Im Dienste der ungarndeutschen Jugend
VUK-Jugendbetreuer über ihre Tätigkeit , die eigene Identität und die Zukunft der Ungarndeutschen
Von Richard Guth
Es ist mittlerweile zur Tradition geworden , dass sich ungarndeutsche Familien in der Vorweihnachtszeit zu einem gemeinsamen Familienwochenende versammeln . Auch jedes Jahr mit dabei sind die Jugendbetreuer des Vereins für Ungarndeutsche Kinder ( VUK ), der das Familienwochenende als Organisator zeichnet . Über die Begegnung im letzten Jahr in Tengelic haben wir im Sonntagsblatt berichtet ( Mehr als nur Erholung , SB 01 / 2017 ). Der Schwerpunkt der Berichterstattung lag damals an den ungarndeutschen Familien . In diesem Beitrag erzählen die Jugendbetreuer über Identität , persönlichen Lebensweg und den Sinn des Einsatzes für das Ungarndeutschtum .
Babett Túrós aus Edeck / Etyek begann ihre „ Karriere ” beim VUK als achtjähriges Mädchen und - wie sie sagt - „ einfache VUK-Campteilnehmerin ”. Der VUK nahm damals Kontakt mit der Deutschen Selbstverwaltung Edeck auf , um Kinder für das Ferienlager zu gewinnen . Auf diese Weise lernte Babett , die damals die deutsche Nationalitätengrundschule in diesem von Flucht und Vertreibung schwer gebeutelten Dorf nahe Budapest besuchte , aber die keine deutschen Vorfahren hat , den Verein und das Campkonzept kennen . Die VUK- Jugendbetreuer seien mittlerweile ein eingespieltes Team . „ Anfangs spürte man die Verantwortung nicht , man kam wegen der eingeschworeren Gemeinschaft ”, erinnert sich die Studentin für Geisteswissenschaften . „ Heute spüre ich , wie schön es ist , mit den Kleinen zu arbeiten ”, ergänzte sie . Denn Babett sorgt nicht nur im Rahmen des Familienwochenendes für gute Laune , sondern auch auf dem Sommercamp , das - ähnlich wie das Familienwochende - jedes Jahr an einem anderen Ort stattfindet . Das Jugendlager sollte Angenehmes mit Nützlichem verbinden . Dabei stünden ungarndeutsche Themen im Mittelpunkt : Die Teilnehmer würden einem ungarndeutschen Nachmittag beiwohnen , Ausflüge in Orte mit deutscher Vergangenheit ( und Gegenwart ) durchführen und ungarndeutsche Handwerksberufe ( in „ Zünften ”) kennen lernen . Nach Babetts Eindruck würde die deutsche Sprache in diesem Jugendlager stets präsent sein , dank den zweisprachigen Kindern , von denen einige auch dem Familienwochende 2017 in Dewrenten / Döbrönte beiwohnten .
Etwas ausführlicher berichtete Ladislaus Teleki im Gespräch über das Sprachkonzept der sommerlichen Jugendfreizeit : „ Ab diesem Jahr werden die Kinder nach einem mündlichen Sprachtest in unterschiedliche Gruppen ( Familien ) eingeteilt . Man will auf diese Weise auch Kindern mit geringen oder gar keinen Deutschkenntnissen ermöglichen , sich mit der deutschen Sprache auseinandersetzen . Den zweisprachigen Kindern auf der anderen Seite wollen wir auch entgegenkommen ”, sagt der Student aus dem Branauer Saswar / Szászvár . Er hebt dabei die Bedeutung der Begegnung von deutsch-ungarisch zweisprachigen und ungarischsprachigen Kindern hervor . Man will nach den Worten von Teleki den ungarndeutschen Charakter des Lagers stärken , wenngleich er einräumt , dass man an dem Deutschanteil im Campalltag noch arbeiten müsste , „ eine Aufgabe ”, wie er sagt , „ auch für mich selbst ”. Denn Teleki kommt aus einer madjarisch-ungarndeutschen Familie : „ Mein Vater ist Paloze , meine Mutter eine Deutsche mit dem Familiennamen Wager . Meine Mutter sprach mit mir hin und wieder Deutsch , aber ich verspürte damals eine innere Blockade . So verfüge ich im Moment eher über passive Deutschkenntnisse , die ich aber auf alle Fälle in aktive umwandeln möchte ”, so der Jugendbetreuer . Er kam über die Deutsche Selbstverwaltung und den Deutschen Verein Saswar , in den sowohl seine Mutter als auch sein Großvater mütterlichseits aktiv waren bzw . sind , an den VUK und an den Job des
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Betreuers . Mit der Zeit wurde er Jugendbetreuer und beschäftigt sich nun schwerpunktmäßig mit Singen und Blaufärberei . Das Interessanteste an der Aufgabe sei nach Worten von Pharmaziestudent Teleki das Erlernen des richtigen Umgangs mit Kindern .
