Selbstverwaltungsorganen verfügten, aber schulpflichtige Kinder
hätten so wie die Eltern in Rohovce. Die Neuregelung, so der
Jurist, bringe kaum Vorteile (eine Zusammenarbeit der Kommu-
nen im Bildungsmanagement sei auch vorher möglich gewesen),
aber würde andere Probleme, wie das der Schulbusse weiterhin
nicht lösen.
Gemeint war hier ein Programm der Regierung, Schüler aus Dör-
fern ohne eigene Schule in ferner gelegene Schulstandorte zu
transportieren. Das Pilotprojekt, das vor anderthalb Jahren ge-
startet wurde, wird von der Presse und der madjarischen Ge-
meinschaft ebenfalls kritisch begleitet. Der erste Bus, den unter
anderem Verkehrsminister Árpád Érsek (Most-Híd) übergab,
brachte Kinder aus den madjarischen Dörfern Dobrohošť/Do-
borgaz und Vojka nad Dunajom/Vajka in die slowakische Schu-
le von Karlburg/Rusovce, heute ein Ortsteil der slowakischen
Hauptstadt, während madjarische Schüler mit öffentlichen Ver-
kehrsmitteln die ungarische Schule in Gabčíkovo/Bős ansteuern
müssten. Das Portal „Körkép“ veröffentlichte den Meinungsartikel
einer slowakeimadjarischen Mutter, die auf die mögliche Trag-
weite der Eröffnung von slowakischen Schulen in überwiegend
von Madjaren bewohnten Ortschaften, in den es vorher nur eine
ungarischsprachige Schule gab, hin: „Es ist leider Gottes eine
Erfahrung, dass wenn man zwischen der ungarischen und slo-
wakischen Schule wählen kann, nicht wenige madjarische Eltern
dem Spruch Glauben schenken, dass „das Kind mit der slowa-
kischen besser fährt“.“ Auch andere Kommentatoren befürchten
gravierende Auswirkungen auf die madjarische Schullandschaft
und bringen konkrete Beispiele, bei denen die Eröffnung slowa-
kischer Klassenzüge auf Kosten der ungarischen geschehen sei.
Die Vertreter der Elterninitiative in Rohovce begrüßten natürlich
die Neuregelung und betonen, dass es wichtig sei, dass jedes
Kind in seiner Muttersprache lernen kann. „Dass die Kinder slo-
wakischer und madjarischer Natonalität in demselben Gebäude
lernen werden, wird zur Entstehung guter Beziehungen beitra-
gen“, meinte Slávka Brontvajová, Mitglied der Elterninitiative.
Sonntagsblatt und Wirtschaft
s
Ungarndeutsche Unternehmen/r im
Portrait: Elisabeth Möllmann
Von Richard Guth
Elisabeth Möllmann, wohnhaft in Moor. Der Name, der mir im
Facebook zufällig begegnete, machte mich stutzig. Eine Bundes-
deutsche, die sich in Moor/Mór niedergelassen hat (zumal mir
der Familienname als Moorer Name nicht geläufig war)?! Oder
doch eine Schwäbin, die sich der „alten Gewohnheit” widersetzt
und in der Öffentlichkeit ihren deutschen Vornamen trägt (was
uns seit der Wende auch offiziell erlaubt ist)?!
Wie ich im Gespräch mit Elisabeth Möllmann erfahren habe, liegt
die Wahrheit in der Mitte: Elisabeth Möllmann ist als Elisabeth
Stahl im nahe gelegenen Pußtawam/Pusztavám geboren und
wuchs bis zu ihrem 23. Lebensjahr in Ungarn auf. „Man nannte
mich schon in der Kindheit Elisabeth, wir sind ja Deutsche und
sprachen zu Hause in Pußtawam auch deutsch. In Deutschland
nannte man mich ebenfalls Elisabeth”, so die Unternehmerin. Als
Personalabteilungsmitarbeiterin bei der Firma Ikarus Pußtawam
hat sie ihren späteren Mann Günter aus Lotte bei Osnabrück
kennen gelernt, der zusammen mit dem legendären Industrie-
unternehmen Ikarus ein Gemeinschaftsunternehmen gründete.
