Sonntagsblatt 1/2016 | Page 11

enstand vor vielen Jahrzehnten, als dem ungarländischen Deutsch tum der Untergang drohte.
Zum Glück der Volksgruppe kam zu jener Zeit der mutige Ackersmann mit dem edlen Saatgut. Er säte unermüdlich. Schwer – aber doch ging die Saat auf! Es nahte die Ernte – doch ein heftiger Sturm wälzte sie nieder. Ob doch noch etwas Saatgut gerettet werden konnte? Landsmann Manz ist anscheinend optimistisch. Er glaubt an das Vorhandensein eines guten Samens.
Aber wo ist der richtige Ackersmann? Der edle Samen? Und wie ist der Boden bestellt, auf den die Saat ausgebracht werden soll?
Eine etwas frühere Aussage von Lm. Manz lautet: „ Wir müssen noch mehr Leute begeistern und mitreißen!” Damit könnte eine gute Bodenvorbereitung für die Aussaat gemeint sein. Einver- standen. Aber wer und wie? – soll / wird diese Arbeit verrichten? Vielleicht gibt uns die im vergangenen Jahr von der Landes- selbstverwaltung ausgearbeitete neue Strategie Aufklärung zur Frage. Vielleicht! – Ich bin jedenfalls skeptisch.
Merkwürdig! Ohne fruchtbaren, richtig bearbeiteten Boden kein Vorwärtskommen, keine gute Ernte in Aussicht.
*

Es ist höchste Zeit!

… Auch um Baudenkmäler und Friedhöfe unserer Ahnen kümmert sich der Kulturausschuss – beispielsweise darum, wie alte, von niemandem mehr betreute Grabsteine für die Zukunft gerettet werden können...
So steht es im Jahresbericht des Kulturausschusses der Landes- selbstverwaltung der Ungarndeutschen.
Wird man sich dann in Zukunft auch um das Grab Jakob Bleyers kümmern?
Oder kennt die Landesselbstverwaltung Jakob Bleyer, den Er- wecker des ungarländischen Deutschtums, nicht? Ja, dann weiß sie wahrscheinlich auch nicht, wo sein Grab zu suchen ist und wie das aussieht!
… Auch die Frage, wie die deutsche Sprache in die Kirche „ zurückgeschmuggelt” werden kann, taucht( im Kulturaus- schuss der LdU) des Öfteren auf. Vorsitzender Manz sprach sich dafür aus, dass er das Entstehen der LdU-Strategie, die derzeit endgültige Fassung erlangt, begrüße, weil diese auch auf die vorgenannten Fragen klare Antworten geben werde …
Gespannt warten wir auf diese klaren Antworten! Denn: In dem von NZ mit Pfarrer Wigand geführten Interview( veröffentlicht auch in diesem Blatt, Seiten 17 – 18) kommen mehrere Todsünden unserer Katholischen Kirche( in Ungarn) zum Vorschein. So gesteht der scheidende Pfarrer Wigand: Wenn der Nachfolger deutsch spricht, wie jetzt in Nadasch mein Nachfolger, dann kann er die Messe auf Deutsch lesen, aber er predigt nicht deutsch. Der Bi- schof nimmt ein bisschen Rücksicht, sicher … Wichtig ist, dass dort, wo Anspruch auf die deutsche Sprache ist, die Leute deutsch singen und beten können, während und außerhalb der Messe, dass der Priester es zulässt, dass die Leute den Glauben in der Muttersprache ausüben können, und sofern er deutsch spricht, hilft er da mit … Kann man sich damit zufrieden geben? Bestimmt nicht! Auf die Frage, ob es Anspruch( für deutsche Messe und Pre- digt) gebe: Ich kenne keine Probleme, mehr oder weniger ist das ge- löst. Natürlich ist die deutsche Sprache als Minderheitensprache sehr zurückgegangen, schon in den letzten Jahrzehnten. Seit dem letzten Jahr hat sich nichts verändert – sagt Pfarrer Wiegand. Eine sehr komische Meinung!
Wie oft gibt es denn in Bonnhard eine deutsche Messe? – lautete eine nächste Frage. Normalerweise einmal im Monat, am ersten Sonntag im Monat, um halb acht in der Früh. Gab es keine Anfrage bezüglich einer Erhöhung dieser Zahl? Da gab es keine Anfrage und ich möchte das jetzt auch nicht erweitern. Aber wenn eine größere Gruppe kommt, mehr als zwanzig Leute, oder eine Pilgergruppe, die eine deutsche Messe haben möchte, dann besteht die Möglichkeit, dazu eine Extramesse in deutscher Sprache einzusetzen. Warum muss überhaupt „ angefragt” werden? Müsste da nicht eher der Pfarrer seinen deutschen Schäflein „ anbieten”? Wo noch besonders der Schuh drückt: Wie steht es mit dem Religionsunterricht in den Schulen? Können deutsche Kinder in Ungarn heute noch deutsch beten? Kennen sie den katholischen Gruß: Gelobt sei …? Lernen Kinder, ja überhaupt Jugendliche, heute noch deutsche Kirchenlieder?
Anscheinend geben unsere Schwaben sich allgemein damit zu- frieden( leider!), dass sie in der Kirche deutsch beten und singen dürfen. Wenn dann diese „ Älteren”, die heute noch deutsch beten und singen, absterben, dann ist endgültig AUS! Es wird keinen Bedarf mehr für deutsche Sprache in der Kirche geben. Und unsere Geistlichen? Sie werden damit sehr zufrieden sein. Ja, damit ist auch zu erklären, dass keine deutschsprechenden Geistliche ausgebildet werden, – wozu auch? – a magyarok Istene csak magyarul ért = der Herrgott der Madjaren versteht nur Ungarisch!( so hieß es schon vor dem Kriege).
Die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen hätte also viel zu tun um den Glauben in der Muttersprache ausüben zu können – wie das besagte NZ-Interview betitelt ist.
Merkwürdig, dass auf diesem Gebiet bisher überhaupt nichts unternommen wurde. Jetzt wenigstens spricht man doch schon darüber.

