's Dorfblattl Haiming - Digitalausgabe Dorfblattl Haiming Sommer 2018 - 03/18 | Page 5

´s Dorfblattl Haiming Ein streitbarer Gemeindebürger Nach wie vor sprüht Toni Raffl vor Ideen. T oni Raffl kennt in Haiming fast jeder. Unterschiedliches wird mit ihm assoziiert. In den letzten Jahren engagiert er sich unter an- derem im Kulturbereich. Für diese Ausgabe traf sich das Dorfblattl mit ihm zum folgenden Gespräch: Du hast vor ungefähr zwei Jahren den neuen Verein „Kulturraum Hai- ming Ötztal“ initiiert. Was hat dich dazu bewogen? Ich war schon immer sehr kulturin- teressiert, hatte aber während mei- ner Berufszeit nie die Gestaltungs- möglichkeit. Ich habe festgestellt, dass hier sehr viel verabsäumt wurde und einiges aufzuholen ist. Kulturarbeit ist sehr zeitintensiv, weil sehr viel Kleinarbeit dahin- tersteht. Inzwischen ist die Kultur mein Hobby und meine Leiden- schaft geworden und ich möchte hier gerne mithelfen, die Vielfalt in unserer Gemeinde zu vergrößern und zu erweitern. Es gibt beispiels- weise kein Archiv bei uns. Archive und Archivarbeit sind ein Stecken- pferd von mir und hier sollte in Haiming auf jeden Fall etwas pas- sieren. Die Dorfgeschichte wurde beispielsweise seit dem Erscheinen des Gemeindebuches im Jahr 1985 nicht mehr aktualisiert. Das sind nur einige wenige Beispiele und so gibt es viele Möglichkeiten für einen Kulturverein sich positiv ein- zubringen. Man hört, ihr seid auf der Suche nach einer Heimstätte für den Ver- ein. Eine Zeit lang hat man gehört, dass ihr das Pfarrwidum dafür im Auge habt. Das scheint nun aber anders zu sein. Wie sieht es hier aus? Das Pfarrwidum wäre natürlich ide- al für uns und als Standort für ein zukünftiges Museum bzw. als Aus- stellungsraum. Aktuell ist es für un- seren Verein aber einfach zu groß. Momentan würden wir mit ein oder zwei Räumen auskommen. Eine endgültige Entscheidung für die Nutzung ab 2019 ist noch nicht abgeschlossen. Sollte sich eine Nutzung in diesem Ausmaß anbieten, würden wir eine solche gerne prüfen. In jedem Fall stimmt aber, dass wir auf der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten sind. Im Jahr 2019 feiert Haiming sein 750-jähriges Bestehen. Wie bringt sich der Kulturverein bei diesem Jubiläum ein? Wir möchten die Gemeinde bei dieser schönen Aufgabe tatkräftig unterstützen und mitgestalten. Es gab inzwischen eine Vielzahl von Gesprächen und eine Sitzung mit dem Kulturausschuss. Nun bräuchte es eine große Zusam- menkunft mit allen Vereinen und Organisationen, um Aktivitäten und Termine für das kommende Jahr abzustimmen. Das soll mög- lichst noch im Sommer passieren. Wichtig wäre auch eine Gemeinde- versammlung, wo sich alle im Dorf zu diesem Jubiläumsjahr und zur zukünftigen Entwicklung unserer Gemeinde äußern können, denn die Bürgerbeteiligung halte ich für etwas sehr Wichtiges. Geplant ist aktuell ein mehrtägiges Dorffest rund um Fronleichnam mit einem kulturellen Auftakt am 29. Mai 2019 (Tag vor Christi Himmelfahrt). Des Öfteren wurde auch von einem neuen Gemeindebuch gesprochen. Ist hier etwas geplant? Wir haben auch das mit dem Kul- turausschuss abgesprochen und ein kleines Team ist hier bei der Vorbereitung. Ein Konzept wurde bereits erstellt und man ist ge- rade mit der Themensammlung beschäftigt. Es soll in jedem Fall ein kompaktes Druckwerk mit vielfältiger digitaler Erweiterung, auch multimedial, werden, das mit den Jahren und der Gemeinde mitwachsen können soll. Ob sich das Erscheinen für das Jubiläums- jahr ausgehen wird, bezweifle ich