SchollZ SchollZ 10/2013 (Ausgabe 8) | Page 36

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Ein fataler Fehler

Nach einer Einleitung von Franz Hohler Von Elena Eden( Kl. 7a)
Eines Nachts, als Frau Meier allein zu Hause war, hörte sie im Estrich Schritte. Zuerst tat sie so, als merke sie nichts, aber als die Schritte nicht aufhörten, wurde es ihr unheimlich, es konnte schließlich ein Einbrecher sein. Da fasste sie sich ein Herz, nahm die Pistole ihres Mannes aus dem Nachttischschrank, stieg die Treppe hoch, öffnete vorsichtig die Tür, drückte ganz rasch auf den Lichtschalter und rief: „ Ergeben sie sich! Ich habe bereits telefonisch die Polizei verständigt. Ein Einsatzwagen wird in wenigen Minuten vor Ort sein.“ Aber ihre Angst war umsonst gewesen. [… ]
Es war nur ihr Mann, der von der Arbeit gekommen war und nun von der Kugel niedergestreckt zu Boden sank. Ihr Mann fiel auf die Knie und sah sie mit leerem Blick an, bis er zur Seite weg kippte. Frau Inga Meier war zutiefst geschockt und fing zitternd an zu weinen. Sie bückte sich zu ihrem Mann herunter und rüttelte verzweifelt an seinen Schultern, wobei sie mit seinem Blut in Berührung kam. Doch so sehr sie auch rüttelte, er blieb unbewegt und sein Leben erloschen. Er war tot. Da hörte sie einen Schrei. Doch als sie sich umschaute, sah Inga außer sich niemanden im Raum und begriff, dass dieser Mark erschütternde Schrei ihr eigener gewesen war. Sie nahm wie benommen ihr Gesicht in ihre zitternden Hände. Schluchzend dachte sie noch an ihre letzte gemeinsame Zeit mit ihm. An sein wundervolles Lächeln, wenn er sie erblickte; an ihre Reisen nach Kyoto, New York und Sydney, die er mit ihr zur Weihnachtszeit immer unternahm; an seine fürsorgliche Pflege, wenn sie einmal krank war; und an ihren fünften Hochzeitstag, an dem er sie in ein Restaurant ausführte und viel zu viel trank. An diesem Abend bot er an, das Steuer ihres Range Rover zu übernehmen, um nach Hause zu gelangen. Jedoch entbrannte daraufhin ein Streit, weil Inga ihn so nicht fahren lassen wollte, nicht in dieser Verfassung. Von diesem Tag an ging ihre Ehe Berg ab … Er fand immer wieder Gründe zum Streit und fing an handgreiflich zu werden. Er schlug sie, wenn er von seiner Arbeit abends nach Hause kam und das Essen noch nicht fertig auf dem Tisch stand. Das war eigentlich der Zeitpunkt, an dem ihre kleine Welt um sie herum schon zusammengebrochen war. Inga trug jetzt noch die Narben ihrer täglichen Auseinandersetzungen. Langsam wurde ihr bewusst, dass sein Tod eine schwere Last von ihr nahm. Nun war sie endlich frei. Allmählich löste sie sich von ihrer Starre. Sie würde wohl oder übel die Beweise ihrer Tat vernichten müssen. Schließlich war sie vorhin so in Panik gewesen, dass sie dummerweise die Polizei angerufen hatte. „ Mist“, dachte sie sich. „ Sie würden doch garantiert denken, dass ich geisteskrank bin und ihn absichtlich umgebracht habe.“ Ihr war bewusst, dass sie ihren Ehemann niemals hätte umbringen können! Doch davon hatten die Polizisten natürlich keine Kenntnis. Da ertönte auch schon die Klingel und riss sie aus ihren Gedanken. Sie waren da und das Einzige, was Inga hatte in der Zeit wegschaffen können, waren die Blutflecke an ihren Händen. Schnell schnappte sie sich ein frisches T-Shirt und wischte sich die letzten Tränen weg. Nachdem sie die Treppe runter in den Flur sputete, öffnete sie gehetzt die Tür. Die drei Polizisten hatten schon mehrmals geklingelt. „ Guten Abend Frau Meier!“, begrüßte sie ein etwas pummeliger Polizist. Es schien, als hätte man ihn durch Ingas Anruf gerade erst geweckt. Mit dunklen Ringen unter den Augen und verstrubbelter Frisur lächelte er Inga höflich an. „ Guten Abend“, erwiderte sie so gelassen wie möglich und rang sich ein Lächeln ab. „ Es tut mir leid, sie aufgescheucht zu haben, aber ich habe mich wohl geirrt, es ist alles in bester Ordnung!“, beteuerte sie. Doch der Strubbelkopf und seine Kollegen schienen skeptisch zu sein. „ Dürfen wir uns trotzdem umsehen und vergewissern, dass alles in Ordnung ist?“, fragte ein etwas schlaksigerer Typ, der ihres Erachtens um die zwei Meter groß war. „ Ein paar Nachbarn haben uns berichtet, einen Schrei aus ihrem Hause
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