Sonntagsblatt 1/2024 | Page 27

EINSICHTEN-ANSICHTEN

„ ICH BIN MIT OMEGA-FRONT- MANN JÁNOS KÓBOR VER- WANDT ”

SOHN HEIMATVERTRIEBENER BADESEKER WERNER SZUGFIL ÜBER HER- KUNFT , HEIMATVERBUNDENHEIT UND FAMILIENVERBINDUNGEN
Von Richard Guth
„ Also um den ersten Teil der Frage zu beantworten : Ja , ich bin stolz auf meine Stadt Schwerte : Hier bin ich geboren , hier werde ich sterben . Hier bin ich 1956 geboren , aufgewachsen , zur Schule gegangen , habe viele Freunde hier und in der nächsten Umgebung , habe hier geheiratet und mein Bruder , der Letzte aus dem engsten Familienkreis , lebt auch hier ”, so die Antwort des 67-Jährigen aus der 50.000-Einwohner-Stadt am Rande des Ruhrgebiets . Aber warum interessiert sich das Sonntagsblatt für den stolzen Bürger einer nordrheinwestfälischen Kommune ? Die Antwort liefert die Facebook-Seite von Werner Szugfil , die voll von ungarndeutschen Bezügen ist : alte Familienfotos , geteilte Beiträge oder Kommentare zu ungarndeutschenbezogenen Artikeln .
SoNNTAGSBLATT
„ Jedoch haben Ungarn und vor allem Badesek / Bátaszék für mich eine besondere Bedeutung : Je älter ich werde , umso stolzer bin ich auch ein Ungarndeutscher zu sein . Denn meine Eltern stammen beide aus Badesek - ebenso meine Großeltern , meine Verwandten und alle Bekannten meiner Eltern . Es kamen durch die Flucht und die Vertreibung ca . 60 Ungarndeutsche hier in Schwerte an . Die Badeseker Männer waren alle Maurer und zogen hier an den Rand des Ruhrgebiets . um die Schäden des Krieges zu beseitigen . Arbeit bedeutet Geld und Sicherheit . Gekommen sind die Badeseker ca . 1948 / 1949 - kann auch 1950 gewesen sein . Das ist leider nicht mehr herauszufinden ”, ergänzt Werner Szugfil und gibt gleich einen Einblick in die Vertreibungsgeschichte seiner Familie , die Teil seiner Identität bildet . In die Jahre 1960-67 fiel die Sesshaftwerdung der vertriebenen Badeseker in der neuen Heimat Schwerte : Sie bauten nach Szugfils Angaben eigene Häuser , dabei „ half jeder jedem unter dem Motto : Hilfst du mir X-Stunden , helfe ich dir X-Stunden ”. Werner Szugfil wuchs mit der schwäbischen Mundart von Badesek auf , er verstehe und spreche sie bis heute . „ Nur Ungarisch beherrsche ich lediglich ein paar Brocken , um nicht zu verhungern ”, ergänzt er schmunzelnd .
Zuerst fuhr er im Jahre 1971 mit 15 mit den Eltern nach Ungarn - „ es war für uns Kinder ein Abenteuerurlaub ” - , von da an regelmäßig . Im Mittelpunkt der insgesamt 20-25 Fahrten standen nach Werner Szugfils Angaben Besuche bei den Verwandten : „ Leider sind die meisten verstorben , nur noch wenige gibt es in Badesek . Eine Großcousine lebt in Woltersdorf bei Berlin , zu ihr habe ich häufigen Kontakt . In Badesek selber habe ich Kontakt über Videocall ( Videoanruf , Red .) zu meinem Cousin , sonst informiere ich mich über die sozialen Medien , was in Badesek so passiert .” Und noch etwas treibt den 67-Jährigen um : „ Ich habe durch meine Stammbaumrecherche Kontakte zu Ungarndeutschen gefunden , so wie bei Nándor ( Frei , Red .) und z . B . Klara Burghardt .”
Die Familienforschung förderte einige interessante Details der Familiengeschichte zutage : Recherchen haben ergeben , dass die Vorfahren Szugfil ( ursprünglich wohl Szügfill ) ca . 1726 aus dem Fränkischen nach Ungarn kamen , um - dem Aufruf des Königs Karls folgend - Ungarn wieder aufzubauen
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