gefunden habe, mit denen ich mich
iden fizieren kann, denke ich auch
viel weniger über meine Sexualität
nach. Vorher war es ohnehin mehr
die Frage danach, ob ich vielleicht
auch einfach nur ein Spätzünder bin
oder irgendetwas falsch läu . Heute
ist (meine) Sexualität für mich nur
dann ein Thema, wenn andere
Menschen mich damit konfron eren.
Woher hast du gewusst bzw. wie
hast du herausgefunden, dass du
nicht heterosexuell bist?
Eine Freundin hat mich irgendwann
mal angeschrieben und gefragt, ob
ich mit "LGBTQIAP+" etwas anfangen
könnte, besonders mit dem A in
diesem Akronym. Konnte ich nicht.
Nicht einmal LGBT+ hat mir etwas
gesagt und Homosexualität und
Transiden tät ... davon ha e ich mal
gehört, aber nie Menschen getroffen,
sie sich so iden fizierten und in
meinem Umfeld ist man zwar offen,
spricht jedoch nie darüber.
Ich habe das Akronym also
gegoogelt, Glossare im Internet
gewälzt und Begriffe und Konzepte
wie Vokabeln gelernt. Es hat eine
ganze Weile gedauert, bis ich sie
wirklich verstanden habe und
nachvollziehen konnte. Besagte
Freundin habe ich in der Zeit ein paar
Mal getroffen (sie lebte etwas weiter
weg) und wir haben uns jedes Mal
vorgenommen darüber zu sprechen,
es dann aber doch selten getan, weil
wir nicht wussten wie.
Dass ich asexuell bin, habe ich nach
einem Monat verstanden. Zuerst
habe ich Demisexualität in Betracht
gezogen. Schließlich weiß man ja nie,
ob es doch noch mal Klick macht und
ich einfach nur Menschen gut genug
mögen muss ‐ dachte ich zumindest.
Aber je mehr Erzählungen ich von
anderen Asexuellen gelesen habe,
desto mehr habe ich verstanden,
dass dem nicht so ist. Dass das gar
nicht notwendig ist und selbst wenn
es passiert: Man kann Labels
behalten, wenn sie sich rich g
anfühlen. Und Labels kann man jeder
Zeit (!) ändern. Sie sollen
beschrieben, wie wir uns fühlen und
uns nicht selbst in eine Schublade
zwängen. Wenn man mehr über sich
herausfindet oder Dinge sich ändern
(denn das passiert und das ist okay
so), dann darf man seine Labels
ändern ‐ egal wie o .
Aroman k war für mich schwieriger.
Das hat mich sehr verwirrt. Es gibt
auch hier ein Spektrum und noch
viele Begriffe, die etwa beschreiben,
dass man gar keinen Unterschied
zwischen roman schen und
platonischen Gefühlen feststellen
kann. Wie gesagt, mich verwirrt es
auch heute noch, was denn bi e
roman sche Gefühle sein sollen ‐ ich
spreche nicht von den
Schme erlingen im Bauch, sondern
das, was dahintersteht und bleibt,
wenn das erste Gefühl vom
Verknalltsein vorbei ist. Ich weiß,
dass ich mich sehr, sehr zu
Menschen hingezogen fühlen kann,
vielleicht auch mehr als
Freundscha . Was das dann sein soll,
weiß ich nicht. Und ganz ehrlich:
Nicht alles braucht Labels. Wenn ich
einen Menschen mag, mag ich ihn,
aber ich weiß, dass ich mich nicht auf
diese spezielle, roman sche Art
hingezogen fühle. Ausschlaggebend
für die Verwendung des Labels war
es, dass ich irgendwann festgestellt
habe: Wenn ich nicht verstehe, was
roman sche Anziehung sein soll,
dann fühle ich sie ganz offensichtlich
nicht.
Erging es dir damit schon immer so?
Wie war das für dich in der Kindheit
und während der Pubertät?
Ja, tat es. In der dri en Klasse hat
mir mal jemand auf dem Pausenhof
gesagt, er wäre in mich verliebt. Ich
habe das abgetan mit den Worten,
er wisse ja nicht, worüber er da rede,
wir wären viel zu jung dafür. Das
Gefühl, viel zu jung für Liebe zu sein,
ist geblieben, bis ich von Aroman k
erfahren habe.
In meiner Pubertät habe ich mir mal
versucht einzureden, ich wäre
verliebt. Denn das hat man als
Jugendlicher zu sein ‐ verliebt. Aber
Einreden funk oniert eben nicht. Ich
ha e auch längere Zeit Panik davor,
was passiert, wenn jemand mir
eröffnen sollte, er oder sie wäre in
mich verliebt. Sollte ich es einfach
ausprobieren? Mitziehen? Ehrlich
gesagt, weiß ich heute nicht, was ich
tun würde, denn Freundscha en
beenden würde ich deswegen auch
nicht wollen. Gut, dass das bis heute
nicht passiert ist. Zumindest nicht,
dass ich wüsste. Freunde haben mir
auch einmal erzählt, ich würde es
bloß nicht mitbekommen, wenn
Menschen auf mich stehen. Aber
woher soll man das auch wissen,
wenn man nicht weiß, wie sich das
anfühlt und niemand, wie besagter
Junge in der dri en Klasse, auf einen
zukommt?
(…) Meine jüngere Schwester ha e
mi lerweile ihren ersten Freund ‐ ich
zeige nach wie vor kein Interesse
daran. Da kann meine Tante bei
alljährlichen Treffen auch noch so
sehr fragen, wie es an der
"Jungsfront" aussähe. (…)
Hast du dich jemals tatsächlich
geoutet? Falls ja, wie gehen deine
Freunde und deine Familie damit
um? Wie war ihre Reak on?
Bei meiner Familie bin ich ungeoutet.
Nicht, weil sie es nicht akzep eren
würden ‐ meine Familie ist sehr offen
und auch meine Eltern haben mal
gesagt, dass es okay wäre, wenn ich
lesbisch sei ‐ sondern weil ich genau
weiß, wie lange ich gebraucht habe,
um das vollends zu verstehen und zu
akzep eren und mir ein Ou ng in
Gedanken so unangenehm
vorkommt, wie "das Gespräch", das
angeblich viele Eltern zu Beginn der
Pubertät mit ihren Kindern führen.
Bei Freunden habe ich mich geoutet
und auch neuen Freunden
gegenüber bin ich damit komple
offen. Zuerst habe ich mich bei
Freunden geoutet, die selbst LGBT+
Personen im nahen Familienkreis
haben, da ich bei ihnen auf
Verständnis gehofft habe. Sie haben
die Labels auch ganz
selbstverständlich akzep ert, ein
paar Nachfragen gestellt und dann
war alles okay. Auch alle anderen
Freunde, bei denen ich mich dann
Stück für Stück geoutet habe, waren
vollkommen offen und behandeln
meine Orien erung ganz
selbstverständlich. Eigentlich hat sich
nichts geändert, außer dass ich nun
weiß, dass sie es wissen, und das
fühlt sich sehr gut an. Zum Glück
ha e ich nie einen Freundeskreis,
der Sexualität und Beziehungen groß
thema siert.
Hast du jemals Diskriminierung oder
Intoleranz durch deine Sexualität
erlebt? Gibt es Vorurteile?
Nein, gar nicht. Aber ich weiß, dass
das bei vielen Menschen anders ist.
Vorurteile gibt es viele, wobei ich
hier nicht von Vorurteilen sprechen
LGBTQ+- What?!
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