HARVARD BUSINESS MANAGER MAGAZINE Harvard_Business_Manager__Juli_2017 | Page 59

Ende der Wohlstandspyramide zu ziehen, können wir ein solches Vermögen mit ihm aufbauen – und bei unserer Strategie die Folgen für die Umwelt im Blick behalten. Es ist eine überzeugende Vision, die diese Wissenschaftler entwickelt haben: ein inklusiver Kapitalismus, bei dem Unternehmen, staatliche Institutionen und Nichtregierungsorganisationen an einem Strang ziehen. Sie setzt seit anderthalb Jahrzehnten frische Kräfte frei und hat bemerkenswerte Erfolge erzielt.
Mittlerweile wenden sich jedoch viele der multinationalen Unternehmen, die diese Chance ergriffen haben, wieder ab – entmutigt von den großen Schwierigkeiten vor allem in Afrika. Im Februar 2016 erklärte beispielsweise die Barclays Bank, dass sie Afrika wieder verlassen wolle – im Rahmen eines allgemeinen Rückzugs aus Schwellenmärkten, die sich nicht so schnell entwickelten wie erwartet. Im Juni 2015 kündigte Nestlé an, die Aktivitäten auf dem Kontinent dramatisch zurückzufahren. Der Konzern kürzt das Personal in 21 Ländern um insgesamt 15 Prozent, gibt zwei Länder komplett auf und reduziert das Sortiment um die Hälfte. Auch andere große westliche Konsummarken wie Coca-Cola, Cadbury-Schokolade, Eveready-Batterien und SABMiller-Bier verlassen Afrikas Märkte, die einst so vielversprechend schienen. Nach den jüngsten Statistiken der UN- Konferenz für Handel und Entwicklung( UNCTAD) sind die ausländischen Direktinvestitionen in Afrika 2015 um ein Drittel auf 38 Milliarden US- Dollar gesunken – entgegen dem allgemeinen Trend in Industriestaaten.
WARUM ES OFT NICHT VORANGEHT
Unter den Problemen, auf die die Multis gern verweisen, stechen vier durch ihre Hartnäckigkeit und Geläufigkeit hervor. Im Grunde kennen wir diese Hindernisse seit Jahrzehnten.
Allgegenwärtige Korruption. Am deutlichsten wirkt sich wohl der lähmende Einfluss der Korruption aus. Die Konzerne misstrauen verständlicherweise der institutionalisierten Korruption und wollen daher vor allem in Ländern investieren, die eine Prüfung, intern oder durch eine internationale Organisation, zum Ausmaß der Korruption bestanden haben. Hier zeigt sich der Kontinent leider nicht von seiner besten Seite. Traditionell finden sich die Staaten Afrikas im „ Ease of Doing Business Index“ der Weltbank oder im „ Corruption Perceptions Index“ von Transparency International am unteren Ende der Rangliste. Die Entscheidung seines Unternehmens, Nigeria zu verlassen, erläuterte Jan Arie van Barneveld, Chef des nie- derländischen Personaldienstleisters Brunel, mit den Worten: „ Wir hatten das Gefühl, ständig übers Ohr gehauen und bestochen zu werden.“
Fehlende Infrastruktur. Potenzielle Marktteilnehmer halten an der Vorstellung fest, dass Inves- titionen der Infrastruktur folgen sollten – dass also die Weltbank und andere internationale Entwicklungsorganisationen Strom, Straßen, Kanalisation und andere öffentliche Versorgungsleistungen bereitstellen sollten, auf denen die Privatwirtschaft aufbauen kann. Auch auf dem jüngsten World Economic Forum on Africa herrschte diese Vorstellung vor. Die Redner stellten diverse Ansätze vor, um die Entwicklung auf dem Kontinent voranzutreiben – von der Forderung nach einer Landreform über den Fokus auf Bildung bis hin zu größeren Finanzmärkten. Gleichzeitig kam der Ruf nach höheren Unternehmens- und Vermögensteuern auf, um all diese angeblichen Voraus- setzungen bezahlen zu können.
Gravierender Fachkräftemangel. Und noch ein drittes Problem hindert multinationale Unternehmen daran, in Afrika zu wachsen: der verbreitete Mangel an Fachleuten. Besonders gravierend ist er in Subsahara-Afrika, insbesondere in Märkten, die in jüngster Zeit stark gewachsen sind wie Kenia, Südafrika und Nigeria. Eine neuere Untersuchung des Personalberaters Russell Reynolds zum Thema Führungskräfte in Afrika hat laut „ Wall Street Journal“ gezeigt, dass Unternehmen „ in der Region großes Interesse an guten Mit arbeitern haben, aber feststellen müssen, dass Kandidaten mit traditionellen Managementkompetenzen wie der Fähigkeit, Veränderungen voranzutreiben oder Teams aufzubauen, Mangelware sind“. In einer ausführlichen Analyse der Situation in Südafrika

„ KANDIDATEN MIT TRADITIONELLEN MANAGEMENT- KOMPETENZEN SIND MANGELWARE.“

weist eine Untersuchung des Weltwirtschafts- forums unter dem Titel „ Future of Jobs“ einen Großteil der Schuld den Hochschulen zu, die im Bereich der MINT-Fächer kein angemessenes Angebot bereit hielten und Fähigkeiten wie das Lösen komplexer Probleme, kritisches Denken oder kognitive Flexibilität vernachlässigten.
Unterentwickelte Mittelschicht. Und schließlich knüpfen die meisten multinationalen Kon-
JULI 2017 HARVARD BUSINESS MANAGER 59