht mehr erleben, er starb 1987 mit 85 Jahren. Eine bäuerliche Wirtschaft entstand daraus nicht mehr, da Vater Stephan jun, Maschinenbauingenieur vom Beruf, kein Interesse daran zeigte.

WENN DIE MODERNE AUF TRADITION TRIFFT

Christina Gommermann aus Mutsching gewinnt Hauptpreis beim „ Blickpunkt”
Von Richard Guth
„ Ich bin immer wiederkehrende Teilnehmerin des „ Blickpunkt”-Fotowettbewerbs. Als Debütantin im Jahr 2017 habe ich noch keinen Preis bekommen, ich war nur unter den Finalisten. 2018 habe ich schon mehrere Fotos über das Heimatmuseum meines Heimatorts Mutsching / Mucsi hochgeladen und ich wusste nicht, was mich in diesem Jahr erwarten kann. Ich war überrascht, Wochen später zu sehen, dass es eines meiner Bilder wieder ins Finale geschafft hatte und ich zur Preisverleihung in die Budapester Kunsthalle eingeladen worden war. Der Sohn meiner Freundin und meine Tocher waren auf dem Foto zu sehen. So reisten wir vier zusammen( Kinder und Mütter) in die Hauptstadt und sahen uns die „ Blickpunkt”-Preisverleihung an. Im Rahmen der Abschlussveranstaltung werden alle Bilder in Form einer Projektion mit musikalischer Untermalung präsentiert, die Werke der Endrunde ausgestellt und die Preisträger geehrt”, erzählt Christina Gommermann über ihre Auszeichnung in der Kategorie „ Postkarte” Ende letzten Jahres.
„ Im Jahre 2024 wollte ich ein Bild, in dem das Leben aus jungen Mädchen herausströmt und das die Vergangenheit in der Zukunft lebendig zeigt. Sie „ steigen” aus einem alten Bilderrahmen. Im Hintergrund ist eine alte, farbige Postkarte der Stadt Jink / Gyönk zu sehen. Die farbenfrohe Kleidung der Mädchen und der grüne Hintergrund verleihen dem Bild wirklich eine gewisse Frische. Die Dächer der Häuser sind in einem grellen Rot gehalten, das mit den roten Lippen der Mädchen harmoniert. Harmonie zeigt sich auch darin, wie unsere Vergangenheit in die Gegenwart passt, und das macht uns Ungarndeutschen einzigartig”, weiht die Autorin in die Philosophie des Werkes ein.
Gommermann berichtete im SB-Gespräch über mehrjährige Erfahrungen beim „ Blickpunkt”-Wettbewerb, der sich dem Ungarndeutschtum auf visuelle Art nähern will. Für sie ist die Teilnahme eine Art Bekenntnis und böte einen Einblick in die persönlichen Erlebnisse des Fotografen. Bei der Betrachtung der Fotos soll man nicht nur seine Augen, sondern auch sein Herz öffnen. Es gehe dabei nicht
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„ um das Schematische, das hundertfach Abgedroschene, sondern um eine originelle Idee”, die Vergangenheit und Gegenwart so verbinde, dass der Betrachter des Bildes etwas darüber nachdenke. Dies sei wie 2024 auch im Jahr 2022 geschehen, als sie in der Küche des Heimatmuseums Gegenwart und Vergangenheit Bild-in-Bild miteinander verband und den Hauptpreis gewann. Ebenso war es 2023, als man mit den Erstkommunionbildern, aufgenommen im Dom von Fünfkirchen, einen Sonderpreis gewonnen habe( über die deutschsprachige Erstkommunion nach Jahrzehnten hat das Sonntagsblatt damals berichtet). Das war eine Collage aus den Fotos von der Erstkommunion der Oma und der Tochter, die das Valeria-Koch-Schulzentrum besucht. Die visuelle Ähnlichkeit sei verblüffend gewesen: Ein oberflächlicher Betrachter merke vielleicht gar nicht, dass zwischen den beiden Bildern fast 90 Jahre vergangen sind, so Gommermann.
Für das Projekt im Jahre 2024 habe Marika Till Gommermann mit dem Lehrer und Privatsammler Josef Kiss aus Jink / Gyönk zusammengebracht. Maria Till schneidert seit vielen Jahren ungarndeutsche Trachten nach – ihre Kollektion beinhaltet mittlerweile 102 Puppen mit Trachten( im Original oder nachgeahmt) aus 53 ungarndeutschen Ortschaften. Josef Kiss selbst befasst sich seit 30 Jahren mit dem Sammeln von Einrichtungsgegenständen, aber auch insbesondere Trachten aus der Schwäbischen Türkei und auch Trachten der Siebenbürger Sachsen. Er unterhält seit 2003 eine Privatsammlung in seiner Heimatstadt Jink. Seine Idee soll es gewesen sein, Dorfbewohner mit der traditionellen Kleidung aus der Sammlung zu kleiden und dies bildlich festzuhalten. „ Auch wenn ich keine professionelle Fotografin bin, habe ich sofort zugesagt. Die Themen liegen eigentlich auf der Straße. Man muss nur mit offenen Augen durch die Straßen und Plätze gehen. Und wenn es mir gelingt, ein gutes Foto zu schießen, erfüllt es mich mit Stolz, etwas für mein Volk getan zu haben. Ich glaube, das ist meine Inspiration für die Fotografie von Ungarndeutschen”, freut sich die gebürtige Mutschingerin.