soll man eine lokale kulturelle Initiative ähnlich wie die erfolg-
reiche Initiative von „Dél-Szlovákiáért” unterstützen. Die Natio-
nalitätenvielfalt Ungarns ist einmalig und bei deren Bewahrung
muss die aktuelle Regierung stets aktiv teilhaben. Auf lokaler
Ebene findet man bereits jetzt positive Beispiele wie z. B. die
mehrsprachigen Straßenschilder in einigen von Deutschen be-
wohnten Ortschaften. Man muss solchen und ähnliche Initiativen
stets Raum bieten, denn nur durch das Wissen um Vergangenes
und die Stärkung unserer Erinnerungskultur können wir in die
Zukunft bauen.
MSZP
Angesichts dessen, dass der Fortbestand und die Entwicklung
der ungarländischen Minderheiten besondere Zusatzrechte, eine
positive Diskriminierung erfordert, so muss man für die Durchset-
zung einer tatsächlichen Gleichberechtigung im Alltag auch aktiv
etwas tun. In diesem Licht denkt die MSZP, dass die Schaffung
von Zweisprachigkeit in den von Minderheiten bewohnten Ge-
bieten berechtigt ist.
Momentum
Die Ansprüche von Minderheitengemeinschaften sind in der Re-
gel berechtigt, so auch im Falle der zweisprachigen Schilder im
Bahnbetrieb - und sonstigen Straßenschildern -. Wenn solche
Ansprüche gestellt werden, wird sie Momemtum unterstützen.
Minderheiten in den ostmitteleuropäi-
schen Parlamenten: eine funktionsfä-
hige Praxis
Von Stefan Pleyer
Seit 2012 besteht die Möglichkeit für die Minderheiten in Ungarn,
Abgeordnete in das Parlament zu schicken, im Falle, wenn
sie genügend Stimmen von den Wahlbürgern erhalten. Dieser
Schritt der ungarischen Gesetzgebung galt vor sechs Jahren als
eine riesige Erneuerung in der ungarischen Geschichte. Wenn
wir in die Nachbarländer schauen, sehen wir, dass die parlamen-
tarische Vertretung der Minderheiten, Nationalitäten, Volksgrup-
pen in den anderen Ländern des Karpatenbeckens im Laufe der
vergangenen Jahre auch zur Praxis wurde.
Aufgrund des Zerfalls „der alten Welt” in der östlichen Hälfte
Europas 1989-1990 erfolgte eine Neugeburt der demokratischen
Systeme in unserer Region: Neue Parteien, Verfassungen, Wahl-
systeme lösten die frühere kommunistische Nomenklatur ab, um
solche Fragen wie Macht, Landesführung, Vertretung bestimm-
ter gesellschaftlicher Gruppen in eine Europa-fit-Dimension zu
setzen. Dementsprechend mussten sich die postsozialistischen
Länder in einer geistig und politisch nicht gebundenen Athmos-
phäre wieder definieren, was das Staatsvolk ist und wer unter
diese Kategorie fällt. Die rumänische Verfassung aus dem Jahre
1990 beantwortet diese Frage folgendermaßen: „Rumänien ist
ein einheitlicher, unteilbarer Nationalstaat”, darüber hinaus, „die
nationale Souveränität gehört dem rumänischen Volk” (Art. 1).
Obwohl der damalige Akzent in der Neugestaltung nicht darauf
gelegt wurde, aber bereits in den ersten Jahren nach dem ru-
mänischen Systemwechsel erhielten Minderheiten bereits Plätze
im rumänischen Unterhaus, später auch im Senat, gemäß den
neuen Elementen der Verfassung: Das rumänische Wahlsystem
ermöglicht nationalen Minderheiten im Unterhaus Abgeordneten-
plätze zu haben, die zuerst von der madjarischen Minderheit sei-
tens des DVdMR (Demokratischer Verband der Madjaren in Ru-
mänien) besetzt wurden, dahingegen war im Senat die Präsenz
derartiger Minderheitenabgeordneter nicht maßgebend: Wenn
sonntagsblatt
sie überhaupt dort erschienen, waren es größtenteils Madjaren
(mit einer armenischen Ausnahme, Varujan Vosganian, der unter
den Flügeln der NLP ein Mandat errang). Am Anfang führten die
frisch gegründeten Minderheitenparteien aktive Wahlkämpfe
für diese Repräsentation, aber später beurteilte die rumänische
Gesetzgebung ihre Situation so, dass es noch glücklicher und
demokratischer wäre, Minderheitenabgeordnete automatisch,
abgesehen von ihren Wahlergebnissen aufzunehmen. Das kam
ja nicht von ungefähr: Die große Zahl der Madjaren sicherte für
sie eine Art von Hegemonie in der Nationalitätenpolitik, darüber
hinaus buhlten immer mehr neue politische Formationen „um die
Seele ihrer Wahlbürger.” Aus diesem Grunde war eine Reform
im System notwendig: Seit 2003 können die Minderheiten Rumä-
niens einen sicheren festen Sitz im Parlament bekommen (mehr
kann es natürlich auch sein), ganz unabhängig vom Wahlerfolg,
jedoch darf sich nur eine Organisation kandidieren. Dank dem
neuen System arbeiten die Parteien der Minderheiten auch im
Senat effektiver als früher: Beispielsweise übt dort der ungari-
sche DVdMR sein Mitspracherecht mit neun Abgeordneten aus.
