SB: Sie waren lange Zeit in der Lehrerfortbildung tätig- mit welchen Herausforderungen haben die Reste des deutschen Schulwesens zu kämpfen?
MB: In der Lehrerfortbildung war ich vor meiner Zeit als Kreisratsvorsitzender tätig. Ich habe das Zentrum für Lehrerfortbildung in deutscher Sprache( ZfL) in den ersten sechs Jahren seines Bestehens geleitet. Es muss gesagt werden, dass es ein solches Zentrum zur Zeit des Kommunismus nicht gab- und vorher erst recht nicht. Dass aber eines notwendig war, erkannten wir bald nach der Wende. Durch die Auswanderung sind Lehrkräfte, die Deutsch als Muttersprache sprachen, weggegangen, es kamen solche mit rumänischer oder ungarischer Muttersprache nach. Um die Sprachkompetenz von Lehrern und Schülern zu erhalten bzw. zu verbessern, ist es notwendig, dass die Fortbildung in der Unterrichtssprache stattfindet. Unser Verband, das DFDR, hat mehrere Eingaben ans Bildungsministerium in Bukarest gemacht, in denen die die Fortbildung der Lehrkräfte in deutscher Sprache vorgeschlagen wurde. 1998 wurde dann das ZfL gegründet – als eine vom Ministerium finanzierte Einrichtung – und voriges Jahr feierte es sein 25-jähriges Bestehen. Die größte Schwierigkeit im deutschsprachigen Schulwesen besteht allerdings im Sichern der Lehrkräfte. Der Lehrerberuf ist heutzutage in Rumänien bei der jungen Generation allgemein nicht geschätzt. Kaum jemand will Lehrer werden, weshalb viele Schulen den Lehrermangel beklagen. Umso schwerer ist es, Lehrer zu finden, die in deutscher Sprache unterrichten, denn wer diese Sprache kann, findet bessere Verdienstmöglichkeiten als die Schule sie bietet.
SB: Die Zahl der Sachsen und Landler nimmt immer noch ab- wo sehen Sie die Gemeinschaft in 20 Jahren?
MB: Die Siebenbürger Sachsen haben ihr Ende als Volk schon vor mehr als 200 Jahren einmal vor Augen gesehen, als Kaiser Joseph II. den Königsboden auflöste und bis dahin geltende Gesetze außer Kraft setzte. Auch seither hat es in der Geschichte Momente gegeben, in denen die Sachsen meinten, für ihre Gemeinschaft sei alles aus. Dennoch ist das Ende nicht eingetreten. Auch wenn es eine siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft im hergebrachten Sinn nicht mehr geben kann, glaube ich, dass die deutsche Sprache in Siebenbürgen eine Zukunft hat. Dafür setzen wir uns ein.
SB: Herr Bottesch, vielen Dank für das Gespräch! Das Gespräch führte Richard Guth
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EINSICHTEN-ANSICHTEN
UNGARNDEUTSCHE PARLAMENTARIER IM PORTRAIT( 1):
DR. ISTVÁN HILLER
Von Richard Guth nachgewiesen werden könne. „ Es besteht zweifelsohne eine emotionale Beziehung”, gesteht der Parlamentsabgeordnete, Historiker und Minister a. D. Dr. István( Stefan) Hiller im Sonntagsblatt-Gespräch. Der 60-Jährige ist nach Dr. Koloman Brenner und Dr. Johann Hargitai der dritte Parlamentsabgeordnete deutscher Nationalität / Herkunft, der sich dem Sonntagsblatt für ein Portrait zur Verfügung gestellt hat.
„ Karl Graff bin ich genannt, Ungarn ist mein Vaterland” – so stand es auf einem in altdeutscher Schrift verfassten Zettel des Urgroßvaters, des „ stolzen Bürgers Ödenburgs deutscher Muttersprache”. Das Schriftstück sei nach der schicksalsträchtigen Volksabstimmung um die Zugehörigkeit des Ödenburger Landes Anfang der 1920er Jahre entstanden und zeuge vom Lokalpatriotismus der alteingesessenen Familie, deren Anwesenheit in Ödenburg bis 1530
Das Ödenburg seiner Kindheit und Jugend präge Dr. István Hiller nach eigenem Bekunden immer noch. Insbesondere auch die Sprache. Man habe in der Familie beide Sprachen gleichermaßen gesprochen: „ Wir hatten in den 1970er Jahren vier Fernsehkanäle: Ungarn 1, ORF 1, Ungarn 2, ORF 2. Montags haben wir immer den Österreichischen Rundfunk( ORF) geguckt, das Ungarische Fernsehen hatte damals einen sendefreien Tag. Man guckte „ Straßen von San Francisco” und „ Dallas” und man sprach im Anschluss darüber auf Deutsch. Über Programme im Ungarischen Fernsehen sprach man wiederum auf Ungarisch. Zu Hause war Großmutter die Chefin und man sprach deutsch. Mit der Mutter, die gebrochen Deutsch konnte, kommunizierten wir auf Ungarisch, meine Oma sprach hingegen mit meinem Vater, der Direktor der Universitätsbibliothek und Redakteur der „ Soproni Szemle” war, ponzichterisch, was ein bairisch-österreichischer Dialekt ist”, erzählt der Abgeordnete heanzischer Herkunft.
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