me für Studenten auf die ersten drei-vier Jahre des Berufslebens
(dazu habe ich in der letzten Nummer (04/2018) unter dem Ti-
tel „Zweifel angebracht” einen längeren Kommentar verfasst)
und besondere Fördermaßen für die Lehrerbildungsanstalten
und schulischen Einrichtungen, deren Inhalt in der Rede von
Emmerich Ritter nicht näher erläutert wird. Darüber hinaus soll
das fehlende Glied - das System von Kinderkrippen - ausgebaut
werden. Eine Schlüsselrolle käme den 64 Einrichtungen in der
Trägerschaft einer Nationalitätenselbstverwaltung zu, denn nun
läge die Zukunft der Nationalität – bildhaft und tatsächlich – in
unseren Händen. Diese Einrichtungen würden darüber hinaus
eine Sonderförderung erhalten, was in der Tat mehr als notwen-
dig erscheint, denn seit Sommer sind sie auch für die Gebäude-
erhaltung zuständig – ob die Summe von nun über 1,3 Milliarden
Forint (4 Millionen Euro), also im Durchschnitt 20 Millionen Fo-
rint je Einrichtung, ausreichen wird, wird sich zeigen. Emmerich
Ritter berichtete auch darüber, dass Schulklassen mit bis zu
120.000 Forint (380 Euro) je Schüler bezuschusst werden, wenn
sie ins deutschsprachige Ausland fahren. Als Muster für diese
Maßnahme dient womöglich das Programm für madjarische Kin-
der, um in Form von Klassen- und Studienfahrten Orte in den
Nachbarländern aufzusuchen und so den Geist des „nationalen
Zusammenhalts” zu erleben.
Mehr Geld ist immer erfreulich, gerade wenn es um die zukünf-
tigen Generationen geht. In dem Beitrag „Zweifel angebracht”
habe ich hinsichtlich des neuen Stipendienprogramms Zweifel
zum Ausdruck gebracht: Ein Stipendienprogramm mag bei der
Studienfinanzierung und beim Berufseinstieg helfen, aber es
bleibt zu bezweifeln, ob das in den ersten drei-vier Berufsjahren
gewährte Stipendium junge Leute im Beruf hält. Dies gilt auch für
die Erhöhung der Nationalitätenzulagen, die im konkreten Fall
(Erhöhung zum 1. Januar 2019) keine großen Summen bedeutet.
Es bedürfte einer Lösung, die alle Lehrer betrifft und zwar eine
deutliche Erhöhung der Gehälter, zum Beispiel über die Koppe-
lung der Lehrergehälter an den Mindestlohn - wie ursprünglich
praktiziert, aber ganz schnell wieder abgeschafft. Dies brächte
spürbare Gehaltszuwächse von 90.000 – 120.000 Forint netto
(280-380 Euro) je nach Dienstjahren und Eingruppierung. Ange-
sichts des Lohnzuwachses der letzten Jahre in der Privatwirt-
schaft wäre diese Erhöhung mittelfristig immer noch ein Tropfen
auf den heißen Stein. Der Lehrermangel wird sich in der Zukunft
aufgrund der Überalterung der Lehrerkollegien verschärfen. Was
den Lehrerberuf noch zusätzlich attraktiv machen könnte, wären
die Reduzierung der administrativen Lasten, der Pflichtstunden-
zahl, der Klassengrößen und die Einstellung zusätzlichen sozial-
pädagogischen Fachpersonals. Auch die Stärkung der Autono-
mierechte der einzelnen Schulen (dies gilt ja in erster Linie für
die staatlichen Schulen) wäre ein Schritt in die richtige Richtung.
Dazu bräuchte man aber nicht nur mehr Geld, sondern auch den
politischen Willen.