Wichtig ist es zu betonen, dass auch die rumänischen Diasporen
neben den Minderheiten einen Abgeordneten delegieren, der
dann das ganze Auslandsrumänentum vertritt.
Das wiederum unabhängig gewordene Kroatien und das gan-
ze Westbalkan waren seit jeher multiethnisch: Seit dem Mittel-
alter, aber auch in den Jahrhunderten danach prägten Serben,
Ungarn, Deutsche, Italiener und Slowaken das Gesamtbild
Kroatiens, nicht umsonst galt dieses Land als ein echtes Span-
nungsfeld ethnischer Konflikte. Wie im Falle Rumäniens sollte
auch die kroatische Elite etwas mit Hilfe juristischer Intrumente
mit der Sache der in Kroatien lebenden Minderheiten anfangen.
Die blutige Geschichte der 1990er Jahre begann jedoch mit einer
heilsamen Neuigkeit: Auch die Weihnachtsverfassung aus dem
Jahr 1990 („božićni ustav”) lässt die Frage der Volkssouveräni-
tät nicht unbeantwortet, der Inhaber dieses Rechtes soll selbst
das kroatische Volk sein, daneben wird anerkannt, dass Kroatien
nicht nur aus einem alleinigen Staatsvolk, dem kroatischen, be-
steht, sondern aus Serben, Ungarn, Deutschen, Österreichern
gleichfalls. Diese Anerkennung bot im Weiteren die Möglichkeit
für eine künftige parlamentarische Vertretung im Sabor (merk-
würdigerweise erscheinen auch die Juden als nationale Minder-
heit und nicht als Religionsgemeinschaft - noch ferner, bezüg-
lich der Weihnachtsverfassung wurde kritisiert, dass sie andere
ethnische Gruppen wie die Bosniaken oder die Roma nicht er-
wähnte). Das Endziel, also die Repräsentation der nationalen
Minderheiten, gelang durch mehrere Phasen in der kroatischen
Politik: Zuerst wurde die Verfassung mit einem Kapitel ergänzt
(„Der Schutz der Menschenrechte und der Grundfreiheiten”), das
war der erste Schritt, einen Abgeordneten ins Parlament zu schi-
cken, jedoch schrieb es dieses Recht „nicht obligatorisch” vor. Im
Jahre 2002 verabschiedete der Sabor ein Nationalitätengesetz,
wonach diese Vertretung für die Minderheiten und den Sabor
verbindlich ist: Es bestimmte eine Mindest-Präsenz, wie im ru-
mänischen Wahlsystem, aber schließt eine größere Fraktion der
Minderheitenorganisationen nicht aus, trotzdem sind diese Wäh-
ler zu einer Doppelwahl nicht berechtigt. Nach einer langen De-
batte bezüglich der Problematik der serbischen Minderheit in der
Zeit des serbisch-kroatischen Krieges (erste Hälfte der 1990er
Jahre) maximalisierte der Gesetzgeber die Zahl der Sabor-Ab-
geordneten der Nationalitäten in fünf Personen (insgesamt):
Solche Minderheiten konnten wählen, deren Anteil weniger als
8% beträgt. In der nächsten Phase wurden diese Verhältnisse
gewissermaßen konsolidiert: Nach der heutigen Zusammen-
setzung des Sabors verfügen die Serben (die größte Minderheit
Kroatiens) über drei Abgeordnete, die zweitgrößte, die Italiener,
über einen, die Madjaren werden durch einen Abgeordneten re-
präsentiert. Weitere Minderheiten wie die Deutschen, Bulgaren
und Romani haben sogenannte „gemeinsame Vertreter”: Zum
Beispiel ist der Abgeordnete Veljko Kajtazi das Sprachrohr der
Österreicher, Deutschen, Polen, Roma, Russen, usw. gleicher-
(Forsetzung auf Seite 10)
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