legen. Auch in der Kundschaft des Hotelbetriebs hätten sich in
den letzten Jahren, Jahrzehnten Veränderungen vollzogen: Heu-
te spricht man von einer gemischten Kundschaft, nicht zuletzt
aufgrund der veränderten Eignerstruktur der Moorer deutschen
Firmen, die globaler aufgestellt sind als noch vor 15-20 Jahren.
Auf die Kundenwünsche versuche man flexibel und schnell zu
reagieren, auch als Konsequenz veränderten Buchungsverhal-
tens: „Früher erreichten uns in der Woche hundert Briefe, heute
tausende E-Mails und Anfragen. Wir sind natürlich auf allen Bu-
chungsportalen präsent.” Im Falle der Konkurrenz, die Elisabeth
Möllmann „Mitstreiter” nennt, bemühe sie sich um gute Kontakte,
so auch mit dem aus der Schweiz heimgekehrten Paul Molnár,
der gerade einen 130 Hektar großen Weinbesitz aufbaut. „Das
ist die Rettung für den Moorer Weinbau”, so die Einschätzung
von Möllmann. Mit ihrer zweisprachig aufgewachsenen Tochter
Esther und ihrem Schwiegersohn Csaba, die gerade ein Kind
bekommen haben, scheint die Zukunft des Familienbetriebs ge-
sichert zu sein.
Elisabeth Möllmann engagiert sich aber nicht nur im unterneh-
merischen Sinne: Ihr liegt nach eigenem Bekunden sehr viel an
der Förderung der deutschen Sprache und Kultur im Landkreis
Moor: Sie hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Program-
me organisiert und alte Traditionen wiederbelebt: So auch den
Weiberfasching am 11. 11. (um 11:11), den viele von uns nur
noch aus den rheinischen Karnevalshochburgen Düsseldorf,
Köln und Mainz kennen. Er war auch in der Moorer Gegend
Tradition, wahrscheinlich brachten die Ahnen diese Fasnet-Tra-
dition aus der alten schwäbischen Heimat mit – denn an die-
sem Tag durften Frauen den Weinkeller betreten, was an den
restlichen Tagen nur Männern vorbehalten war. Darüber hinaus
hat Elisabeth Möllmann die Veröffentlichung der Ortschronik von
Alois Schwartz unterstützt und ist unter anderem als Vorsitzen-
de des Deutschen Nationalitätenchores von Pußtawam tätig.
Dabei beobachtet sie, wie schwierig es geworden sei, Leute zu
mobilisieren und sie dazu zu motivieren Verantwortung zu über-
nehmen. Die Älteren wollten nicht mehr, unter den Jüngeren
gäbe es welche, die sich, zum Beispiel in der Pußtawamer Tanz-
gruppe, engagierten und sagen würden: „Es wäre gut, wenn es
einen Ort gäbe, wo man nur deutsch sprechen würde.” Diese
Jugendlichen nennt Elisabeth Möllmann „Fackelträger”. Auf der
anderen Seite gebe es viele, die sich völlig abschotten würden
und nichts mit dem Deutschtum zu tun haben wollten, obwohl
ihre deutsche Herkunft mehr als deutlich ist. Erfreulich findet die
Unternehmerin, dass in ihrem Heimatort sowohl Kindergarten als
auch Grundschule von der örtlichen deutschen Selbstverwaltung
getragen werden: „Dort fängt es an”, resümiert sie.
Ansichten - Einsichten
s
mein (ungarn-) deutschtum (30)
Klara Mester (Mahler) aus Elek über
die Beziehung von Herkunft und Identität
„Ich bin Ungarin mit einer - sowohl geographisch als auch his-
torisch und sprachlich – verzweigten Geschichte der Vorfahren.
Durch das Germanistikstudium, durch Verwandte und Freunde
in beiden Teilen von Deutschland (vor der Wende), durch die
Tätigkeit als Reiseleiterin und Dolmetscherin in der Studenten-
zeit, durch eine vielseitige Arbeit als Deutschlehrerin, durch das
Pflegen des väterlichen Nachlasses zum Thema „Eleker Deut-
sche“, durch das „Liebgewonnen“ der deutschen Sprache und
Kultur habe ich angefangen nach meinen Wurzeln zu suchen.
Dazu kommt jetzt auch eine Erinnerungs- und Forschungsarbeit
in meinem Heimatort. Es ist jedenfalls keine einseitige, nur das
Deutschtum betonende Identität, die ich „gefunden habe“.
SoNNTAGSBLATT
„Passt es wirklich in Ihr Blatt?”
