Sonntagsblatt 1/2019 | Page 25

schen zum Deutschtum. Die wichtigste Kulturorganisation der Karpatendeutschen ist der „Karpatendeutsche Verein in der Slowakei“, der sieben regionale Zentren hat. Seine einzige Zeit- schrift ist das Monatsblatt „Karpatenblatt“. Sein Museum, das „Karpatendeutsche Museum“, liegt unweit des Museums der Kultur der Slowakeimadjaren (Szlovákiai Magyar Kultúra Múzeu- ma) in der Pressburger Altstadt. Er verfügt über zwei deutsch- sprachige Kindergärten, der eine ist in Pressburg, der andere in Käsmark. Es gibt sechs Ortschaften mit erweitertem Deutsch- unterricht bzw. wo man Fächer in deutscher Sprache unterrich- tet, falls Lehrkräfte zur Verfügung stehen. Unterricht in deutscher Sprache erfolgt an der Deutschen Schule Pressburg (DSB) und es gibt zwei bilinguale Gymnasien, das eine in Pressburg, das andere in Deutschendorf/Poprad. Das Fórum-Institut beschäftigt sich primär zwar nicht mit der Er- forschung der deutschen Minderheit, denn darauf konzentrieren sich eher die bereits genannten Organisationen. Aber es ver- sperrt sich dem auch nicht. Zum Beispiel hat das Fórum-Institut die Monografie „Nemci na Slovensku” (Deutsche in der Slowakei) von Magdaléna Horváthová herausgegeben. Der Historiker Attila Simon hat sich mit den deutschen Parteien der Zwischenkriegs- zeit beschäftigt bzw. es finden Aufsätze, die sich der deutschen Minderheit widmen - auch in unserer Zeitschrift „Fórum Kisebb- ségkutató Szemle”, die viermal im Jahr erscheint, ihren Platz. SB: Wie denkt man in der Slowakei über die Lage der ungar- ländischen Slowaken? ZSL: Soviel ich weiß, beschäftigen sich die Menschen genau- so wenig mit dieser Frage wie die Menschen in Ungarn mit der madjarischen Minderheit in der Slowakei. Es gibt sogar welche, die gar nichts von unserer Existenz wissen. Diejenigen, die sich irgendwie für die Lage der slowakischen Minderheit in Ungarn interessieren, setzen da an, dass es ja in der Slowakei so viele Madjaren gäbe, während man die Slowaken in Ungarn madjari- siert hätte. SB: Lassen Sie uns zum Schluss in die Zukunft blicken: Wel- che Zukunft erwartet die Slowakeimadjaren? ZSL: Die Zukunft der Slowakeimadjaren ist in vielerlei Hinsicht mit der der Slowakei verbunden, denn hier leben wir, es ist unser Vaterland. Und was uns die Zukunft bringt? Kann ich nicht vo- raussagen. Eins ist klar: Trotz Klagen lebte es sich in der Slo- wakei noch nie so gut wie gegenwärtig; dies gilt auch für die Madjaren, obwohl es ja, wie auch anderswo, regionale Unter- schiede gibt. Eine andere Frage ist, ob die Slowakeimadjaren eine Zukunft haben. In der besagten Studie sagten 95%, dass wir unser Madjarentum bewahren sollen. 87% meinten, dass der Staat die nationalen Minderheiten darin unterstützen sollte, dass diese ihre nationale Identität bewahren. Und auf wen kommt es beim Fortbestand der Madjaren in der Slowakei an? Nach den Befragten: auf den jeweiligen slowaki- schen Staat (4,5%), die MKP (1,7%) und die Most-Híd (0,3%). 92% meinten, dass es auf die Madjaren selbst ankomme, d. h. Schlüssel des Fortbestands ist das Individuum. Auf die Frage jedoch, was man zum Fortbestand der Slowakei- madjaren beitragen könnte, gab es viel verhaltenere Reaktionen: 43% sagten, dass sie in der Lage wären, einen Beitrag zu leis- ten und zwar mit konkreten Dingen. Die Mehrheit jedoch äußerte sich ziemlich unverbindlich - und das, obwohl ohne einen aktiven Beitrag der Betroffenen nichts funktionieren kann. SB: Frau Dr. Lampl, vielen Dank für das Interview! Das Interview führte Richard Guth. SoNNTAGSBLATT Slowakische Schule im madjarischen Dorf Schulstreit in Rohovce/Nagyszarva offenbart Schicksals- fragen der madjarischen Minderheit in der Slowakei