Sonntagsblatt 1/2017 | Page 6

Von der Deutschen Weinstraße biegt Ja - worek in ein Gässchen ab , den Stichelpfad . Wo die Gasse in eine Nebenstraße mündet , wird es interessant für alle , die nach dem Kallstadt-Gen forschen , der Keimzel - le für Unternehmergeist und politischen Erfolg .
„ Wir stehen hier im Prinzip vor diesem Haus , das ist das Trump-Anwesen , aus dem die Familie Trump dann nach USA ge gangen ist ”, sagt Jaworek . „ Also kein riesiges Gebäude , sondern wie hier im Umfeld das eher kleine Gebäude sind .” Ein früheres Weingut , schlicht weiß getüncht mit hellblauem Tor . Klingeln ? Besser nicht . Die Bewohner sind nämlich schwer genervt vom Trump-Medien-Rummel und hatten rund um die US-Wahl ein Schild rausgehängt , das sie ihr Haus wegen des Belagerungs zu stands verkaufen wollen .
Mit „ Donald ”, wie die meisten hier den umstrittenen republikanischen Präsidenten nennen , haben die Bewohner nichts zu tun . Nur zufällig leben sie im Haus von dessen Großvater Friedrich Trump .
„ Also , der Friedrich Trump hat nach dem Besuch der Volks - schule in Kallstadt eine Baderlehre gemacht , also den Friseurberuf gelernt , und hat damals nicht gleich eine Anstellung gefunden , so schreibt er selbst , und hat sich entschlossen , nach Amerika auszuwandern ”, weiß Roland Paul , Auswanderungs-Experte vom Pfälzischen Institut für Geschichte in Kaiserslautern . „ Er war einfach auf der Suche nach besseren wirtschaftlichen Möglichkeiten ”.
Donalds Opa Friedrich – ein illegaler Auswanderer Friedrich , später Frederick , war dann mal weg . Über Nacht . Mit 16 . Als UMF , unbegleiteter minderjähriger Flüchtling . Ohne genehmigten Auswanderungsantrag , wie es in der zu Bayern gehörigen Pfalz vorgeschrieben war , konstatiert der Historiker Roland Paul .
Er habe das Land im Grunde illegal verlassen : „ Er hätte möglicherweise auch gar keine Auswanderungsgenehmigung vom bayrischen Staat bekommen , weil er hier noch seine Militärdienstaus - bil dung hätte ableisten müssen . Da hätte er noch zwei Jahre warten müssen , dann wäre der Militärdienst angestanden , und erst danach hätte er auswandern können .”
Frederick scherte sich aber nicht um die Vorschriften , er fing in New York als Friseur an . Helmut Schmahl forscht am Institut für Geschichtliche Landeskunde der Uni Mainz zur Auswanderung .
Ankunft in „ Little Germany ” in New York Der Historiker weiß , dass es in Manhattan damals noch das Quartier Little Germany gab . Dort habe es schon ein Netzwerk ge - geben , von Menschen , die man kannte , aus der gleichen Heimat - region . „ Man hat alles in deutscher Sprache bekommen können , Zeitungen . Man konnte beim deutschen Metzger einkaufen , sich beim deutschen Barber rasieren lassen ”, erläutert Schmahl . „ Man hat zugleich das Leben in Amerika allmählich kennengelernt und ist dann nach einigen Jahren oder Jahrzehnten weiter gezogen ins Landesinnere .”
Auch Frederick Trump zog weiter in den Wilden Westen und verdiente an den Goldgräbern die ersten Nuggets , mit denen seine Dynastie in der Folge das New Yorker Immobilienvermögen aufbaute .
