´s Dorfblattl Haiming
Ein streitbarer Gemeindebürger
Nach wie vor sprüht Toni Raffl vor
Ideen.
T
oni Raffl kennt in Haiming fast
jeder. Unterschiedliches wird
mit ihm assoziiert. In den letzten
Jahren engagiert er sich unter an-
derem im Kulturbereich. Für diese
Ausgabe traf sich das Dorfblattl mit
ihm zum folgenden Gespräch:
Du hast vor ungefähr zwei Jahren
den neuen Verein „Kulturraum Hai-
ming Ötztal“ initiiert. Was hat dich
dazu bewogen?
Ich war schon immer sehr kulturin-
teressiert, hatte aber während mei-
ner Berufszeit nie die Gestaltungs-
möglichkeit. Ich habe festgestellt,
dass hier sehr viel verabsäumt
wurde und einiges aufzuholen ist.
Kulturarbeit ist sehr zeitintensiv,
weil sehr viel Kleinarbeit dahin-
tersteht. Inzwischen ist die Kultur
mein Hobby und meine Leiden-
schaft geworden und ich möchte
hier gerne mithelfen, die Vielfalt in
unserer Gemeinde zu vergrößern
und zu erweitern. Es gibt beispiels-
weise kein Archiv bei uns. Archive
und Archivarbeit sind ein Stecken-
pferd von mir und hier sollte in
Haiming auf jeden Fall etwas pas-
sieren. Die Dorfgeschichte wurde
beispielsweise seit dem Erscheinen
des Gemeindebuches im Jahr 1985
nicht mehr aktualisiert. Das sind
nur einige wenige Beispiele und
so gibt es viele Möglichkeiten für
einen Kulturverein sich positiv ein-
zubringen.
Man hört, ihr seid auf der Suche
nach einer Heimstätte für den Ver-
ein. Eine Zeit lang hat man gehört,
dass ihr das Pfarrwidum dafür im
Auge habt. Das scheint nun aber
anders zu sein. Wie sieht es hier
aus?
Das Pfarrwidum wäre natürlich ide-
al für uns und als Standort für ein
zukünftiges Museum bzw. als Aus-
stellungsraum. Aktuell ist es für un-
seren Verein aber einfach zu groß.
Momentan würden wir mit ein
oder zwei Räumen auskommen.
Eine endgültige Entscheidung
für die Nutzung ab 2019 ist noch
nicht abgeschlossen. Sollte sich
eine Nutzung in diesem Ausmaß
anbieten, würden wir eine solche
gerne prüfen. In jedem Fall stimmt
aber, dass wir auf der Suche nach
geeigneten Räumlichkeiten sind.
Im Jahr 2019 feiert Haiming sein
750-jähriges Bestehen. Wie bringt
sich der Kulturverein bei diesem
Jubiläum ein?
Wir möchten die Gemeinde bei
dieser schönen Aufgabe tatkräftig
unterstützen und mitgestalten.
Es gab inzwischen eine Vielzahl
von Gesprächen und eine Sitzung
mit dem Kulturausschuss. Nun
bräuchte es eine große Zusam-
menkunft mit allen Vereinen und
Organisationen, um Aktivitäten
und Termine für das kommende
Jahr abzustimmen. Das soll mög-
lichst noch im Sommer passieren.
Wichtig wäre auch eine Gemeinde-
versammlung, wo sich alle im Dorf
zu diesem Jubiläumsjahr und zur
zukünftigen Entwicklung unserer
Gemeinde äußern können, denn
die Bürgerbeteiligung halte ich für
etwas sehr Wichtiges. Geplant ist
aktuell ein mehrtägiges Dorffest
rund um Fronleichnam mit einem
kulturellen Auftakt am 29. Mai 2019
(Tag vor Christi Himmelfahrt).
Des Öfteren wurde auch von einem
neuen Gemeindebuch gesprochen.
Ist hier etwas geplant?
Wir haben auch das mit dem Kul-
turausschuss abgesprochen und
ein kleines Team ist hier bei der
Vorbereitung. Ein Konzept wurde
bereits erstellt und man ist ge-
rade mit der Themensammlung
beschäftigt. Es soll in jedem Fall
ein kompaktes Druckwerk mit
vielfältiger digitaler Erweiterung,
auch multimedial, werden, das
mit den Jahren und der Gemeinde
mitwachsen können soll. Ob sich
das Erscheinen für das Jubiläums-
jahr ausgehen wird, bezweifle ich
noch ein bisschen, aber das Team
um Marcel Ofner ist hier sehr op-
timistisch.