Von Richard Guth Die Schnellstraße von Pressburg nach Niedermarkt (Dunajská Streda/Dunaszerdahely) ist erst im Bau, aber die Konsequen- zen spüren die Alteingesessenen der Großen Schüttinsel (Žitný ostrov/Csallóköz) bereits jetzt. Denn die slowakischen Zuzügler sind bereits da und stellen mittlerweile ein Fünftel der Bevölke- rung der 1200 Seelen-Gemeinde. Im Mai sorgte eine Petition von slowakischen Eltern für Diskussionen, die sich - es ging um zwei Familien, die von anderen slowakischen Familien der Um- gebung unterstützt wurden - eine slowakische Schule wünsch- ten. Eine öffentliche Gemeinderatssitzung wurde einberufen, an deren Ende sich die Mitglieder des Gemeinderates einstimmig gegen die Einrichtung slowakischer Klassen entschieden. Die slowakische Elterninitiative wies in einem Bericht auf dem Portal bumm.sk darauf hin, dass die nächstgelegene slowakische Grundschule in Sommerein/Šamorín aus Platzgründen keine Schüler mehr aufnehmen könnte und die Schüler deswegen nach Gabčikovo/Bős fahren müssten, was 45 Minuten entfernt liegt. Nach der Argumentation dieser Elterninitiative würden die slowakischen Klassen die madjarischen Schulen stärken, die mit Schülermangel kämpfen würden. Wie das Portal korkep.sk in einem Bericht anmerkte, war sich wohl jeder sicher, dass die Geschichte damit nicht zu Ende war. Denn die Stimme der Rohovcer Slowaken wurde auch in Pressburg erhört, Ministerpräsident Peter Pellegrini nahm sich höchstpersönlich der Sache an. Im Dezember wurde von einem Smer-Abgeordneten eine Gesetzesänderung eingebracht (Dass Anträge von einem Wahlkreisabgeordneten eingebracht werden, wird auch in Ungarn munter praktiziert, damit lassen sich Abstim- mungsrunden mit den Betroffenen vermeiden. In Deutschland ist das weitgehend unüblich, im Bundesland Sachsen dürfen nur Fraktionen oder mindestens sieben Abgeordnete einen Antrag einbringen.), die die slowakeimadjarische Presse kritisch bewer- tet, obwohl einer der madjarischen Koalitionsabgeordneten von der Partei Most-Híd, Péter Vörös, der übrigens für die Vorlage stimmte, diese als eine Chance für die madjarischen Zwerg- schulen sieht. In der Tat wurde die Mindestschülerzahl bei der Einrichtung von Klassenzügen oder gar Gründung von Schulen abgeschafft, dennoch ist man madjarischerseits der Meinung, dass das nicht den ungarischen Schulen nützen werde. Das modifizierte Bildungsgesetz schreibt die Gründung von Schulbe- zirken (die Trägerschaft von Schulen ist in der Slowakei Sache der Kommunen) vor und sollten sich die betroffenen Kommunen nicht einigen können, dann würden Schulbezirke von den Be- zirksregierungen festgelegt. Das größte slowakeimadjarische Presseorgan „Új Szó” spricht in diesem Zusammenhang von „slowakischer Schule auf Befehl”. Als problematisch sieht der von „Új Szó” befragte Jurist János Fiala-Butora die Regelung an, dass der Staat für die Unterhaltung neu einzurichtender Klassen keine zusätzlichen Mittel bereitstellt. So könnte es laut diesem Experten vorkommen, dass die Bezirksregierung die betroffene Kommune zwingt, eine Klasse sogar mit vier Schülern zu eröff- nen, aber eben ohne zusätzliche Mittel. Ein befragter Schulleiter bestätigte, dass die Schulen in der Slowakei mit Klassenstärken von mindestens zwanzig Schülern rentabel zu betreiben seien. Auch eine Vertreterin der oppositionellen Partei der Madjarischen Koalition (MKP), Beáta Kiss, äußerte sich gegenüber dem Portal parameter.sk kritisch und spricht von „staatlicher Arroganz”. Da- rüber hinaus sagte Fiala-Butora, dass die Neuregelung gerade solchen Gemeinschaften zugutekomme, die sich neu gebildet haben und über keine politische Vertretung in den kommunalen (Fortsetzung auf Seite 26) 25