An Richard Guth war die Frage gerichtet, nachdem er mich ge-
beten hat über das Thema „Ungarndeutschtum” zu schreiben.
(Grund dafür waren - während einer Studienreise - einige kri-
tische Bemerkungen zum Thema Muttersprache, Gründe des
Sprachverlustes, Deutschunterricht etc. Auf seine Ja-Antwort
kommt jetzt eine etwas längere Erörterung. Eine durchschnitt-
liche Geschichte einer “Monarchiefamilie“ aus der Region des
Banats und der Werdegang einer „ungarndeutschen“ Familie aus
dem heutigen Komitat Bekesch im 20. Jahrhundert - als Vorge-
schichte meiner eigenen.
Die mehrsprachigen Urgroßeltern
Als vor Jahren die Esszimmergarnitur meiner Großmutter in
unserem Haus Platz fand, dachte ich nur an die Vorteile des
großen, praktischen Tisches. Für heute wurden mir diese Gar-
nitur und ein altdeutsches Sofa ein „symbolischer Rahmen” für
unsere Familiengeschichte. Das Esszimmer stammt nämlich aus
Nagybecskerek/Großbetschkerek/Zrenjanin im Banat/Vojvodina
(heute Serbien), wo die Wurzeln meiner Mutter - mütterlicher-
seits - zu finden sind, das Sofa aus Elek (früher am Rande des
Banats, heute Ungarn, Komitat Bekesch), woher mein Vater
stammt. Auch zwei große Porträts ergänzen den Raum: von
Wenzel Hruschka (geb. 1851, Horní Bucice/Oberbutschitz - Böh-
men) und Laura Wichtner (geb. 1853, Pétervárad/Peterwardein
bei Neusatz, Vojvodina). In Großbetschkerek sprach die Familie
deutsch, aber der Vater Wenzel Hruschka – als Unternehmer und
Mühlenbesitzer - beherrschte fünf Sprachen. Die Mutter, Lau-
ra Wichtner, konnte nur Deutsch, Beweis dafür sind die an sie
geschriebenen Briefe. Als Folge des Ersten Weltkrieges verlor
Wenzel Hruschka sein Vermögen, nach der Grenzziehung von
Trianon fiel seine Mühle auf die rumänische Seite. In den letzten
Lebensjahren, Ende der 1930er Jahre, fand das Ehepaar bei der
jüngsten Tochter in Kétegyháza/Ungarn Obdach. Sie haben hier
auch ihre letzte Ruhestätte gefunden.
Die Geschichte der Vorfahren in Elek ist einbahnig: 1724 kamen
die ersten Ansiedler - nach der 150-jährigen Türkenherrschaft
– hier, in einer verödeten Gegend an; viele aus Gerolzhofen/
Unterfranken, darunter die Ahnen der Großmutter meines Vaters
(Theresia Zielbauer 1864-1948, Elek). Alle seine Vorfahren sind
aus der „Eleker Sippe“; hier geboren und gestorben.
Der größte Teil der Bewohner von Elek hat „ihre deutsche Mutter-
sprache“ - besser gesagt ihren bayrisch-fränkischen Dialekt - bis
1946 behalten. Da wurden 90% der Einwohner vertrieben. Mehr-
sprachigkeit war schon im 19. Jahrhundert in Elek vorhanden;
unter den Dienstpersonen waren nämlich viele Rumänen und
in der Gemeindeverwaltung auch Ungarn (Madjaren). Auch ein
Foto bzw. Tableau mit der Gemeindeverwaltung aus dem Jah-
re 1892 fand Platz bei uns. Das Bild ist ungarisch beschriftet:
„Elek község elöljárósága 1892-ben”. Der Richter hieß Vilmos
Magyar, die meisten Personen hatten einen deutschen Namen.
Alois Mahler, der vereidigte Verwalter der Gemeindeziegelei, Mit-
glied des Schulvorstandes („téglagyári esküdt”, az „iskolaszék
tagja”) musste wohl auch schon Ungarisch können. - Er war der
Großvater meines Vaters.
Und wenn sich heutzutage die Großfamilie um den oben erwähn-
ten großen Esstisch versammelt, ist die für meine Urgroßeltern
typische Mehrsprachigkeit in der vierten und fünften Generation
wieder vorhanden. Deutsch ist dabei stark vertreten.
Deutschkenntnisse der Nachkriegsgeneration, mein Werde-
gang
Ich bin in Elek geboren, bis zum Abschließen des örtlichen Gym-
nasiums hier zur Schule gegangen. Meine Tage/Jahre – beson-
ders als Kleinkind – vergingen in der Achse Elek-Kétegyháza,
(Fortsetzung auf Seite 28)
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