acta gelegt, will dazu auch nichts mehr sagen. Was der Rechts -
außen-Republikaner für Kallstadt noch bringt – zu ungewiss,
wehrt sie am Telefon ab. Fazit: Kallstadt zieht nicht mit beim Vor -
schlag der rheinland–pfälzischen AfD, die Spurensuche nach Vor -
fahren Trumps touristisch zu vermarkten.
„Nicht jede Publicity ist gute Publicity”, heißt es im örtlichen
Fremdenverkehrsbüro. Ohnehin hat Kallstadt außer den schmuck -
losen Häuschen der Trump-Vorfahren nichts zu bieten, was sich als
Wallfahrtsort für die Anbeter der Sturmfrisur eignen würde.
Außerdem, so weiß der Historiker Helmut Schmahl, interessie-
ren sich die meisten Amerikaner zwar brennend für Ahnenfor -
schung, allerdings nur innerhalb der eigenen Dynastie. „Und von
daher habe ich schon sehr oft bewegende Momente mitbekom-
men, wenn ein Amerikaner die Kirche besucht, in der schon sein
Urgroßvater getauft wurde, oder wenn er beim Pfarrer die Stelle
im Kirchenbuch sieht, wo der Name seines Urgroßvaters steht.
Wenn man mal das Haus besucht, vielleicht zum Kaffeetrinken
eingeladen wird, wo die Vorfahren herstammen.” Aber es gehe um
die eigene Familie, um die eigene Identität, nicht um die Ver -
ehrung von Promis, stellt Schmahl klar.
Insofern ist bizarrerweise für den Auswanderungs-Tourismus
nur ein wissenschaftliches Institut relevant, und zwar das Institut
für Pfälzische Geschichte in Kaiserslautern. Seit knapp 40 Jahren
erforscht Roland Paul dort Auswanderer-Historie.
„Jeder Pälzer hat än Unkel in Amerika”, sagt der Volksmund
Als Direktor ging er soeben in den Ruhestand, nicht aber als For -
scher, die Materie ist weiterhin ergiebig, denn – wie der Volks -
mund sagt: „Jeder Pälzer hat än Unkel in Amerika.”
Und viele dieser „Unkel” und Tanten kommen einmal im Leben
nach Kaiserslautern, um mehr über ihre Ahnen zu erfahren. Die
verließen die von Kriegen, Hungersnöten, Missernten und politi-
schen Umwälzungen besonders geschüttelte Pfalz großenteils in
wirtschaftlicher Not. Nur in Ausnahmefällen wurden sie politisch
verfolgt, wie im Umfeld des Hambacher Fests von 1832 oder der
48er-Revolution.
In Kaiserslautern können US-Familienforscher eine Kartei mit
Namen von pfälzischen Auswanderern durchforsten. Roland Paul
fand das Verzeichnis schon vor, als er Ende der 70er-Jahre hier
anfing. Die Kartei sei im Ausland, zumindest unter Leuten, die sich
mit Familiengeschichte und Auswanderungsgeschichte beschäfti-
gen, relativ bekannt, sagt er. „Es kommen manchmal im Sommer
täglich Besucher oder Besuchergruppen zu uns, die Daten suchen
in unserer Auswandererkartei, die beispielsweise nur den Namen
ihrer Vorfahren wissen, aber nicht wissen, wo sie hergekommen
sind. Und viele von diesen Besuchern werden dann in unserer
Auswandererkartei fündig und sind dann ganz happy, das wir
ihnen weiterhelfen konnten.”
Elvis Presley glaubte sein Leben lang, er habe schottisch-irische
Wurzeln. Gern hätte der King of Rock’n’Roll Genaueres über seine
europäischen Ahnen gewusst. Seinen Militärdienst bei der US-
Army leistete der 23-jährige GI in Mittelhessen ab, zwei Jahre lang
wohnte er in Bad Nauheim – nur 160 Kilometer nördlich von
Hoch stadt, der wahren südpfälzischen Heimat seiner Vo rfahren.
Doch dass Presley die anglisierte Form des deutschen Familienna -
mens Pressler ist, das wusste der Ausnahme-Musiker damals nicht.
„Der Ur…-Oba vom Elvis kummt aus Houschd”
In Zusammenarbeit mit zwei US-Ahnenforschern fand der Hei -
matkundler Gerd Pressler aus Hochstadt, alias Houschd, die Ver -
bindung zwischen seiner und Elvis’ Familiengeschichte erst vor 20
Jahren heraus: „Der Presslers Gerd, der wäß genau/ un’ sacht, wenn
äner frocht/ Der Ur-ur-ur-ur-ur-Oba vom Elvis – kummt aus
Houschd!”
