tig, deswegen konnte man erwarten, dass die Teilnehmer von
ihm begeistert sein würden, was wirklich geschah. Am ersten Tag
kamen allerdings „lediglich“ Kennenlernspiele zu Stande. Es war
aber kein Wunder, weil die Mehrzahl der Teilnehmer eine stun-
denlange Reise hinter sich hatte; während der Kennenlernspiele
erfuhren wir, dass einige Teilnehmer knapp 11 Stunden gereist
waren.
Der erste Tag war folglich eher ruhigerer Prägung, dafür war
am nächsten Tag programmtechnisch volle Pulle angesagt. Die
Mitglieder der GJU bereiteten für die Teilnehmenden eine tolle
Stadtbesichtigung vor, in deren Rahmen sowohl die bekanntes-
ten Orte als auch die geheimnisvollen Gässchen und Ecken der
Stadt besucht wurden. Die Orte wie die evangelische Kirche, die
Markthalle, die Kettenbrücke und die Burg wurden selbstredend
auch nicht ausgelassen und die TeilnehmerInnen hatten auch die
Möglichkeit, die Stadt auf eigene Faust zu entdecken.
Im Anschluss an die Stadtbesichtigung wurde das sogenannte
„Modell Europaparlament“ gespielt: Die Beteiligten nahmen also
die Rolle von Abgeordneten des EU-Parlaments ein und handel-
ten, als wären sie richtige Politiker und Parteien. Diese Aktivität
fand bei allen Anwesenden einen richtigen Anklang und wurde
als einer der besten Programmpunkte bewertet. Wem würde
übrigens nicht gefallen, Entscheidungen über kostenloses Bier
oder günstige Reisen auf den Mond treffen zu dürfen.
Der Sonntag wurde mit einem Gottesdienst in der hiesigen deut-
schen Gemeinde begonnen, dem sich ein kurzes – dafür aber
sehr angenehmes und aufschlussreiches - Gespräch beim Kaf-
fee und Kuchen anschloss. Die TeilnehmerInnen nutzten dann
sofort die Gelegenheit, ein Foto vom Parlament zu machen,
denn es befindet sich direkt gegenüber der Kirche. Weil Buda-
pest eine große Stadt ist, hätte nur eine einzige Stadtbesichti-
gung auf keinen Fall genügt. Die Teilnehmenden wurden daher
noch einmal in die Innenstadt geschickt, um ihre Schönheiten
und Geheimnisse zu enthüllen. Im Gegenteil zur ersten Besichti-
gung wurde die Aktivität diesmal in Form einer Stadtrallye ausge-
richtet; die TeilnehmerInnen traten während der Rallye in Kontakt
mit Einheimischen, lernten interessante und in den Reisführern
nicht angeführte Sehenswürdigkeiten und Gepflogenheiten ken-
nen und drehten Videos, die später vor allen präsentiert wurden.
Den Tag rundete ein Vortrag des slowakischen Schriftstellers und
Publizisten Michal Hvorecký ab, der über die Haltung der Viseg-
rád-Länder Deutschland gegenüber referierte.
Am letzten Tag des Jahres wurde den TeilnehmerInnen ermög-
licht, ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen und das auf folgende
Art und Weise: Erstens am Vormittag in Kreativen Arbeitskreisen
und anschließend am Nachmittag in Arbeitskreisen. In Kreativen
Arbeitskreisen stellten die Teilnehmenden alle zur Party vorzube-
reitenden Sachen und Dekorationen her wie z. B. Fotoecke oder
Schmuckdecken. Thematisch wurde an Stephanskronen gebas-
telt. In den Arbeitskreisen kam hingegen die intellektuelle Krea-
tivität der TeilnehmerInnen zur Geltung, weil sie sich über die
großen gesellschaftlichen Fragen unserer heutigen Welt – wie
„Jung und Alt“, oder „Arm und Reich“ – Gedanken machen und
etwaige Lösungen finden sollten. Es darf dabei nicht unerwähnt
bleiben, dass einige der Lösungen wahrhaft gescheit waren.
Der Tag ging unglaublich schnell zu Ende und das Jahr unver-
züglich zur Neige. Nach dem intellektuellen und produktiven
„Schmaus“ begaben sich deshalb alle ins Hostel, um sich in
Schale zu schmeißen. Diesen Vorbereitungen folgte eine gro-
ße Silvesterfeier. Sie wurde traditionell mit einem Paarspiel und
Standardtanz in Angriff genommen, denen eine richtige Party
folgte. Die Teilnehmenden unterhielten sich bis tief in die Nacht
und nicht unterlassen wurde es selbstverständlich, das Feuer-
werk um Mitternacht anzusehen. Im Laufe des Abends sprach
man ebenfalls Dankesworte aus und die Junge Aktion nahm
Abschied von einer ihrer Freiwilligen, für die die Silvesterbegeg-
10
nung die letzte Veranstaltung als EVS darstellte: Folglich von mir.
