Diese Erklärung hätte man auf einen großen Teil der Ministerialbeamten ausweiten können. Das schockiert natürlich einen Teil der Öffentlichkeit.
Vergleichen wir doch mal die Einkommen eines Abgeordneten und eines Beamten. Für einen kleinen Kommunalbeamten im Rathaus der Kategorie B erscheint das Salär eines François Fillon märchenhaft. Vergleicht man es mit dem Mindestlohn oder dem mittleren Einkommen, ist das krasse Missverhältnis noch deutlicher. Aber wenn man an diesem Punkt stehen bleibt, versteht man nichts.
In Wahrheit vergleicht Alain Minc das Einkommen von François Fillon nicht mit Ihrem oder meinem Einkommen oder mit dem des Durchschnittfranzosen. Er vergleicht das Einkommen mit dem in seiner Klasse üblichen, der Großbourgeoisie. Aus dieser Klasse stammt er, ist ihr Vertreter und Beschützer.
Herr Fillon ist keineswegs ein Abgeordneter seines Wahlkreises, der Sarthe, sondern der Großbourgeoisie und der x- Zimmer-Schlösser, die sie „ Haus“ nennen. Und da wird auf einmal alles klar: Wenn man ein Großbürger ist wie er, und wenn man selbstverständlich die Eliteschulen( Grandes Ecoles) besucht hat wie Sciences Po, HEC, Normale Sup und ENA – nicht etwa um dort etwas zu lernen, sondern weil man dort seinesgleichen trifft-, wenn man also die Klassenprivilegien genossen hat, dann die politische Laufbahn wählt und sich mit einem Abgeordnetengehalt begnügen muss, dann ist das kümmerlich. Herr Fillon vergleicht sein Gehalt nicht mit dem Ihren oder mit meinem, sondern mit dem seiner Gleichgesinnten aus der Großbourgeoisie, die jetzt Chef von Großunternehmen, Rechtsanwälte oder Bankiers sind.
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Da gibt es diejenigen, wie Herrn Macron [ 6 ], die mit einem Zauberstreich bei einem Unternehmensaufkauf zwei Millionen Euro verdienen, also mehr als das, was Herr Fillon in zehn Jahren geduldigen Abzweigens von Abgeordnetendiäten erreichen konnte.
Emmanuel Macron
Aber warum ist François Fillon dann nicht wie die anderen Großbürger in die Privatwirtschaft gegangen, um sich zu bereichern? Warum hat er es nicht gemacht wie Emmanuel Macron? Wenn er schon den öffentlichen Dienst und die politische Laufbahn wählt, dann soll er doch bitte akzeptieren geringer entlohnt zu sein, o- der? Das wäre viel zu viel verlangt …
Die Politik im Dienste des Kapitalismus
Die richtige Frage lautet also: Warum ist er Politiker geworden? Um Frankreich zu dienen? Keineswegs. François Fillon ist Politiker geworden, weil seine Klasse ihn als solchen braucht. Die Großbourgeoisie braucht Leute wie ihn im Parlament zum Erhalt ihrer Privilegien.
Man stelle sich vor, dass alle Großbürger bei Nestlé oder Total arbeiten würden und das Parlament von Arbeiterabgeordneten bevölkert würde, die Gesetze zum Schutz der Arbeiter verabschieden würden, den Mindestlohn erhöhen würden oder gar