Du bist in manchen Bereichen ein
„unbequemer“ Zeitgenosse. So bist
du beispielsweise verantwortlich,
dass die ASFINAG die Autobahn-
schilder austauschen musste, da-
mit Haiming wieder aufscheint.
Was war hier dein Antrieb, doch
jahrelang immer wieder zu urgie-
ren, um dieses Ziel zu erreichen?
Es war für mich als Haiminger ein-
fach nicht einzusehen, warum hier
vor rund zehn Jahren ein österrei-
chweites Unikum geschaffen wur-
de. Jede Autobahnauf- bzw. -ab-
fahrt in Österreich heißt wie die po-
litische Gemeinde, in der sie liegt.
Nur hier in Haiming stand plötzlich
Abfahrt Ötztal auf den Schildern.
Nach drei Jahren Schriftwechsel
gab uns der damalige Verkehrs-
minister recht und die ASFINAG
musste auf ihre Kosten die aktu-
ellen Schilder mit der Aufschrift
„Haiming – Ötztal“ installieren.
Deine Recherchen haben ja auch
in Bezug auf die TIWAG-Gründe
(jetzt Handl-Gelände) ziemlich
viel Staub aufgewirbelt. Wie ist hier
der aktuelle Stand und was ist hier
noch zu erwarten?
Nach Aufarbeitung der nationalso-
zialistischen Vorgangsweise im Jah-
re 1941 zum Bau des „Ötztalkraft-
werkes“ ist mir bewusst geworden,
dieses Unrecht darf nicht zu einem
bewusst vergessenem Recht unter
dem Schutz des Landes Tirol als
Eigentümervertreter der TIWAG
werden. Die Rechtsnachfolger der
ehemaligen Grundbesitzer haben
sich zusammengeschlossen. Durch
die Recherchen wurde offensicht-
lich, dass auch für die Gemeinde
Haiming die rechtliche Möglichkeit
besteht, die im Jahre 1977 abgetre-
tene Grundfläche von 100.000 m²
zu einem geplanten Kraftwerks-
bau wegen Wegfall der Geschäfts-
grundlage geltend zu machen. Der
Sommer 2018
gesamte Fragenkomplex wurde
von zwei durch das Land bestell-
ten Kommissionen aufgearbeitet.
Die Ergebnisse liegen bereits im
Landhaus, wo sie am 11. Juli 2018
den Rechtsnachfolgern und der
Gemeinde Haiming präsentiert
wurden. Zentral geht es um die
Frage der Verjährungsfrist. Nun
werden wir entscheiden, welche
weiteren Schritte unternommen
werden.
Jedenfalls gibt es bereits eine Zu-
sage, für die aufgelassenen ehe-
maligen Wege im „Beinkorb“ am
Fuße des Ambergs von Ost nach
West einen neuen Weg zur Holz-
bringung zu errichten, da es mo-
mentan keine Zu- und Abfahrt für
die Nutzungsberechtigten gibt.
Haiming ist eine prosperierende
Gemeinde und viele andere Ge-
meinden schauen neidvoll nach
Haiming. In welchen Bereichen
hat unser Dorf noch Entwicklungs-
potential?
Wirtschaftlich hat sich die Gemein-
de in den letzten Jahrzehnten si-
cherlich vorbildlich entwickelt. Es
ist aber notwendig, genau auf un-
sere Ressourcen hinzusehen und
zu überdenken, wie wir mit ihnen
umgehen. Ein sparsamer Umgang
mit Grundflächen und ein Akqui-
rieren bestehender ungenutzter
Flächen in einer Art Flächenpool
(vgl. Landeskulturfonds) sind sehr
wichtig. In der Außenwirkung sind
wir Haiminger oft ein bisschen be-
scheiden - das Betonen und Her-
zeigen der Vielfältigkeit unserer
Gemeinde sollte zu einer Stärke
werden.
Du bist nach wie vor sehr aktiv,
aber auch du wirst nicht jünger.
Welche persönlichen Ziele hat der
Toni Raffl noch?
Ich bin mit meiner persönlichen
Situation sehr zufrieden und ich
habe meine Familie rund um mich
herum. Es ist mir aber schon ein
Anliegen, der Dorfgemeinschaft
ein bisschen etwas zurückzuge-
ben, indem ich mich einbringe und
so vielleicht den einen oder die an-
dere dazu motiviere, das ebenfalls
zu tun. (Text und Foto: mams)
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Das aktuelle Interview - Anton Raffl