Am ersten Tag des Jahres wurde lediglich die Evaluation durch-
geführt und am Nachmittag fingen alle an, den Weg in Richtung
Heimat einzuschlagen. Alle Teilnehmenden der Silvesterbe-
gegnung rutschten ins Neue Jahr mit einer guten und positiven
Laune, und es muss keinen gegeben haben, der mit der Ver-
anstaltung unzufrieden gewesen war. Das Programm war viel-
fältig, aufschlussreich und unterhaltsam, und bot auch genug
Zeit, die Stadt zu genießen und ihre Atmosphäre vollkommen
einzusaugen. Ich kann mir schwerlich eine andere Veranstaltung
vorstellen, wo ich mich von meinem EVS sowie von dem ganzen
Jahr besser hätte verabschieden können. Das ganze Jahr war
unglaublich toll – das beste Jahr meines Lebens – und die Be-
gegnung hat es perfekt abgerundet.
s
Merkwürdigkeiten
Nur mit mehr Ködj noch kein Erfolg
Ein Kommentar von Richard Guth
zur Rede von Emmerich Ritter in München
Eine treffende Analyse der Situation der deutschen Minderheit
in Ungarn! Ich kann dem von Emmerich Ritter formulierten Ziel,
„mögen auch unsere Nachkommen die deutsche Muttersprache
unserer Vorfahren kennen lernen”, voll und ganz zustimmen.
Es ist richtig, dass die Ungarndeutschen nicht nur ein Sprach-,
sondern auch ein Identitätsproblem haben. Vertreibung und Ver-
schleppung hatten ihren Anteil daran, aber viel entscheidender
war eine Minderheitenpolitik, die die Assimilierung der autochto-
nen Minderheiten in Ungarn zum Ziel hatte – der Anspruch des
sozialen Aufstiegs über die Madjarenwerdung in früheren Zeiten,
die fehlende Intelligenz (jedenfalls in Trianon-Ungarn) als Wah-
rer und Förderer einer (ungarländisch) deutschen Identität und
der Sprachverlust aufgrund fehlender Schulen damals und auch
weitgehend heute noch.
So ist die Feststellung Ritters, dass es nur wenige Kinder gebe,
die die Gelegenheit hätten, mit der deutschen Muttersprache
aufzuwachsen (an dieser Stelle stellt er seine eigene Familie als
positives Beispiel dar), folgerichtig. Die Gründe sind vielschich-
tig, da hat der Abgeordnete Recht, wir können es dennoch ganz
einfach auf den Punkt bringen: Die deutsche Sprache ist für die
große Mehrheit der Deutschen in Ungarn keine Muttersprache
mehr. Es scheint, als hätte sich der Kreis geschlossen, gäben es
nicht die (leider wenigen) positiven Beispiele, die Ritter nennt -
vielfach geht es da um junge Erwachsene, die die Gelegenheit
hatten, die Sprache, nunmehr als fremde Großmuttersprache, an
entsprechenden Einrichtungen, die es durchaus, wenn nicht flä-
chendeckend, gibt, zu erlernen. Es bedarf - in einem stark unga-
rischsprachigen Umfeld, mit den Kindern deutsch zu sprechen
- besonderer Anstrengungen (damit beschäftigt sich auch mein
Beitrag „Mut und Ausdauer können Berge versetzen” in dieser
Ausgabe). Der familiäre Hintergrund ist wichtig, aber – wie die
Erfahrungen der befragten deutschsprachigen ungarndeutschen
Eltern zeigen - der Einfluss der Bildungseinrichtungen ist auch
nicht zu unterschätzen. Daher, da stimme ich Emmerich Ritter
zu, bedarf es genügend Krippen, Kindergärten und Schulen, vor
allem aber auch in qualitativer Hinsicht - Einrichtungen, die „den
Kindern Deutsch als Muttersprache zurückgeben können”, so
der LdU-Abgeordnete.
Ein hehres Ziel, was man versucht mit mehr Geld zu erreichen:
Über die Erhöhung der so genannten Nationalitätenzulage von
10 auf nun 30 % und perspektivisch 40 % des Grundgehalts –
was der Untergrenze einer Schulleiterzulage und der Obergren-
ze für Stellvertreter entspricht, was durchaus für Konfliktpotenzial
sorgen kann –, die Ausweitung bestehender Stipendienprogram-
SoNNTAGSBLATT