Sonntagsblatt 1/2021 | Page 14

Ich arbeite ständig am Zusammentragen dieser „ Egodokumente ”, aber erst einmal als Nebenbeschäftigung . Ich hoffe auch insgeheim , dass das Sammeln über kurz oder lang einen institutionellen Rahmen erhält . Im Rahmen der Gedenkjahre 2015-17 wurde viel von der Gründung eines Gedenk- und Dokumentationszentrums gesprochen und wenn es jemals eines geben sollte , dann würde es die Forschungsarbeit wesentlich erleichtern . Nach der Veröffentlichung der Dissertation beziehungsweise der Abgabe des Manuskripts der deutschen Fassung dachte ich mir , dass es an der Zeit für ein neues Projekt wäre und ich mich eines anderen Tabuthemas annehme , nämlich der Geschichte der Waffen-SS-Rekrutierungen . Über die freiwillige Musterung wissen wir noch wenig . Diese Menschen wollte praktisch auch die eigene Gemeinschaft vergessen und von sich weisen nach 1945 . Ich will das Warum verstehen , auch um den Preis , dass die Antwort einen schockiert … Warum meldeten sich mehrere tausend ungarische Staatsbürger deutscher Volkszugehörigkeit zur SS und wo und was taten sie in deren Rahmen ? Das ist ein sensibles Thema , aber man muss fähig sein , sich dem zu stellen , wozu man eine gründliche Aufarbeitung benötigt . Anfang 2020 stand der Forschungsplan , aber dann kamen der Frühling und die Lockdowns , so dass mir in den Forschungsstätten im In- und Ausland , die ich aufsuchen wollte , noch kein Einlass gewährt werden konnte .
Ach ja , die Lockdowns im Frühling … Wenn wir dabei sind – wie hast du die Unwägbarkeiten des Jahres 2020 erlebt ?
Es ist für jeden eine schwere Zeit . Mich hat es gestört beziehungsweise stört es , dass unser Leben nicht mehr planbar und unsicher geworden ist . Es nahm mich auch mit , dass ich zahlreiche Veranstaltungen , Forschungsreisen und die Buchvorstellungen absagen oder verschieben musste . Der Distanzunterricht ist zwar eine nützliche Alternative , aber die positiven Impulse der Studenten kommen bei mir weniger an . Trotzdem gelang es mir , die vergangenen Monate größtenteils sinnvoll zu gestalten . In diesem Geschäft arbeiten wir eh viel von zu Hause aus , daneben fand man für vieles einfach mehr Zeit wie für Lesen , Sprachenlernen oder Sport . Solange meine Gesundheit und die meiner Lieben nicht gefährdet sind , brauche ich mich nicht zu beklagen . Andere mussten viel gravierenderen Herausforderungen in den vergangenen Monaten begegnen .
Quelle : http :// ujkor . hu / content / magyarorszagi-nemet-kisebbseg-194445-os-kalvariaja-interju-markus-beataval

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Julius Gottfried Schweighofer ( 1 . Mai 1917 – 5 . Februar 1981 ), ungarndeutscher Volkstums- und Mundartenforscher C . J . Hutterer : Julius Gottfried Schweighofer : Sein Leben und sein Werk ( www . sulinet . hu / oroksegtar / data / magyarorszagi _ nemzetisegek / nemetek / beitrage _ zur _ volkskunde _ der _ ungarndeutschen / 1991 / pages / 003 _ julius _ gottfried _ schweighofer . htm )
Am Rande eines runden Jubiläums
Von Christine Schweighofer
Ein neues Jahr spornt einen immer wieder nicht nur zur Voraus- , sondern auch zur Rückschau an . Besonders auch dieser Jahresbeginn , denn genau vor vierzig Jahren , am 5 . Februar 1981 , ist mein Onkel , Julius Gottfried Schweighofer , verstorben . Etwa 10 Jahre später – zwei Jahre nach der Wende – begann ich im Historischen Archiv nachzuforschen …
Meine Eltern erzählten , was um 1960 herum passierte , als sie in ihrer Ofner Wohnung eine Hausdurchsuchung durch ein Kommando des Innenministeriums ( das gehasste Wort ÁVH oder dann ÁVÓ wurde in diesen Zeiten nicht mehr verwendet , dafür stand das verallgemeinernde , verhüllende Wort BM , die ungarische Abkürzung für das Ministerium des Innern ) erdulden mussten . Damals lag ich noch als Wickelkind in meinem Bettchen und auch dort suchten sie unter den Tüchern und Kleidchen nach belastenden Reliquien . Es war nicht das einzige Mal , bei dem es bei uns zu einer Durchsuchung kam - jedes Mal inmitten der Nacht , mit dem Auftakt des schockierenden Klingelns an der Eingangstür . Bei diesen ernsten Gelegenheiten wurde vor allem nach Samisdat , klassenfeindlichen Büchern , Schriften , Aufzeichnungen und Notizheften gesucht , um aufgrund dieser Indizien jemanden von den Anwesenden abzuführen . Einmal hatte meine Mutter sogar gemerkt , dass einer der Eindringlinge - vermeintlich unbemerkt - am Bücherregal herumhantierte und ein zusammengefaltetes Blatt zwischen zwei Bücher schob , um ein Indiz zu kreieren , falls keines zu finden wäre . Als er unter lautem Ruf dieses „ Beweisstück “ gerade gefunden haben wollte , entgegnete ihm meine Mutter ( sie hatte ja nicht mehr viel zu verlieren , denn sie wurde 1948 mit 17 Jahren , samt ihrem Vater und ihrem Bruder als reaktionäre Klassenfeinde , aufgrund konspirativer Prozesse aus Ämtern und Schulen Ungarns „ für ewig “ entfernt und somit nach Vermutung der hiesigen Stasi zu Boden gestreckt ) entschlossen , damit es alle mit anhören konnten : „ Sie haben es dorthin getan “. Dadurch hat sie das hinterlistige Vorhaben vereitelt , nicht aber das Vorfinden von echten Indizien . Gefunden haben die WÜHLER nämlich doch schon manches : die bei uns mit einem Teil seiner Bibliothek untergebrachten Aufzeichnungen und Notizhefte meines Onkels , in denen er auch Namen und Adressen seiner früheren Schüler und Pfadfinder aus der Zeit vor 1948 aufgelistet hatte . ( Nach Verstaatlichung des Ordenshauses in der Aga-Straße musste er seine mitunter schon wertvolle Bibliothek bei befreundeten Familien , bei Bekannten und Altschülern und das Persönliche davon wie selbstverständlich bei seinem jüngeren Bruder unterbringen . J . G . Schweighofer , als letzter Doktorand des ungarndeutschen Universitätsprofessors Elmar Schwartz ( 1 ), hatte als Schenkung dessen Fachbibliothek für deutsche Sprache , Literatur und deutsches Volkstum bekommen , bevor Professor Schwartz kurz nach 1945 unter Beraubung seiner ungarischen Staatsangehörigkeit von den Behörden ins westliche Ausland abgeschoben wurde . jakob bleyer
GEMEINSCHAFT e. V .
J . G . Schweighofer hatte nicht nur im Fachbereich Volkstumsforschung ( 2 ) der Ungarndeutschen Verdienste . Er war bis zur Verstaatlichung der kirchlichen Einrichtungen eine vielfach gebildete Lehrkraft des Sankt-Emmerich-Gymnasiums der Zisterzienser in Ofen . 1935 absolvierte er nach dem Abitur bei den Benediktinern das Priesterseminar und anschließend die Philosophische Fakultät der Loránd-Eötvös-Universität in den Fächern Deutsch und
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