Donald Presley, Elvis-Cousin sechsten Grades, war gemeinsam
mit dem Historiker Edward Dunn darauf gestoßen, dass sich der
Name Pressler in Hochstadt häuft. Konnte es sein, dass Johann
Valentin Pressler, Elvis-Ahne in zehnter Generation, im Jahr 1709
von hier über London in die Neue Welt aufgebrochen war?
Brieflich fragten die beiden US-Amerikaner den Regionalforscher
und mutmaßlichen Elvis-Verwandten, ob sie vor Ort ihre For -
schungen weiterführen könnten, ob Gerd Pressler ihnen helfen
könnte. „Und das habe ich dann getan, denn es war nicht allzu
schwer, den Valentin Pressler auf Hochstadt zu lokalisieren.”
Jedenfalls, wenn man im Entziffern historischer Kirchenbücher
so sattelfest ist wie der pensionierte Schulleiter Pressler. „Der Elvis
aus der Palz – na ja gut, än richtigen Pfälzer wundert das nicht, wir
haben so viel berühmte Leute in Amerika.”
Außer Trump und Heinz auch eine fiktive Figur: der Roman held
Lederstrumpf geht auf einen Emigranten aus Edenkoben zurück.
Santa Claus – ein Pfälzer „Pelzenickel”
Und der gemütliche Santa Claus ist in Wahrheit ein pfälzischer
„Pelzenickel” – eine Figur aus der Feder des Auswanderers Tho -
mas Nast. Der Begründer der amerikanischen Karikatur – hierzu-
lande bislang so gut wie unbekannt, sogar an seinem Geburtsort
Landau. Den verließ Thomas Nast als Sechsjähriger Mitte des 19.
Jahrhunderts, zunächst nur mit seiner Mutter.
„Nast ist ein typischer Wirtschaftsflüchtling gewesen, denn die
Umstände unter denen die Familie lebte, waren alles andere als
verträglich und auskömmlich”, sagt Hubert Lehmann, Vorsitzen -
der des Landauer Thomas Nast-Vereins. „Das war Not.”
Weil er so jung in New York ankam, integrierte sich Nast schnell.
Er lernte schlecht und zeichnete hervorragend. Mit Anfang 20
stellte ihn das renommierte New Yorker Wochenblatt „Harpers
Weekly” ein.
Fortan kämpfte er mit spitzer Feder für eine freie und gleiche
Einwanderungsgesellschaft – wie in „Uncle Sam’s Thanksgiving
Din ner”. In dieser Zeichnung verkörpert Uncle Sam Amerika in
der allegorischen Figur des freundlichen Gastgebers. Der schnei-
det einen Truthahn an. „Und an einem großen, großen, langen
Tisch sind alle Nationen versammelt, alles, was da eingewandert
ist, Franzosen, Chinesen, Indianer, Schwarze. Alles sitzt da ein-
trächtig beisammen, mit fröhlichen Gesichtern, und sie kommu-
nizieren miteinander. Man sieht, die Menschen reden miteinan-
der”, erläutert Hubert Lehmann.
Motto der Zeichnung „Come one, come all – free an equal”.
Willkommenskultur à la Nast. Der Nast-Verein braucht keine Aus -
wandereroute, um den US-weit geachteten Karikaturisten auch in
Deutschland bekannt zu machen. Sondern vor allem mehr
Sponsoren, so Edelgard Schneider-Jahn vom Vereinsvorstand:
„Wir könnten ja so eine kleine europäische Dependance machen,
in Landau.”
Dazu aber wäre mehr nötig als eine Gedenktafel an der histori-
schen Landauer Kaserne, in der die Familie wohnte, heute Tho -
mas-Nast-Platz mit kleinem Denkmal immerhin. Aber Ausstel -
lungs flächen, klimatisierte Räume – alles derzeit nicht in Sicht,
deshalb bleiben die Karikaturen in den Archiven von Landau und
Speyer geparkt.
Unerwartete Hilfe gab es soeben aus dem benachbarten Elsass.
Das Tomi-Ungerer-Museum in Straßburg organisierte 2016 die
Gemeinschaftsausstellung „Uncle Sam, Thomas Nast und Tomi Un -
gerer. Eine politische und soziale Satire Amerikas”. Die Schau mobi-
lisierte mehr als Zehntausend Besucher.
Die beiden Landauer Vereins-Vorstände sind nach Straßburg
gereist, um die Nast-Leihgaben wieder abzuholen. Gelegenheit,
ge meinsam mit der Museumschefin im Erfolg zu schwelgen.
(Fortsetzung auf Seite 8)
7