1918- 2018
Chronik
´ s Dorfblattl Haiming
Der Kultur auf der Spur: D‘ r Gart‘ n
In den letzten Jahrzehnten hat sich sehr vieles im, vor und um ´ s Haus verändert. Prachtvolle Anlagen mit Ziersträuchern und Teichen waren auf ´ m Lånd unvorstellbar. Da dominierten die Baurngårtn; die treffendere Bezeichnung wäre aber zweifellos Bäurinnen-Garten; denn seit jeher gehörte, von wenigen Ausnahmen abgesehen, dessen Pflege zur unbestrittenen Domäne der Hausfrau. Sie pflanzte darin alles, was sie beim Kochen oder für die Hausapotheke schnell bei der Hand haben wollte bzw. was zum Schmuck der Hofkapelle oder Pfarrkirche nützlich war. D ´ r Gårtn war ihre Visitenkarte. Der Arbeitsaufwand für ´ n Gårtn ist hoch- und: Eine tüchtige Hausfrau erledigt dessen Pflege „ neben der Årbet her“. Dabei endet die Arbeit praktisch nie. Nach dem Abernten wird g‘ dungt und umg ´ stochn. Im Winter sind Sträucher und Rosen zu schneiden, um Maria Lichtmess( 2. Feber) muass ma die Geranien eintopfn und zum Austreiben an einem geeigneten Ort aufstelln. Um Gertraudi( 17. März), wenn sich das Unkraut erstmals wieder aus der Scholle wagt, beginnt das Gartenjahr mit dem Setzen der ersten Knollen und Pflanzlen. Dabei geht jede Gärtnerin nach eigenen Regeln und Erfahrungen vor. Viele achten auf Mondphasen und Sternzeichen. Jene, die etwas zaghaft vorgehen, trösten sich mit der Bauernregel: „ Pflanzest mi im Mai, kimm i glei!“
Ausg ´ sprochn schiane Gartn sicht ma bei: Resi Bair( Riedern), Irma Föger( Hartler Hof), Gabi Gritsch( Widum Haiming), Rita Grüner( Rennackerweg), Hamish u. Ursula Barr( Winklweg), Renate Raffl( Winklweg), Anita Wegleiter( Bahnweg) sowie in Ötztal Bahnhof Hilda Köll und Annemarie Prünster( beide Birkenstraße).( Text: Johann Zauner)
1918- 2018
Ein Held- Millionen Opfer
Johann Götsch- ein Haiminger Schicksal stellvertretend für viele andere.
Heuer jährt sich das Ende des Ersten Weltkrieges zum hundertsten Male. Dies mag zum einen Anlass dafür sein, jener „ Landesverteidiger“ ehrend zu gedenken, die für „ Gott, Kaiser und Vaterland“ ins Feld gezogen sind; zum zweiten soll es heutigen Generationen eine Mahnung gegen den Moloch Krieg sein, zumal mehr als zehn Millionen Soldaten „ am Felde“ ihr Leben ließen und weitere sieben Millionen Zivilisten durch Kriegsverbrechen, Unterernährung und kriegsbedingte Erkrankungen den Tod gefunden haben.
