Die Auszeichnung überreichten Zoltán Balog, Minister für Hu- manressourcen und Miklós Soltész, Staatssekretär für die Be- ziehungen zu den Kirchen, zu den Volksgruppen und zur Zivil- gesellschaft im Auftrag vom Ministerpräsidenten Viktor Orbán in der Pester Redoute.
„ Die Ausgezeichneten arbeiten tagtäglich unermüdlich, nachhaltig und opferbereit für die Pflege der Nationalitätenkultur. Ihre Tätigkeit verbindet die Gemeinschaft, die Freude, denn die Nationalitätenkultur zu pflegen, die ungarische Kultur zu pflegen ist eine Quelle für die Freude”, sagte der Minister.
Der Preis kann an solche Personen, Vereinen bzw. Nationalitä- tenselbstverwaltungen verliehen werden, die eine beispielhafte Arbeit im Interesse ihrer Nationalität in den Bereichen öffentliches Leben, Bildung, Kultur, kirchliches Leben, Wissenschaft, Medien oder wirtschaftliche Selbstorganisation leisteten.
18. Dezember 2015 Quelle: Zentrum
DIE REALITÄT
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„ Du solltest von der Realität ausgehen” wird mir oftmals an den Kopf geschmissen, wenn meine in diesem Blatt veröffentlichten Nörgeleien zur Sprache kommen.
Aber was ist Realität? – muss ich doch fragen dürfen. Denn ich meine, Realität ist ein gegenwärtiger Zustand, der gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, der augenblicklich Wirklichkeit, Tatsache, Ge- gebenheit ist; der eben auch anders sein könnte und vielleicht morgen schon ein anderer sein wird, – also ein Zustand, der veränderlich veränderbar ist, d. h. auch von uns geformt / bestimmt werden kann.
Besehen wir uns die „ Realität” der letzten hundert Jahre( aus ungarndeutschem Gesichtspunkt): ab 1914 Krieg ab 1918 Frieden – Erscheinung Jakob Bleyers als Politiker, dann als Volkstumskämpfer ab 1933 Mit dem Tod J. Bleyers beginnt die Spaltung im Ve- reins leben des Ungarndeutschtums ab 1938 mit der Zulassung des Volksbundes Beginn einer neuen Ära. Erstarkung des Volksbewußtseins – Bekämpfung des Volks bundes – Erscheinung der HüHa-Bewegung 1944 – 45 Totaler Zusammenbruch / Umbruch ab 1950 neue Lebenszeichen beim Ungarndeutschtum ab 1957 Leises Erwachen im Kreise der heimatverbliebenen Ungarndeutschen, Entwicklung im Schneckengang ab 1989 Neue Hoffnung – politische Umwälzung. Wende? ab 1994 – 95 „ Wende”( eigentlich „ Umwendung”) bei den Un- garn deutschen. Statt Verband nun LdU und seither? Im Verlauf von 20 Jahren: Entwicklung im Krebs- gang, einen Schritt vor, zwei Schritte zurück. Frohe Gegenwart, unsichere Zukunft. Das ist die Realität heute.
Die Realität im Leben unserer ungarndeutschen Volksgruppe konn te / musste man bis in die 1980er Jahre nur „ zur Kenntnis nehmen” – doch seither – sagt man – gestalten wir unsere Gegenwart und Zukunft selber. Einverstanden! Wir gestalten also die gegenwärtige „ Realität” selber.
Wenn dem so ist, dann darf ich sagen, wir gestalten sie falsch! Dann sind meine von manchen Landsleuten beanstandeten Nör- geleien berechtigt!
Worüber rege ich mich denn im Allgemeinen auf? Über die Lage des Sprachgebrauchs der Ungarndeutschen! Warum? Weil ein Volk ohne Sprache keine Zukunft hat! Die Ungarndeutschen aber sind heute dabei ihre von den Ahnen ererbte Sprache „ freiwillig” aufzugeben, sie als Muttersprache abzutun.