Jubel doch verfrüht?

Neue Studie * wirft Fragen bezüglich der Aussagekraft von Volkszählungsergebnissen auf Von Richard Guth
Eine bemerkenswerte Studie ist November vergangenen Jahres erschienen. Viele von uns erinnern sich an die positiven Volks- zählungsergebnisse, die keiner von uns so recht glauben mochte. Viele sprachen von einer Renaissance der Nationalitäten in Un- garn, andere blieben skeptischer und verwiesen auf die Groß- zügigkeit bei den Antwortmöglichkeiten, was vom Autor Balázs Kapitány durchaus als Anpassung an gesellschaftliche Realitäten beschrieben wird. Dennoch bleibt Kapitány kritisch, was die Zahlen und insbesondere den „ Zuwachs” bei den Bekennt nis- deutschen oder-slowaken betrifft.
Ich möchte an dieser Stelle einige wichtige Erkenntnisse der Studie vorstellen: 1) Die Veränderungen seien auf methodische Veränderungen zurückzuführen, denn während man 1990 lediglich eine Volks- zugehörigkeit angeben konnten, waren es 2001 bereits drei, und 2011 hat man sogar zwischen „ Nationalität” und „ anderer Na- tio nalität” unterschieden. Dies hätte im Endeffekt die Grenzen der Zugehörigkeit „ aufgeweicht”. Eine Veränderung mit weitreichenden Folgen, denn 60 % der Antworten entfielen auf die „ andere Nationalität / Volkszugehörigkeit”. So vermutet Kapi- tány, dass ein Großteil des Zuwachses bei den Deutschen von 62.105( 2001) auf 131.951( 2011) darauf zurückzuführen sei, denn das Statistische Landesamt halte sich bei den konkreten Zahlen bedeckt, so der Eindruck des Forschers.
2) Auch hinsichtlich der Feststellung der Muttersprache gab es Veränderungen: Auch hier gibt es die Möglichkeit mehrere Muttersprachen anzugeben. Aber besonders interessant ist die
( Fortsetzung auf Seite 12)
11