Mein erstes Magazin "S" Magazine | Page 12

Nonntaltor
1900
rikanern beschlagnahmten und neugebauten
Wohnungen bei ihrem Abzug.
Ganze Stadtviertel entstanden. Wohnen
im Hochhaus wurde modern und erstrebenswert
.
Es war später, 1965, als mir der in Salzburg
wehende Westwind wieder einmal

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„ gelbe Elektrische“
vor dem Hotel Pitter
1900
gann Grabendächer, Mauern und bröckelnde Fassaden zu malen. Sie wurden mir zur schwer durchdringbaren Grenze des Wechselverhältnisses zwischen innerer und äußerer Welt. Meine jugendliche Beschäftigung mit Architekturmalerei ist sinnbildlich Menschenmalerei gewesen. Es galt der Schwermut der Vereinsamten, die sensibel daran festhielten und nicht aufgeben wollten, sich und andere wahr zunehmen, in Form von symbolisch gemalter Melancholie nachzuspüren. Die Altstadtarchitektur verkörperte mir den Mangel an lebendigen Menschen. Erst als die Felsen, Wände und Mauern in den Sechzigern sich mit Menschenbeziehungen füllten, verloren sie das beängstigt Faszinierende und gerieten zur Hülle für anderes. Ein dramatisches Ereignis ums andere, welches vom Bau des großen Festspielhauses bis zum Erleben der Aufführungen auf dessen Bühne schon vorweggenommen wurde. Die Häuser der Imbergstiege stehen heute leer, die bröckelnden Fassaden sind Selbstzweck geworden. Unten, am Anfang der Stiege, in der Steingasse, bekam meine Mutter noch offene Milch Kanne, mein mein Vater holte sein Bier mit dem Steinkrug von der Gassenschank, der Fleischhauer pflegte seine Selchkammer und der Lebensmittelhänd-
ler brachte sich über die Runden. Heute sind in diesen Räumen und Gewölben gestylte Lokale mit Musik für die Vorstadt- und Landjugend entstanden. So sehr sich das Leben in den Wohnungen und in den Gassenlokalen geändert hat, nach außen hin blieb in der Altstadt das Aussehen der Häuser gleich. Über den Hexenturm, der von einem Bombentreffer zerstört nur mehr als Ruine bestand, wurde debattiert, ob er nicht wieder aufzubauen wäre, ansonsten waren Ende der fünfziger Jahre die Kriegsschäden in der Altstadt mit dem Neubau der Domkuppel zur Gänzebehoben. Anders in den Vorstädten. Ich erinnere mich, dass ich als Kleinkind an Barackenlagern in der Alpenstrasse entlangfuhr, wo sich heute ein Einkaufszentrum nach dem anderen neben Bürogebäuden reiht. Das Internierungslager für Nationalsozialisten wurde anschließend für Wohnzwecke von Flüchtlingen und ausgebombten Salzburgern genutzt. Sozialer Wohnbau begann. Die Not linderte auch das Freiwerden, der von den Ame-
interessante Geräusche in meine Ohren auf die Terrasse meines Elternhauses holte. Heiterer, ekstatischer Lärm aus vielen, jungen Menschenkehlen, von einer anderen Welt. Es war das Gekreische er herbeigeeilten Fans zum Empfang der britischen Popgruppe „ The Beatles“. Sie landeten am 13. März am Flughafen in Maxglan, um Schiszenen für Ihren Film „ Help“ im Salzburgischen zu drehen. Wie muss es damals um den Verkehrslärm in Salzburg gestanden haben, das Gejohle und Geschrei war bis zu uns am Kapuzinerberg zu hören, als sich die Beatles am Balkon ihres Hotels zeigten. Von Ihnen inspiriert wurde uns auf der Straße nicht selten allein auf Grund unserer Haarmode, die zugegebenermaßen in ihrer Länge jener der Beatles bald übertraf, ein gewisser Hitler an den Hals gewünscht. Jene, die es nicht vom Elternhaus her besser wussten, stellten langsam fest, dass uns damit nicht etwa ein gestrenger Frisör mit seiner Schere empfohlen wurde, sondern das „ Dritte Reich“. Dieses hätte uns zumindest in ein Arbeitslager, wenn nicht in noch viel Schlimmeres befördert, um dem Schimpfenden unseren als störend empfundenen Anblick zu ersparen. Unterm Hitler hätte es uns nicht gegeben, weil dieser mit Hilfe seines Regimes imstande gewesen wäre, unsere Entwicklung zu verhindern. So leicht wurde es uns damals gemacht, ein eindeutig politisches Statement abgeben zu können: allein durch das Äußere begaben