Wir Deutsche in Ungarn hatten nach dem Kriege wegen unserem Deutschsein, unserer deutschen Muttersprache viel zu leiden. So haben wir verständlicherweise – weil wir eben nur schwache Menschen sind – unsere Sprache notgedrungener weise verdrängt, so „ übergangsweise beiseite gelegt”. Inzwischen hat sich die Welt geändert, unsere deutsche Sprache ist wieder gerne zugelassen, hochgeschätzt und empfohlen. Doch wie nehmen wir, wir Un- garn deutsche! – diese Veränderung war? Überhaupt nicht, muss man sagen. Wir lassen unsere deutsche Muttersprache weiterhin einfach „ beiseite liegen”! Das schlimmste was eine Volk tun kann, – ein Verbrechen, eine Todsünde!
Nach vielen Jahrzehnten kann man heute erfreulicherweise schon feststellen, dass viele junge Leute deutscher Abstammung wieder recht gut deutsch sprechen können. Doch sie sprechen die- se Sprache als Fremdsprache. Man hat sie so erzogen, dass ihnen das eigentlich fremde, das Ungarische jetzt ihre Muttersprache ist. Ganz formell, sozusagen um sich zu zieren, spricht man noch von „ Rückgewinnung der Muttersprache”, von „ muttersprachlichem Unterricht”, doch praktisch unternimmt man nichts in dieser Richtung, – ja, selbst das Wort deutsche Muttersprache erscheint immer seltener in amtlichen Schriften und Reden, in den ungarndeutschen Medien. Soll dies nur ein Zufall sein?
Nein, es ist kein Zufall! Ganz absichtlich, der „ Realität” wegen meidet man den Gebrauch der deutschen Muttersprache. Ver- wendet man sie dennoch, dann eben nur an zweiter Stelle – das Ungarische steht immer voran! So z. B. im Namen der Selbst- verwaltungen, der Vereine, bei Mitteilungen und Einladungen u. a. m. Die Korrespondenz unserer Institutionen und Orga ni sationen, angefangen bei der Deutschen Selbstverwaltung von oben bis unten, dann über Vereine und Gruppen bis hin zu sogenannten deutschen Schulen geschieht überwiegend in ungarischer Sprache; gesprochen wird bei Veranstaltungen und Vorträgen mehr ungarisch als deutsch; Bei Sitzungen der Selbstverwaltungen und Organisationen, aber auch bei kulturellen Veranstaltungen, sogar Schwabenbällen dominiert das Ungarische. Deutsche Tänze und deutsche Lieder werden den Kulturgruppen ungarisch erklärt und einstudiert. Usw.! Da ist es dann kein Wunder mehr, wenn unsere „ ungrischen Schwaben” so ganz selbstverständlich nur noch ungarisch untereinander reden. Es ist doch ein Nonsens, wenn in einem ungarndeutschen Amt, wo die 3 – 4 Angestellten alle perfekt deutsch können, doch ungarisch miteinander reden und dann freilich auch ihre schwäbischen Besucher( die möglicherweise auch noch deutsch können) auf ungarisch ansprechen. Soll das ein gutes Beispiel sein?
Protestiert jemand gegen obige Ungereimtheiten, dann ist die Antwort: ja, das ist die Realität, die heutige Zeit … Wer sich mit dieser Realität nicht zufrieden gibt, der ist eben rückständig, ein „ Ewiggestriger”, vielleicht gar ein „ Rechtsextremer”.
Stellt man sich die Frage warum dies so ist bei den Ungarn- deutschen, dann kommt man zur Überzeugung: Etwas stimmt nicht in diesem Werkel! Aber was? Darüber vielleicht mehr ein anderesmal.
Georg Krix
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Edit Gebhardt
„ In ein jedes christliches Haus gehört ein christliches Blatt”
Zur Thematisierung des Sonntagsblattes, 1921 – 1924( Vortrag bei der Tagung „ Deutsche in Ungarn”, organisiert vom Stiftungslehr- stuhl für Deutsche Geschichte und Kultur im südöstlichen Mitteleuropa der Universität Pécs und dem Lenau Haus) – 1. Fortsetzung
Die Wallfahrt nach Mariazell wurde jedes Jahr am 20. August ar- rangiert. Solche Verknüpfungen der religiösen Referenzproben
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