Nationalparkplan Band 2 | Page 106

Dem Nationalparkbesucher erschließen sich zudem eine Vielzahl von faszinierenden Naturerlebnissen. Brütende Fischadler, Seeadler bei der Jagd, das Trompeten balzender Kraniche und Scharen von Wildgänsen und Enten, die auf ihrem Zug in die Winterquartiere an den zahlreichen Seen im Müritzgebiet rasten. Besonders beeindruckend ist auch das Röhren der Hirsche, das zur Brunft im Herbst durch die nebligen Wälder hallt.
7.1.2 Prägende Bereiche und Elemente der Kulturlandschaft
Beim überwiegenden Teil der Wälder im Müritz-Nationalpark handelt es sich nicht um natürliche( Ur-) Wälder, sondern um künstlich begründete und bisher intensiv genutzte Kiefernbestände. So werden weite Teile des Gebietes durch monotone Stangenholzbestände und Schonungen geprägt. Kiefernaltbestände hingegen bieten trotz der Strukturarmut und der Gleichförmigkeit der Bäume in Alter und Wuchs eindrucksvolle optische Reize. Seidig wehende Gräser, säulenartige, deutlich zweifarbige Stämme, ein blaugrünes lichtes Nadeldach, Zweige und Äste schaffen einen weitläufigen stimmungsvollen Raum.
Als Teil einer erhalten gebliebenen historischen Kulturlandschaft stellt die zwischen Spukloch und Müritz liegende Wacholderheide mit ihren bizarren Baumformen eine Besonderheit dar. Sie hat sich erst nach 1940 aus einer Hutungsfläche entwickelt und ist im Müritz-Nationalpark die einzige heute noch existierende.
Die traditionell extensiv landwirtschaftlich genutzten Bereiche östlich des Rederangsees mit Pfeifengraswiesen und Kleinseggen-Rasen, die auch als Nahrungs- bzw. Rastflächen für Kraniche bedeutsam sind und die zwischen Müritzhof und Müritz gelegenen Feuchtwiesen und-weiden sind landschaftlich sehr reizvoll. Darüber hinaus besitzen sie ein außerordentlich hohes Inventar an seltenen Pflanzen und Tierarten.
Die am Ostufer des Feisnecksees kleinflächig vorkommenden Magerrasen und Halbtrockenrasen und damit zusammenhängende Gehölze sind als besonderer Kulturlandschaftsbereich einzuordnen. Hier sind es Arten wie Wiesen-Kuhschelle( Pulsatilla pratensis), Karthäuser-Nelke( Dianthus carthusianorum), Ästige Graslilie( Anthericum ramosum), Ohrlöffel-Leimkraut( Silene otites) und Tauben-Scabiose( Scabiosa columbaria), die als vom Aussterben bedroht bzw. als stark gefährdet gelten.
Die weiteren Offenlandschaften des Nationalparks werden von z. T. ausgedehnten Sukzessionsflächen sowie von landwirtschaftlich genutzten Flächen geprägt. Die in der Regel extensive Wiesen- und Weidenutzung beschränkt sich vornehmlich auf die Niederungsbereiche. Diese Gebiete zeugen noch häufig durch vereinzelte Röhrichtbestände und Weiden- oder Erlengebüsche von ihrem ursprünglich feuchteren und meist moorigen Standort. Auf den trockeneren Mineralstandorten der Sanderflächen und Endmoränen überwiegen Ackerflächen, auf denen schwerpunktmäßig Getreide und Kartoffeln angebaut werden. Äcker und Ackerbrachen bieten dem Betrachter im Sommer, wenn diese sich zur Blüte der Ackerwildkräuter in ein buntes Meer verwandeln, einen ganz besonderen Aspekt.
Unter den bewaldeten Bereichen ist das Peeneholz mit ehemals als Bauernwald genutzten Teilen, die dementsprechend Reste von Mittelwaldstrukturen aufweisen, als kulturhistorisches Relikt einzustufen: im Oberstand befinden sich hier Buchen und im Mittelstand Birken, Hainbuchen und Hasel. Im Umfeld und am Rande des Peeneholzes befinden sich Hügelgräber. Markant ist der ca. 1 km lange Lesesteinwall am Südrand( ehemalige Gemeindegrenze Schwastorf / Kargow), der bemerkenswerte Moosvorkommen aufweist.
Die offenen Kulturlandschaften mit eingestreuten kleinen Dörfern spielen zwar in Bezug auf den Flächenanteil nur eine untergeordnete Rolle, doch finden sich gerade hier die abwechslungsreichsten Landschaftsbilder. Der Wechsel von Wald und Offenland, freiliegende Reliefformen, Siedlungen, Wiesen und Weiden, Äcker und Brachen, Alleen und Feldgehölze vermitteln den Eindruck harmonischer Kulturlandschaft.
7.2 Weitere landschaftsbildprägende Elemente
Generell wird das Landschaftsbild auch von baulichen Strukturen beeinflusst. Z. B. gehen von der Bahnstrecke Rostock-Berlin visuelle und akustische Störungen für das Landschaftserleben aus. Von einigen Punkten aus sind die leuchtend hellgrauen Beton- und Stahlmasten der Oberleitungen weithin sichtbar, der Großteil der Strecke bleibt jedoch verborgen. Stärker als die visuelle ist die akustische, von Windrichtung und-stärke abhängige Störung als Beeinträchtigung zu werten.
Erhebliche Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes stellen die zwei 110-kV Leitungen dar, die das Gebiet des Müritz-Nationalparks auf einer Gesamtlänge von 33 km zerschneiden: die Trasse Fürstenberg-Waren( Müritz), auf einer Strecke von 22 km zwischen Useriner Mühle( über Abzweig Granzin) und Federow sowie zwischen dem Abzweig Granzin bis zum Umspannwerk Neustrelitz auf einer Länge von 11 km. Die durchschnittliche Mastenhöhe beträgt 23 m; die Seekreuzungsmasten sind bis zu einer Höhe von 60 m ausgelegt. Aus Sicherungsgründen ist ein
88