HARVARD BUSINESS MANAGER MAGAZINE Harvard_Business_Manager__Juli_2017 | Página 71
hervorragend: Wenn Sie 50 Bücher auf einem Regal un -
terbringen, haben Sie Platz für 100 Bücher, wenn Sie ein
weiteres Regal der gleichen Größe aufstellen, und Sie kön-
nen 150 Bücher verstauen, wenn Sie noch ein drittes hin -
zufügen. Wenn eine Tasse Kaffee 2 Dollar kostet, dann be-
kommen Sie für 10 Dollar 5 Tassen, für 20 Dollar 10 und für
30 Dollar 15 Tassen.
Im Geschäftsleben gibt es allerdings viele nicht lineare
Zusammenhänge, und die gilt es zu erkennen. Das betrifft
Generalisten und Experten gleichermaßen. Selbst Exper-
ten, die in ihrem Bereich nicht lineare Zusammenhänge
kennen, laufen Gefahr, diese zu missachten und sich statt-
dessen auf ihr Bauchgefühl zu verlassen. Leider führt das
oft zu schlechten Entscheidungen.
LINEARES DENKEN IN DER PRAXIS
Unsere Beobachtungen zeigen, dass sowohl Verbraucher
als auch Unternehmen in vielen Situationen ihrem Hang zu
linearen Zusammenhängen zum Opfer fallen. Das gilt auch
für ein zentrales unternehmerisches Ziel: das Erwirtschaf-
ten von Gewinnen.
Drei Faktoren sind im Wesentlichen für die Höhe des Ge-
winns verantwortlich: Kosten, Absatz und Preis. Eine Än-
derung einer dieser drei Größen erfordert eine Anpassung
der anderen, um den Gewinn halten zu können. Steigende
Kosten müssen entweder durch Preis- oder durch Absatz-
steigerungen aufgefangen werden – oder beides. Wenn Sie
den Preis senken, müssen Sie entweder auch die Kosten
senken, den Absatz steigern oder beides, um Gewinneinbu-
ßen zu verhindern.
Leider beurteilen Manager die Wechselwirkung zwi-
schen diesen drei Faktoren häufig nach Gefühl und liegen
völlig daneben. Seit Jahren weisen Experten Unternehmen
darauf hin, dass sich Preisänderungen stärker auf den
Gewinn auswirken als Änderungen beim Absatz oder bei
den Kosten. Trotzdem konzentrieren sich Manager oft zu
sehr auf die letzteren beiden Kategorien, statt den Preis zu
optimieren.
Warum? Weil hohe Absatzsteigerungen, die sich durch
Preissenkungen erzielen lassen, beeindruckend sind. Dabei
ist den Verantwortlichen nicht klar, wie groß die Steigerun-
gen sein müssen, um den Gewinn konstant zu halten, ins-
besondere bei kleinen Margen.
Stellen Sie sich vor, Sie verantworten einen Hersteller
von Papierhandtüchern. Diese verkaufen Sie für 50 Cent
pro Rolle, und die Grenzkosten der Fertigung liegen bei
15 Cent pro Rolle. Vor Kurzem haben Sie zwei Aktionen mit
reduzierten Preisen durchgeführt:
Preis/Rolle
Absatz
NORMAL ANGEBOT A:
20 % RABATT ANGEBOT B:
40 % RABATT
50 Cent
1000 40 Cent
1200 (+ 20 %) 30 Cent
1800 (+ 80 %)
Auf den ersten Blick wirkt B beeindruckender: 80 Prozent
mehr Absatz bei 40 Prozent Preisnachlass erscheinen er-
heblich profitabler als 20 Prozent mehr Absatz bei einem
Rabatt von 20 Prozent. Aber Sie haben es schon geahnt:
B ist hier nicht die gewinnträchtigste Strategie.
Beide Sonderangebote schmälern den Gewinn, aber B
führt zu erheblich höheren Gewinneinbußen als A. So sieht
die Gewinnverteilung der verschiedenen Szenarien aus:
Preis/Rolle
Absatz
Gewinn/Rolle
Gewinn
NORMAL ANGEBOT A:
20 % RABATT ANGEBOT B:
40 % RABATT
50 Cent
1000
35 Cent
350 Dollar 40 Cent
1200 (+ 20 %)
25 Cent
300 Dollar 30 Cent
1800 (+ 80 %)
15 Cent
270 Dollar
B hat zwar den Absatz nahezu verdoppelt, aber der Ge-
winn ging um 25 Prozent zurück. Um die 350 Dollar Gewinn
des Normalpreisszenarios zu halten, müsste der Absatz bei
40 Prozent Preisnachlass um 133 Prozent auf mehr als 2300
Einheiten steigen. Die Kurve sieht so aus:
Das Phänomen nicht linearer Zusammenhänge erstreckt
sich auch auf immaterielle Werte wie die Einstellung der
Verbraucher. Nachhaltigkeit ist ein gutes Beispiel dafür.
Manager beklagen sich häufig, das Umweltbewusstsein der
Kunden sei ein reines Lippenbekenntnis, denn sie seien
nicht bereit, für umweltfreundliche Produkte mehr zu
bezahlen. Quantitative Analysen bestätigen dies. Eine Um-
frage der National Geographic Society und des Meinungs-
forschungsinstituts GlobeScan über 18 Länder hinweg hat
ergeben, dass sich die Verbraucher heute erheblich größere
Sorgen um die Umwelt machen als früher, dass sie aber ihr
Verhalten deutlich langsamer verändert haben. Nahezu alle
Befragten stimmten zu, dass die Produktion und der Kon-
sum von Lebensmitteln nachhaltiger sein sollten, aber nur
wenige änderten ihr eigenes Verhalten, um dieses Ziel zu
erreichen.
Woran liegt das? Es hat sich gezeigt, dass die Beziehung
zwischen dem, was die Verbraucher sagen, und dem, was
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