noch ein bisschen, aber das Team um Marcel Ofner ist hier sehr op- timistisch. Du bist in manchen Bereichen ein „unbequemer“ Zeitgenosse. So bist du beispielsweise verantwortlich, dass die ASFINAG die Autobahn- schilder austauschen musste, da- mit Haiming wieder aufscheint. Was war hier dein Antrieb, doch jahrelang immer wieder zu urgie- ren, um dieses Ziel zu erreichen? Es war für mich als Haiminger ein- fach nicht einzusehen, warum hier vor rund zehn Jahren ein österrei- chweites Unikum geschaffen wur- de. Jede Autobahnauf- bzw. -ab- fahrt in Österreich heißt wie die po- litische Gemeinde, in der sie liegt. Nur hier in Haiming stand plötzlich Abfahrt Ötztal auf den Schildern. Nach drei Jahren Schriftwechsel gab uns der damalige Verkehrs- minister recht und die ASFINAG musste auf ihre Kosten die aktu- ellen Schilder mit der Aufschrift „Haiming – Ötztal“ installieren. Deine Recherchen haben ja auch in Bezug auf die TIWAG-Gründe (jetzt Handl-Gelände) ziemlich viel Staub aufgewirbelt. Wie ist hier der aktuelle Stand und was ist hier noch zu erwarten? Nach Aufarbeitung der nationalso- zialistischen Vorgangsweise im Jah- re 1941 zum Bau des „Ötztalkraft- werkes“ ist mir bewusst geworden, dieses Unrecht darf nicht zu einem bewusst vergessenem Recht unter dem Schutz des Landes Tirol als Eigentümervertreter der TIWAG werden. Die Rechtsnachfolger der ehemaligen Grundbesitzer haben sich zusammengeschlossen. Durch die Recherchen wurde offensicht- lich, dass auch für die Gemeinde Haiming die rechtliche Möglichkeit besteht, die im Jahre 1977 abgetre- tene Grundfläche von 100.000 m² zu einem geplanten Kraftwerks- bau wegen Wegfall der Geschäfts- grundlage geltend zu machen. Der Sommer 2018 gesamte Fragenkomplex wurde von zwei durch das Land bestell- ten Kommissionen aufgearbeitet. Die Ergebnisse liegen bereits im Landhaus, wo sie am 11. Juli 2018 den Rechtsnachfolgern und der Gemeinde Haiming präsentiert wurden. Zentral geht es um die Frage der Verjährungsfrist. Nun werden wir entscheiden, welche weiteren Schritte unternommen werden. Jedenfalls gibt es bereits eine Zu- sage, für die aufgelassenen ehe- maligen Wege im „Beinkorb“ am Fuße des Ambergs von Ost nach West einen neuen Weg zur Holz- bringung zu errichten, da es mo- mentan keine Zu- und Abfahrt für die Nutzungsberechtigten gibt. Haiming ist eine prosperierende Gemeinde und viele andere Ge- meinden schauen neidvoll nach Haiming. In welchen Bereichen hat unser Dorf noch Entwicklungs- potential? Wirtschaftlich hat sich die Gemein- de in den letzten Jahrzehnten si- cherlich vorbildlich entwickelt. Es ist aber notwendig, genau auf un- sere Ressourcen hinzusehen und zu überdenken, wie wir mit ihnen umgehen. Ein sparsamer Umgang mit Grundflächen und ein Akqui- rieren bestehender ungenutzter Flächen in einer Art Flächenpool (vgl. Landeskulturfonds) sind sehr wichtig. In der Außenwirkung sind wir Haiminger oft ein bisschen be- scheiden - das Betonen und Her- zeigen der Vielfältigkeit unserer Gemeinde sollte zu einer Stärke werden. Du bist nach wie vor sehr aktiv, aber auch du wirst nicht jünger. Welche persönlichen Ziele hat der Toni Raffl noch? Ich bin mit meiner persönlichen Situation sehr zufrieden und ich habe meine Familie rund um mich herum. Es ist mir aber schon ein Anliegen, der Dorfgemeinschaft ein bisschen etwas zurückzuge- ben, indem ich mich einbringe und so vielleicht den einen oder die an- dere dazu motiviere, das ebenfalls zu tun. (Text und Foto: mams) Seite 5 Das aktuelle Interview - Anton Raffl