HARVARD BUSINESS MANAGER MAGAZINE Harvard_Business_Manager__Juli_2017 | Page 72

STRATEGIEN ENTSCHEIDEN
sie tun, oft absolut nicht linear ist. Trotzdem glauben Manager in vielen Fällen, dass klassische quantitative Tools wie Umfragen mit Bewertungen des Stellenwerts auf einer Skala von 1 bis 5 lineare Rückschlüsse auf das Konsum- verhalten zulassen. In Wirklichkeit unterscheidet sich das Verhalten von Verbrauchern, die den Umweltschutz mit einer 1 am niedrigsten bewerten, und solchen, die eine 4 vergeben, kaum oder überhaupt nicht; das haben Unter- suchungen gezeigt. Zwischen 4 und 5 besteht hingegen ein enormer Unterschied. Der Zusammenhang zwischen Verhalten und Einstellung ergibt grafisch eine Kurve, keine Gerade:
Unternehmen berücksichtigen dies oft nicht, was zum Teil an ihrer Fokussierung auf Durchschnittswerte liegt. Diese verschleiern das nicht lineare Wesen von Zusammenhängen und führen zu Prognosefehlern. Angenommen, ein Unternehmen führt in zwei Zielgruppensegmenten eine Umfrage zum Thema Nachhaltigkeit durch. Im ersten Segment bewerten alle Verbraucher die Bedeutung von Umweltschutz mit einer 4; in der anderen Gruppe vergeben 50 Prozent eine 3 und 50 Prozent eine 5. Im Durchschnitt ist der Stellenwert von Nachhaltigkeit in beiden Gruppen gleich hoch, aber im zweiten Segment ist die Bereitschaft, grüne Produkte zu kaufen, insgesamt erheblich höher. Das liegt daran, dass Verbraucher, die eine 5 vergeben, viel eher umweltfreundliche Kaufentscheidungen treffen als Kunden, die das Thema mit einer 4 gewichten; auf der anderen Seite ist umweltfreundliches Verhalten bei Konsumenten mit einer 4 nicht wahrscheinlicher als bei solchen, die eine 3 vergeben.
Die nicht lineare Art der Beziehung zwischen Einstellung und Verhalten zeigt sich in vielen wichtigen Bereichen, zum Beispiel auch beim Datenschutz. Eine groß angelegte Umfrage in den Niederlanden hat ergeben, dass Verbraucher, die nach eigenem Bekunden großen Wert auf Datenschutz legen, kaum weniger Treuekarten in der Tasche haben, als solche, die dem Datenschutz eine geringe Bedeutung beimessen. Wie kann es angehen, dass Menschen sagen, sie sorgen sich um die Sicherheit ihrer Daten, und dann an Treueprogrammen teilnehmen, bei denen sie sensible persönliche Informationen offenlegen? Auch hier gilt: Nur diejenigen, die sagen, sie seien extrem besorgt um den Datenschutz, ergreifen auch konsequente Maßnahmen, um ihre Daten zu schützen, während die meisten anderen ihr Verhalten nicht anpassen, ganz gleich, was sie in einer Umfrage sagen.
KOMPAKT
DAS PROBLEM
Zwischen Variablen wie der Speicherkapazität und Ergeb- nissen wie der Menge an Daten, die auf einem iPad Platz haben, erwarten wir meist eine lineare Beziehung. Häufig trifft das zu, oft aber auch nicht: Die Zeit- ersparnis durch eine schnellere Internetverbindung nimmt mit steigender Downloadgeschwindigkeit immer mehr ab. Wer das nicht durchschaut, trifft schlechtere Entscheidungen.
DIE LÖSUNG
Sie müssen die vier Grundtypen nicht linearer Beziehungen kennen und wissen, wie und in welchen Situa tionen lineares Denken zu Fehleinschätzungen führt. Dann lässt sich anhand von Visuali- sierungen zeigen, ob und inwiefern bestimmte Zusammen hänge nicht linear sind; das ermöglicht Ent- scheidungen, die Ihr gewünschtes Ergebnis maximieren.
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