´s Dorfblattl Haiming
Warum vor 70 Jahren die Bewässerung Haiming-Silz ausgebaut wurde
Lehrt Not denken?
I
D i e se Ch ri sto p h o ru s-Sta tu e
auf der Magerbacher Brücker
erinnert an die Einweihung des
Bewässerungsnetzes 1949. Leider
fehlt die Widmungsplakette. Die
Statue wurde von Ministerialrat
Dr. Ramsauer als Dank für die
Ernennung zum Ehrenbürger von
Haiming und Silz gestiftet.
Die Wasserfassung in Brunau, wo das Wasser in einem 900 Meter langen Stollen verschwindet.
Um dies plausibel erklären zu
können, sei das Jahr 1945 in Erinnerung gerufen. Der Schrecken
des Krieges war zwar bereits im
Mai zu Ende, die existenzbedrohende Not der Menschen konnte
aber erst nach großen Anstrengungen seitens der Besatzungsmächte, des Bundes, des Landes
und der Gemeinden im Laufe der
nächsten Jahre gelindert werden.
Die Bauern hatten damals ein gewisses Kontingent ihrer Produkte
abzuliefern, um das Überleben
der Städter zu sichern. 1945 und
1946 waren die Sommer zudem
extrem trocken. In der Region
mussten neben der einheimischen Bevölkerung auch hunderte Flüchtlinge versorgt werden.
Aus dieser Notlage heraus entschlossen sich die Gemeinden
Haiming und Silz, das bereits
seit Jahrhunderten bestehende
Waalsystem auszubauen und zu
verbessern. Ministerialrat DI Dr.
Bernhard Ramsauer und Landesrat Josef Muigg unterstützten
dieses Projekt wirksam und großzügig. Die Inbetriebnahme der
Wasserableitung aus der Ache in
Brunau wurde im Mai 1949 gefeiert. Nach der Feldmesse an der
Baustelle, der Erläuterung des
Projektes und dem Öffnen der
Schleusen durch Landeshauptmann Hofrat Dr. Ing. Alfons Weißgatterer versammelten sich die
Ehrengäste im Haiminger Gast-
hof Sterzinger. Die Tiroler Nachrichten berichteten über diesen
erfreulichen Anlass:
„Ministerialrat Ingenieur Ramsauer sagte, in Österreich gäbe es
ein zehntes Bundesland, könnte
man all die ungenutzten, unfruchtbaren und unkultivierten
Landstriche verbessern, bewässern und bepflanzen. In Tirol ist
besonders das Oberinntal arm an
Acker- und Wiesengrund. So sind
die Bauern gezwungen, sich auf
die Viehzucht zu verlegen. Und
erst in den letzten Jahrzehnten
hat man begonnen, in besonders
sonnigen Gegenden in größerem
Umfang zu pflanzen. Doch ausgedehnte Flächen bringen gerade deshalb keinen Ertrag, weil
das nötige Wasser fehlt.
So kann man begreifen dass die
Bauern von Haiming und Silz ein
wahres Volksfest veranstalteten,
als dieser Tage die große Bewässerungsanlage eingeweiht und
eröffnet wurde. Wenn auch das
ganze Grabennetz zur Bewässerung auszuheben ist, so hat man
doch bereits den größten und
schwersten Teil der Arbeit hinter
sich. Deshalb waren neben dem
Obmann der Bewässerungsgenossenschaft Silz-Haiming, Johann Raffl, auch die Bürgermeister beider Gemeinden, die Musikkapelle und zahlreiche Bauern
erschienen. Nach der Feldmesse
Herbst 2015
wurde die feierliche Einweihung
der Anlage vorgenommen. Der
Präsident der Landeslandwirtschaftskammer, Landesrat Muigg, begrüßte in einer kurzen
Ansprache Ministerialrat Ing.
Ramsauer als Vertreter des Landund Forstwirtschaftsministeriums; den Bezirkshauptmann von
Imst, Dr. Petzer; die Hofräte Ing.
Erler, Ing. Kofler und Dr. Müller
und vor allem auch den Seniorchef der Firma Innerebner&Mayr,
die die Bauarbeiten ausgeführt
hatte.
Landesrat Muigg schilderte kurz
den Verlauf der Arbeiten von der
Errichtung der Stauanlage in Brunau, wo die Ötztaler Ache eingefangen wird, zum Durchstich des
harten Granitbergs (das Wasser
wird durch einen 900 m langen
Bergstollen geleitet) bis zur großangelegten Leitung über Ötztal
Bahnhof nach Haiming und Silz.
Er betonte, wie wichtig es sei,
neuen fruchtbaren Boden für die
Tiroler Bauern zu gewinnen, die
durch neue Steuerbelastungen
ohne entsprechende Erhöhung
der Agrarpreise vor einen schweren Existenzkampf gestellt werden. Durch diese Anlage werde
es möglich sein, zwischen Silz
und Haiming gut 600 Hektar bisher wenig oder kaum genützten
Grund zu vortrefflichem Ackerboden umzugestalten“.
(Text und Fotos: Johann Zauner)
Seite 25
Chronik
n allen Diskussionen, die im
Vorjahr zu Großprojekten geführt wurden, kristallisierte sich
klar heraus, dass in den nächsten
Jahrzehnten das Wasser im Wert
höher bemessen werden wird, als
dies in der jüngsten Vergangenheit der Fall war. Neben der von
großen Konzernen europaweit
angestrebten „Wasserliberalisierung“ bewegt im Westen Tirols
vor allem die Frage die Gemüter,
ob bei der Nutzung der Bäche
der Elektrizitätswirtschaft oder
dem Tourismus der Vorzug zu
geben ist. Dabei wird, so scheint
es, der Landwirtschaft nicht der
Stellenwert beigemessen, der ihr
zusteht. Neben den Angeboten
der Rafting-Unternehmen und
der angestrebten Energie-Autarkie müsste die Versorgung der
Bevölkerung mit Lebensmitteln
aus der Region als vorrangiges
Ziel gelten.