Sonntagsblatt 1/2017 | Page 27

250 000 Ungarn und 13 000 Juden . Mit Wirkung vom 1 . Jänner 1861 löste sich die Woiwodschaft auf , und das Banat wurde ein zweites Mal dem Königreich Ungarn einverleibt .
In den Revolutionsjahren 1848 / 49 und in den damit verbundenen kriegerischen Auseinandersetzungen schlugen sich die Bana - ter Schwaben auf die Seite der gegen das Kaisertum kämpfenden Magyaren , während die Siebenbürger Sachsen kaisertreu geblieben waren .
Gleich nach der Revolution von 1848 / 49 war für die Deutschen im Banat eine Art Blütezeite angebrochen : Fast jede Gemeinde ver fügte über eine deutsche Volksschule , es gab deutsche Mittel - schulen und Lehrerbildungsanstalten . In allen deutschen Gemein - den wurde Deutsch als Amtssprache gebraucht . Der „ Temeswarer Zeitung ” zufolge hatte Temeswar kaum jemals ein schöneres Neu - jahr als im Jahre 1861 . 1
Mit dem österreichisch – ungarischen „ Ausgleich ” von 1867 wurden die 1,8 Millionen Deutschen der ungarischen Reichshälfte dem ungarischen Nationalismus ausgeliefert . Das deutsche Schul - wesen wurde nach und nach erdrosselt . Die deutschen Zeitungen des Banats schmolzen von 37 im Jahre 1889 auf 12 im Jahre 1910 zusammen .
Bereits um die Mittes des 19 . Jahrhundert zog es viele Banater nach Wien : Nicht nur Nikolaus Lenau und Adam Müller Gutten - brunn − bekannte Persönlichkeiten − zog es in die alte Kaiserstadt .
Ab der zweiten Hälfte des 19 . und besonders um die Wende vom 19 . zum 20 . Jahrhundert waren es vor allem Friseure , Handwerker , Studenten und Kaufleute , die es in die damalige Großstadt gezogen hatte : Wer ließ sich schon in den Banater Dörfern täglich rasieren ? Anders war das Leben in der mondänen Großstadt Wien , in der man den Aufbau einer Existenz anstrebete : Ebenso die Handwerker , die hier ein breites Betätigungsfeld vorzufinden hofften .
Vor allem in der 2 . Hälfte des 19 . Jahrhunderts setzte eine regelrechte Banater Zuwanderung nach Wien ein , was Überlegungen hervorgerufen hatte , die Beziehungen unter den Landsleuten auch in der Großstadt zu pflegen und die Verbindungen zur Banater Heimat aufrecht zu erhalten . 1882 bestand eine Tischgesellschaft der Banater Schwaben in Wien , die jedoch noch keinen Vereinsstatus hatte : Man traf sich regelmäßig zwecks Austausches von Erfahrungen und Gedanken bzw . um Neuigkeiten aus der Heimat in Erfahrung zu bringen und / oder zu verbreiten usw .
Der Temeswarer Buchdrucker und Journalist JOSEF KARL GABRIEL ( 1862 – 1950 ), der vom 4 . Mai 1880 bis zum 2 . Septem - ber 1882 auf der „ Walz ” in Wien beschäftigt und von 1904 – 1906 Korrektor bei der „ Temeswarer Zeitung ” war , erwähnte in mehreren Aufsätzen die Zeit , die er als Wanderbursche in der „ Tischgesellschaft der Banater Schwaben in Wien ” verbracht hatte . Die
Jahre , die der junge Buchdrucker hier in Wien erlebt hatte , ließen ihn reifen , so steht es in seinen Tagebuchnotizen .
Am 30 . Dezember 1906 wurde in Werschetz die „ Ungarlän - dische Deutsche Volkspartei ” gegründet . Sie stellte sich die Auf - gabe , die Überfremdung abzuwehren und die im Nationali - tätengesetz von 1868 den Volksgruppen zugesagten Rechte durchzusetzen . Die Volkszählung im Jahre 1910 wies im Banat unter 1 852 439 Einwohnern 512 601 ( 27,6 %) Deutsche auf .