Das sind Rahmenbedingungen, die alle Schulen in Ungarn glei-
chermaßen betreffen. Dennoch ist die Situation der deutschen
Nationalitäteneinrichtungen speziell, wie auch die aller anderen
Nationalitäten. Ich stimme Emmerich Ritter zu, dass eine Netz-
werkbildung wichtig ist und dass den 64 Institutionen in deutscher
Trägerschaft eine Schlüsselrolle zukommen soll. Dies wirft orga-
nisatorisch die Frage auf, ob es nicht sinnvoll wäre – womöglich
als Ausbau des Ungarndeutschen Pädagogischen Instituts – ein
Landesschulamt einzurichten, das nicht nur die 64 Einrichtungen
betreuen würde, sondern auch die restlichen mit Nationalitäten-
programm, aber in staatlicher Trägerschaft. Die Zahl 64 finde ich
auch unter einem anderen Gesichtspunkt interessant. Denn es
ist eine überschaubare Zahl. Sie ließe sich sicherlich noch um
einige Dutzend erweitern, aber entscheidend in diesem Zusam-
menhang ist, wie Emmerich Ritter an mehreren Stellen betont,
die Qualität. Ein wünschenswerter Mindestmaßstab für mich
wäre die Zweisprachigkeit und an Schlüsselstellen (also in Ort-
schaften mit bedeutender deutscher Bevölkerung) einsprachige
Einrichtungen. „Wie soll das denn gehen im Falle von insbeson-
SoNNTAGSBLATT
dere kleineren Schulen, in denen man eine höchst heterogene
Schülerschaft hat?” würde man zu Recht fragen. Da bedürfte
es einer differenzierten Förderung, mehr Lehrerstellen und nicht
Geldsegen nach dem Gießkannenprinzip. Dass es nie möglich
sein wird, die wünschenswerten Maßnahmen 100 %ig umzu-
setzen, ist mir auch klar. Das Ungarndeutsche Landesschulamt
könnte – wiederum in Anlehnung an die Strategie 2020 – kon-
krete Qualitätsstandards entwickeln und die Einrichtungen könn-
ten mit einer Staffelung der Höhe der Zuwendungen motiviert
werden: Wer mehr (qualitativ hochwertigen) deutschsprachigen
Fachunterricht anbietet, kriegt mehr Geld. So könnte man – be-
zogen auf die Grundschulen - das System der 5-Deutschstunden
plus Volkskundeunterricht endlich aufbrechen, was man damals
in der Wendezeit - aus welchen Überlegungen heraus auch im-
mer - entwickelt hat. Denn fünf Stunden reichen nicht aus, um
die verlorene Muttersprache zurückzuholen, zehn auch nicht.
Eine realistische Chance besteht dann, wenn Zweisprachigkeit
tatsächlich praktiziert wird und nicht nach Beliebigkeit von Jahr
zu Jahr daran gebastelt wird. Ein- und Zweisprachigkeit muss
aber auch gelebt werden – durch die Stärkung der Funktionali-
tät der deutschen Sprache im Kindergarten- und im Schulalltag,
konkret: deutschsprachige Kommunikation auf den Schulfesten,
in den Pausen, unter Kollegen und im Büro - ein Modell, das in
den Nachbarländern funktioniert, natürlich mit einer anderen his-
torischen Entwicklung im Rücken und einer anderen Sprachsitu-
ation. Oft wird auf das Vordringen des Englischen hingewiesen,
was als Gefahr für den Deutschunterricht (sic!) bewertet wird. Ich
meine hingegen: Es wird nur zur Gefahr, wenn man nicht kons-
truktiv handelt – was spricht dagegen, dass die Schüler bereits
ab der ersten Klasse beide Sprachen lernen (Deutsch hier als
einzige oder gleichberechtigte Unterrichtssprache)?! Klar, das
Schulgesetz, aber das lässt sich ohne weiteres ändern!
Entscheidend ist bei all dem, inwiefern es gelingt, die Lehrer-
ausbildung zu reformieren und zu stärken (unter aktiverer Be-
teiligung des Mutterlandes), was auch Ritter in Aussicht stellt.
Denn es braucht angehende Lehrer (Der Mangel an Lehrern,
die deutschsprachigen Fachunterricht (DFU) erteilen können,
ist noch gravierender als im Kreise der Lehrer, die ihr Fach auf
Ungarisch unterrichten.), die die Möglichkeit haben ihr Fach auch
auf Deutsch zu studieren. Denn es ist auffällig, dass ein hoher
Prozentsatz der DFU-Lehrer Deutsch als Zweitfach hat. Aber
auch an Kindergärten herrscht Not: Viele angehende Pädago-
gen werden nach Erfahrungen der Kindergartenleitungen bereits
während des Studiums von Anbietern im deutschsprachigen
Ausland abgeworben. Genauso wichtig ist es, im Kreise der jet-
zigen und zukünftigen Pädagogen einen Mentalitätswandel her-
beizuführen. Dass man nämlich erkennt und sich bewusst macht,
dass Deutsch kein reines Schulfach ist, was man am liebsten als
eine Fremdsprache unterrichtet, sondern Teil des Alltags, Teil un-
serer Identität. Wenn das nicht gelingt - und hier werden höhere
Zuwendungen auch nicht helfen -, dann wird das von Emmerich
Ritter formulierte Ziel, „mögen auch unsere Nachkommen die
(Fortsetzung auf Seite 12)
GEFÄLLT IHNEN DAS
SoNNTAGSBLATT s ?
IHRE SPENDE IST DIE
JA-ANTWORT!
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