Die Soldaten waren unvorstellbaren Strapazen und Entbehrungen ausgesetzt. Neben schweren Verletzungen und Traumatisierungen blieb ihnen als Anerkennung allenfalls eine Erinnerungs- oder Tapferkeitsmedaille. Deren gab es genug. Doch eine, die „ Goldene Tapferkeitsmedaille“, blieb nur ganz wenigen vorbehalten, sie war die höchste Auszeichnung, die vom Kaiser vergeben wurde. Am 23. September 1918 wurde der Haiminger Johann Götsch damit zur „ wohlverdienten Belohnung für sein schneidiges Verhalten vor dem Feinde bedacht“.- Amtsrat Wilhelm Eppacher berichtete in den renommierten Schlern-Schriften( Nr. 243 / 1966) über das Leben & die Heldentat dieses Haiminger Veteranen: Johann Götsch wurde am 23. Mai 1883 in Haiming( Oberinntal)
Seite 16 Frühling 2018
geboren und kam mit 14 Jahren als Hüterbub in die Bodenseegegend. Endgültig ließ er sich in Singen am Hohentwiel, einem Marktflecken im Kreis Konstanz nieder und fand dort seine zweite Heimat. Alsbald betätigte er sich als Müller, später – bis zum Jahre 1913 – als Sägewerksarbeiter. Hierauf trat er bei dem damals in Singen noch jungen Aluminium-Walzwerk in Arbeit, dem er vorerst als Arbeiter, ab 1920 als Angestellter in Treue diente. In 33 Arbeitsjahren erwarb er sich bei Vorständen und Belegschaft Achtung und Anerkennung. Seine aktive Militärzeit diente er von 1905 bis 1908 bei den Kaiserjägern in Salzburg ab. 1914 einberufen, kam er mit der 5. Feldkompanie des 2. Kaiserjäger-Regimentes nach Galizien, wo er ein ungewöhnlich tapferes Verhalten vor dem Feinde an den Tag legte. Infolge der 1915 erlittenen schweren Verwundung an der rechten Hand wurde er nach längerem Lazarettaufenthalt in die Heimat entlassen. Johann Götsch war seit 1913 verehelicht; drei Söhnen war er ein herzensguter Vater. Am 6. Oktober 1946 wurde er den Seinen entrissen. In Singen liegt er begraben. Als in den Septembertagen 1914 bei Hujcze das Vordringen russischer Abteilungen gegen die rechte Flanke der Kompanie gemeldet wurde, ging Res.-Jäger Götsch freiwillig in den Wald vor und konstatierte das Vorrücken des Feindes in die eigene Flanke. Bei dieser Gelegenheit wurde Götsch verwundet, dennoch rettete er einen schwer verwundeten Kameraden aus den Händen der Russen und machte auch noch das Vorrücken während der ganzen Nacht mit. Am 7. September unternahmen die an Zahl weit überlegenen Russen gegen den Rest des eigenen Regimentes einen Großangriff, Der schneidige Tiroler befolgte den Befehl, in der Schwarmlinie auszuhalten, bis der größte Teil der Kompanie tot oder schwer verwundet am Kampfplatz liegen blieb. In diesem Gefecht war es speziell Götsch( mit zwei anderen Tirolern), der bestrebt war, die in Gefahr geratene Regimentsfahne zu retten, nachdem die früheren Fahnenträger bereits tot auf der Fahne lagen. Leider gelang die Rettung der Fahne nicht, da die Russen, von drei Seiten eindringend, die noch überlebenden Österreicher gefangen nahmen. Zu diesen gehörte auch Götsch. Durch seine unter Lebensgefahr unternommene Flucht aus der Gefangenschaft stellte Götsch seine Unerschrockenheit erneut unter Beweis. Quellenangabe: Eppacher Wilhelm, Hohe Auszeichnungen an Tiroler im 1. Weltkrieg. Schlern-Schriften. Nr. 243. Hg. v. R. Klebelsberg. Innsbruck 1966. S, 15, 16( Text: Johann Zauner)
Manfred Wegleiter recherchierte als Chronist der Gemeinde Haiming: Auf die Welt gekommen ist Johann Götsch am 23. Mai 1883 als Kind der Taglöhnerin Sophia Götsch im Haus Nr. 51( heute vis a vis der Metzgerei Raffl „ Böckeler“, im Wohnhaus des Günther Kopp). Als seine Mutter und Großmutter starben kam er als 8-Jähriger in Pflege; noch im Schulalter lernte er als Hüterbub seine spätere Heimat im Schwabenland kennen. Aus seiner ersten Ehe mit Anna geb. Hafen entspross Sohn Johann(* 2.3.1916), mit Berta geb. Speck hatte er zwei weitere Söhne: Karl Friedrich(* 5.1.1923) und Helmut Franz(* 30.6.1926). Der älteste Sohn Johann fiel als Unteroffizier am 26. Juni 1942 in Russland. Johann Götsch verschied in Singen( Hohentwiel), im Süden Baden-Württembergs, am 7. Oktober 1946. Als Beruf wurde im Sterbebuch der Pfarre „ Kraftwagenführer“ angegeben.