Georg Schuckert aus Hartau / Harta ist erst seit Januar 2016 Mitglied des Teams . Er lernte den VUK und den Kreis der Jugendbetreuer Januar 2016 im Rahmen eines Fußballturniers kennen . Dabei habe er in den letzten knapp zwei Jahren einen positiven Eindruck gewinnen können . Die Ferienlagerteilnehmer , die in größter Zahl aus den Gemeinden Edeck und Hartau kommen , sind laut Schuckert mehrheitlich Ungarndeutsche oder Kinder mit ungarndeutschen Elternteilen wie er selbst . Der zwanzigjährige ehemalige Absolvent des Deutschen Nationalitätengymnasiums Budapest ( DNG ) und angehender Geschichtslehrer ( der nach eigenen Angaben sein Fach in deutscher Sprache unterrichten möchte ) hat sowohl madjarische als auch ungarndeutsche Vorfahren . Er selbst bezeichnet sich als Ungarndeutscher . Dabei räumt er hinsichtlich der Zukunft des Ungarndeutschtums solchen Aktivitäten wie Jugendlager und Familienwochenende und den Netzwerken , die dabei entstehen , einen hohen Stellenwert ein . Er meint , dass die Volksgruppe nach der Krise in der zweiten Hälfte des 20 . Jahrhunderts einen Tiefpunkt erlebt hätte , den man nun allmählich überwinden würde : „ Ich sehe eine positive Entwicklung , eine Stärkung , aber im zahlenmäßig bescheidenen Rahmen .”
Merkwürdigkeiten
Deutsche „ Besatzung “ in Hermannstadt ?
Von Patrik Schwarcz-Kiefer s
Die Webseite „ sokszinuvidek . hu “, die zum Nachrichtenportal „ 24 . hu “ gehört , hat einen Artikel über den Weihnachtsmarkt von Hermannstadt / Nagyszeben / Sibiu veröffentlicht . Im Artikel wird die Entwicklung der Stadt gelobt . Eine Aussage hat uns aber aufhorchen lassen : „ Die im Herzen von Siebenbürgen liegende mittelalterliche Stadt wird von den schneebedeckten Karpaten umgeben , und nach der deutschen Besatzung des 12 . Jahrhunderts und der österreichisch-ungarischen Hoheit ähnelt Hermannstadt mehr dem heutigen Nürnberg oder Wien als einer durchschnittlichen rumänischen Ortschaft .“
Man weiß nicht , ob diese Behauptung ein Beweis für die Unwissenheit des Verfassers ( wahrscheinlich ja ) oder eine bewusste Lüge ist , aber was sicher ist , dass es zu 100 % zur Tendenz passt , die die deutsche Bevölkerung von Siebenbürgen als ein fremder Akteur darzustellen gedenkt . So , als ob sie dort nicht einheimisch wären und gewesen wären . Das ist aber eine falsche Meinung . Die Geschichte der Siebenbürger Sachsen ist die Geschichte der ungarischen ( politischen ) Nation ( und damit auch der Deutschen in Ungarn ), die Erfolge der Siebenbürger Sachsen sind unsere Erfolge , ihr Leid macht uns auch betroffen .
Was nicht im engen Zusammenhang mit dem Artikel steht , aber zum allgemeinen Thema passt , ist der heutige ungarndeutsche Standpunkt , wonach die in Ungarn lebenden Deutschen nicht so viel mit den anderen , im Karpatenbecken lebenden Deutschen zu tun haben wollen . Das ist aber falsch , der oben beschriebene Fakt gilt auch hierfür . Die Rumäniendeutschen waren früher auch Deutsche in Ungarn , und auch wenn wir nicht mehr im selben Land leben , sind wir uns aber geschichtlich und kulturell ähnlich . So denkt auch Martin Surman-Majeczki , Mitglied des Jugendausschusses der LdU , das zeigt uns sein Kommentar , wo er sich beleidigt von der Aussage von sokszinuvidek . hu fühlt :
sonntagsblatt