Trumps Großvater verdiente auch als Bordell-Betreiber Als Wirt , Hotelier und – Bordellbetreiber – Frederick war flexibel
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Donald Trumps Großeltern lebten in Kallstadt . ( dpa / Uwe Anspach )
Eher unspektakulär : Das Haus der Trump-Vorfahren in Kallstadt . ( dpa / Uwe Anspach )
im Service , das entnimmt Roland Paul den historischen Quellen , allerdings : „ Wo er jetzt das meiste Geld gemacht hat , ob mit dem Bordell oder dem Restaurant oder dem Hotel , dass lässt sich sicher heute nicht mehr genau ermitteln .”
Ein illegaler Auswanderer , der in der neuen puritanisch geprägten Heimat die Prostitution anheizt – das dürfte keine Geschichte nach dem Geschmack der AfD sein , die den „ Kallstadt-Impuls ” für den rheinland – pfälzischen Tourismus ausschlachten will . Frederick Trump kehrte übrigens noch ein paarmal besuchsweise nach Kallstadt zurück . Und heiratete dort 1902 ein Nach - bar mädchen aus dem Dorf , Elisabeth Christ . „ Ihr musste er versprechen , dass er mit ihr wieder zurückkommt , falls es ihr in Amerika nicht gefällt , und es hat ihr nicht gefallen ”, erzählt Schmahl . „ Und deshalb ist die Familie – in der Zwischenzeit hatten die eine kleine Tochter – wieder zurückgekommen 1905 , und dann stellte er den Antrag , wieder bayrischer Staatsbürger zu werden , und das ist ihm nicht gewährt worden . Der bayrische Staat habe Nein gesagt ”, er zählt Schmahl : „ Du bis damals ohne behördliche Genehmigung ausgewandert und hast mittlerweile die amerikanische Staatsbür ger schaft . Geh wieder dorthin , wo du hergekommen bist mit deiner Familie .”
Friedrich Trump habe mehrere Versuche unternommen , mehrere Schreiben an die bayrische Regierung geschickt . „ Sogar an den Prinzregenten Luitpold geschrieben , aber es hat alles nichts genutzt , man hat ihn regelrecht ausgewiesen .”
Opa Trump als Abschiebe-Opfer Frederick , Abschiebe-Opfer der bayrischen Obrigkeit , mehrte in Übersee noch 13 Jahre lang sein Vermögen , bevor er 1918 starb , keine 50 Jahre alt . Seine Witwe Elisabeth Trump , geborene Christ , gründete ein Immobilienunternehmen . „ Mithilfe ihrer Söhne , und der eine Sohn , der Vater von Donald Trump , hat das dann zur Blüte gebracht .” Natürlich habe der auch Unterstützungsgelder verwenden können . „ Zum Beispiel in den 30er-Jahren , im Zuge des New Deal . Und so hat die Familie eben ein Millionenvermö - gen aufgebaut .”
In das Donald dann hineingeboren wurde . Er hat seiner ge - schäfts tüchtigen deutschen Großmutter also einiges zu verdanken .
Die Oma war Immigrantin , der Enkel wettert gegen Einwanderer Dass ihr Enkel mit dem Geld der Familie eine millionenschwere einwandererfeindliche Wahlkampagne finanzierte – vielleicht wäre es der US-Immigrantin gar nicht recht . Doch das ist reine Spekulation . Fest steht : Je heftiger Trump den Polit-Rowdy gab , desto mehr rückte der Heimat-Ort von ihm ab . Die Inthro ni - sierung des verlorenen Enkels als US-Präsident – kein Grund für Kallstadter anzustoßen . Trump ist ja erklärter Abstinenzler und könnte das Schwelgen in mineralischen Geschmacksnoten ohnehin kaum verstehen .
Kein Glückwunsch-Riesling aus der Ahnen-Heimat In der rustikalen Probierstube des Weinguts Christ testen Kunden die hauseigenen Kreationen und erinnern daran , dass Kallstadt 1953 Krönungswein nach Großbritannien ausführte . Jungwinze - rin Dominique Christ hatte eigentlich eine Vision : Kallstadt sollte edle Tropfen zur Amtseinführung des US-Präsidenten liefern .
Doch nach der Trump-Kür hat die Jung-Winzerin den Plan ad