Auch in Österreich vollzog sich der Entwicklungsprozess eines Vereines über die Stationen Tischgesellschaft – Unterstützungsve - rein – Bildungsverein usw .
Samstag , den 24 . Oktober 1906 , fanden sich einige in Wien le - bende Banater Landsleute im engsten Freundeskreis in ihrer Tisch - gesellschaft im Restaurant „ Zum Grundstein ” im VIII . Wie ner Bezirk zusammen , um die Vereinsgründung der Banater Schwaben in Wien zu besprechen . Zur Beratung der Satzungen wurde ein eigener Ausschuss gewählt . Drei Monate später , nach Genehmi gung der Satzungen , trafen die Gründungsmitglieder wieder zusammen und gründeten – laut Protokol – am 27 . Jänner 1907 , um 19 Uhr , im Restaurant „ Zum Grundstein ” im VIII . Wiener Gemeindebezirk , Josefstädter Straße 28 – wo sich später eine Bank-Filiale ( BAWAG ) befand –, den „ Verein der Banater Schwaben in Wien ”.
Der Verein der Banater Schwaben in Wien hatte sich als Ziel gesetzt , den Landsleuten in Wien ihr Deutschtum , d . h . ihre deutsche Sprache , ihre deutsche Bildung und ihre Sitten 2 zu erhalten , die Beziehungen zu den Landsleuten zu pflegen und zu festigen . Im Laufe der ersten Jahre dehnte sich das Betreuungsgebiet des Vereines immer weiter aus , so dass schließlich alle Banater Lands - leute in Wien erfasst wurden . Es erweiterte sich auch sein Auf - gabenkreis . Laut Auszug aus den Vereinssatzungen stand damals im Vordergrund der Vereinstätigkeit die Förderung aller nicht politischen , insbesondere der sozialen , wirtschaftlichen und kulturellen Belange seiner Mitglieder . In diesem Zusammenhang erläuterte der zum Vorsitzenden gewählte Nikolaus Wehner den Zweck und die Ziele , aber auch die Notwendigkeit eines Vereins der Banater Schwaben in Wien , um „ den aus der Heimat in die fremde große Stadt Kommenden mit den Verhältnissen der Großstadt nicht vertrauten Stammesgenossen an die Hand zu gehen , ihnen mit Rat beizustehen .[...] Andererseits sollen auch die schon länger in Wien ansässigen Banater Schwaben einander näher gebracht werden . [...] und in steter Wechselbeziehung zu einander bleiben . [...]”. Darüber hinaus sollte man sich im heimatlichen Dialekt unterhalten und es sollten Sitten und Bräuche gepflegt werden . ( Gründungsprotokoll , S . 1 .) 3
Ausschlaggebende Verdienste um die endlich erfolgte Zusam - menfassung der um die deutsche Zukunft der Schwaben in Un - garn besorgten Kräfte hatten sich ADAM MÜLLER-GUTTEN- BRUNN und der in Klosterneuburg bei Wien lebende EDMUND STEINACKER erworben . Steinacker war bereits im Jahre 1901 Abgeordneter-Kandidat im Komloscher Bezirk im Nordbanat und später Abgeordneter in Budapest .
Aus dem Protokoll der konstituierenden Sitzung geht u . a . hervor : „… Im Namen der Proponenten und Einberufer begrüßt Herr Nikolaus Wehner die Versammelten und sagte , daß die Anwesen den aus den ihnen zugegangenen schriftlichen Einladungen wohl wissen , daß es sich um die Konstituierung des Vereins der Banater Schwaben in Wien handelt . Zur Leitung dieser Versammlung mö gen die Anwesenden aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden , einen Vor - sitzenden-Stellvertreter und einen Schriftführer wählen . Hie rauf wurde gewählt : Nikolaus Wehner zum Vorsitzenden , Franz Bottner zum Vorsitzenden-Stellvertreter und Johann Mager zum Schriftführer . Herr Wehner gab anschließend bekannt , daß von den 28 anwesenden Personen 20 ihren Beitritt angemeldet haben und
( Fortsetzung auf Seite 28 )
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