Es folgten 18 Jahre Deutschlandaufenthalt, ehe kurz nach der
Wende die Familie teilweise nach Ungarn zog. Dabei hatte sie
nach Erzählungen der Unternehmerin mehrere Standbeine: Das
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Unternehmen Frimo, das auch heute noch in Moor ansässig ist
und 300 Mitarbeiter beschäftigt, und den Familienbetrieb im Be-
reich Gastgewerbe, der in den letzten Jahren eine enorme Ent-
wicklung hinter sich gebracht hat. Seit dem Tod des Ehemannes
ist die Familie hauptsächlich in der Gastronomie tätig.
Elisabeth Möllmann
Angefangen hat alles, als die Eheleute Möllmann ein herunter-
gekommenes Schwabenhaus in der ersten Straße, die in der An-
siedlungszeit besiedelt wurde, erwarben und originalgetreu reno-
vieren ließen. Eigentlich wollten sie, so Elisabeth Möllmann, eine
Wohnstätte für die Familie und Unterkunftsmöglichkeiten für die
Geschäftspartner schaffen – aus den anfänglichen acht Zimmern
des Gasthofs zur Alten Weinpresse wurden im Laufe der Zeit 32,
indem die Möllmanns nebenstehende Höfe aufkauften. Hinzuge-
kommen ist ein Restaurant mit schwäbischen Spezialitäten: „Das
hat hier damals kein Mensch gemacht”, erinnert sich die Unter-
nehmerin. 2000 wurde der Reiterhof mit Reithalle gegründet, mit
30 Boxen, die man heute vermiete. Versorgt würden die Tiere mit
Futter, was auf den Feldern, die die Familie infolge der Wieder-
gutmachung zurückerstattet bekam bzw. erwerben konnte, an-
gebaut werde. Das Wellness Hotel „Hétkúti” eröffnete 2004 seine
Toren – ein besonderes Augenmerk möge der Besucher auf die
Wandmalerei der Außenfassade richten, so Möllmann, die als Er-
innerung an die ersten sieben Schwabenfamilien, die 1690 nach
Moor kamen, von der Familie in Auftrag gegeben wurde. Ein
Nachfahre dieser sieben Familien ist der im vergangenen Jahr
verstorbene Wendelin Schindele, der nach Worten von Elisabeth
Möllmann besondere Verdienste bei der Ansiedlung deutscher
Firmen nach der Wende erworben habe. Ein besonderes Unikat
des Familienunternehmens stellt die Galloway-Farm dar; die von
der Familie Möllmann nostrifizierten Galloway-Rinder leben auf
einem 60 Hektar großen Gelände in freier Wildbahn. Das ver-
arbeitete Fleisch der Tiere wird für das Restaurant bereitgestellt.
Das Familienunternehmen beschäftigt mittlerweile 50-55 Mitar-
beiter („wir sind groß geworden”) und erzielt einen Jahresumsatz
von 400 Millionen Forint (1,25 Millionen Euro). Es gäbe für jedes
Ressort verantwortliche Mitarbeiter. Sorgen würden der Unter-
nehmerin der Arbeitskräftemangel und der Druck aufgrund des
deutlich höheren Lohnniveaus im westeuropäischen Ausland be-
reiten – die Arbeitnehmer würden sich an westeuropäischen Ge-
hältern orientieren, was sich nach Elisabeth Möllmann in Ungarn
aufgrund der geringeren Kaufkraft immer noch kaum erwirtschaf-
ten ließe. Die Kundschaft sei zudem preissensibel, man feilsche
oft um 500 Forint (1,50 Euro), so Möllmann. Als weitere Schwie-
rigkeit erweise sich die immer geringere Bereitschaft junger Leu-
te, die im Gastgewerbe üblichen Einsatzzeiten zu akzeptieren.
Früher hätte es in Moor viele gegeben, die Deutsch sprachen,
mittlerweile dominiere das Englische, Deutsch würden die Arbeit-
nehmer nur noch als Zweit- oder Drittsprache sprechen. Darüber
hinaus „sind sie schockiert, wenn man die Sprache verwenden
muss”. Nach Möllmann sollte man an den Schulen den Schwer-
punkt anstelle des Grammatikunterrichts auf die Kommunikation
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