Sonntagsblatt 1/2020 | Page 9

besonders, Günter Ofner, den Präsidenten von Familia Austria (Österreichische Gesellschaft für Genealogie und Geschichte) zu begrüßen, der einen Vortrag über die Umgangs-, Unterrichts-, Amts- und Schriftsprachen in der Donaumonarchie hielt. Kapeller konnte dabei neben dem 1. VLÖ-Vizepräsidenten Ger- hard Zeihsel und dem 2. VLÖ-Vizepräsidenten Ing. Dieter Lütze sowie weiteren Funktionären der Landsmannschaften eben- falls Abteilungsleiterin Gesandte Dr. Susanne Bachfischer vom BMEIA im Kreise der Gäste begrüßen. Auszeichnung mit der „Adalbert-Stifter-Medaille“ Vor dem eigentlichen Vortrag zeichnete SLÖ-Bundesobmann Gerhard Zeihsel gemeinsam mit seinen VLÖ-Vorstandskollegen Günter Ofner in Anerkennung seiner vielfältigen Verdienste um das kulturelle Leben der sudetendeutschen Volksgruppe - vor al- lem durch sein publizistisches Wirken insbesondere im Rahmen seiner Tätigkeit als Familienforscher - mit der „Adalbert-Stifter- Medaille“ aus. Umgangs-, Unterrichts-, Amts- und Schriftsprachen in der Donaumonarchie Sein profundes geschichtliches und geographisches Wissen stellte Ofner wenig später in seinem knapp zweistündigen Vor- trag unter Beweis und nahm die Gäste mit auf eine - mit umfang- reichem Karten- und Bildmaterial illustrierte - historische Rund- reise durch die alte österreichisch- ungarische Donaumonarchie und verblüffte die Anwesenden mit seinem umfangreichen De- tailwissen und zahlreichen geschichtlichen Anekdoten. Hans Dama und die Banater Enzyklo- pädie Die Filiale Temeswar der Rumänischen Akademie der Wissen- schaften hat Hans Dama als Mitarbeiter an der „Banater Enzy- klopädie“ (Enciclopedia Banatului) herangezogen und wird die Beiträge zu diversen Themen - wie Bildungseinrichtungen bzw. -wesen, Geschichte, Kirche, Kunst, Tourismus, Verwaltung, Volkskunde, Wissenschaft, u.a. bzw. deutsche Persönlichkeiten aus dem ungeteilten Banat - mit Hilfe von Landsleuten aus ver- schiedenen Fachkreisen koordinieren. bzw. Ungarndeutschen lustig gemacht. Europa habe auf seinem Weg in eine friedliche Zukunft eine große Chance verpasst, als es die Deutschen nach Kriegsende nicht alle liquidiert hat, wie es der sowjetische Politkommissar Ija Ehrenburg 1945 vorgeschlagen hatte - habe einer der Dis- kutanten süffisant eingeworfen, worauf die anderen Teilnehmer amüsiert gelacht hätten, berichtet die regierungsunabhängige Wochenzeitung Magyar Hang (Ungarische Stimme). Im heutigen Ungarn gebe es doch kaum mehr Schwaben, versuchte einer der „niveauvollen“ Redakteure die Teilnehmer ob der „deutschen Gefahr“ zu beruhigen. Die ironische Unbekümmertheit und Taktlosigkeit in der von einer Budapester Literaturagentur produzierten Sendung Log- buch (Hajónapló) ist an Geschmacklosigkeit kaum zu überbie- ten. Zum fragwürdigen Selbstverständnis der Diskussionsrunde kommt hinzu, dass sie sich mit ihrer beleidigenden pseudoin- tellektuellen TV-Diskussion in der Form einer Clownerei an dem wohlklingenden Namen Petőfis, eines der bekanntesten Lyrikers Ungarns im 19. Jh., ansippen. Gegen die verächtlichen und respektlosen öffentlichen Verlaut- barungen und Beleidigungen aller Deutschen haben die Vorsit- zende der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen, Frau Ibolya Hock-Englender, und der ungarndeutsche Parlamentsab- geordnete Emmerich Ritter entschieden protestiert. Die Sendung Logbuch war der Auftakt einer TV-Folge, die von jungen Fernsehjournalisten gemacht wird. Der Direktor des Pe- tőfi-Literatur-Museums (PIM) in Budapest, Demeter Szilárd, be- zeichnete sie als eine der feinsten und unabhängigsten Fernseh- redaktionen des ungarischen Sprachraums. Über das staatliche Petőfi-Museum erhielt die Logbuch- Redaktion aus staatlichen Fördermitteln eine halbe Million Forint für ihre „niveauvollen künstlerischen und kulturellen“ Beiträge im öffentlich-rechtlichen Fernsehen des Landes - für die Verbreitung von niveauloser chauvinistischer Beleidigungs-„Kultur“. Fazit zum widerlichen Polithappening von Hajónapló am Vertrei- bungsgedenktag: Wissen die jungen Leute überhaupt, worüber sie in ihrer TV-Sendung reden? Haben sie eine Ahnung, was die allermeisten Ungarndeutschen während und nach dem Zweiten Weltkrieg erleiden mussten? Interessiert sie das überhaupt oder folgen sie bedenkenlos den Spuren des wortmächtigen ungari- schen Rassenapostels der Dreißiger- und Vierzigerjahre in unse- rer Heimat, Dezső Szabó, der zwar nicht von der Liquidierung der Juden und Schwaben des Landes sinnierte, für ihre radika- le Verdrängung und Vertreibung aber nicht laut genug agitieren konnte. Dama sieht darin die Möglichkeit, viele verdiente Banater Per- sönlichkeiten und deren Verdienste um die Banater Deutschen in der Enzyklopädie zu präsentieren und diese dergestalt auch den rumänischsprachigen Lesern vertraut zu machen. Merkwürdigkeiten s Schiffbruch bei „Logbuch“ Von Dr. Johann Till Ausgerechnet am Gedenktag der Vertreibung der Deutschen aus Ungarn, am 19. Januar 2020, haben sich in einer aus öffentlichen Mitteln gespeisten ungarischen TV-Sendung junge Intellektuelle über die Geschichte und die Erinnerungskultur der Deutschen SoNNTAGSBLATT Neue Entwicklungen in der „Logbuch”-Affäre Von Richard Guth (Februar 2020) Das Sonntagsblatt hat mehrfach über eine On- line-Sendung der Literaturagentur Petőfi berichtet („Gumiszoba” als Schlussteil der Sendung „Hajónapló”), in der Deutsche dif- famierende Aussagen getroffen wurden. Die „Gumiszoba”-Pi- lotsendung wurde am Gedenktag der Verschleppung und Ver- treibung der Ungarndeutschen ausgestrahlt und führte zu Protesten. Gut einen Monat nach der Sendung (die nun über einen vom Onlineformat „Hajónapló”- also Logbuch - unabhän- (Fortsetzung auf Seite 10) 9