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TRANSFORMATION STRATEGIEN
gabe eines Mietwagens abwickeln. Die Autos kön-
nen sie innerhal regionaler Grenzen an beliebigen
Parkplätzen zurückgeben. Angesichts der dynami-
schen globalen Entwicklung von Wettbewerbern
wie Uber erweiterte Daimler 2012 sein Angebot er-
neut und gründete die Daimler Mobility Services
GmbH. Deren Kernprodukt Moovel ist eine App,
die dem Kunden für eine beliebige Fahrstrecke
den optimalen Verkehrsmittelmix anbietet. Damit
steigerte Daimler den Grad der Vollständigkeit
und Integration weiter. Die Kunden können über
die Website oder die dazugehörige App unter-
schiedliche Mobilitätsdienste wie Leihwagen (un-
ter anderem Car2go), Bahn oder Taxi wählen. Da-
durch erhält Daimler auch enormes Wissen über
das Mobilitätsverhalten der Kunden, was eines
Tages mit den Daten aus autonomen Fahrzeugen
zusammengeführt werden kann.
Backend: Eine führende Plattform etablieren
und kontrollieren, um sowohl interne als auch
externe Dienste anbieten zu können
die zu erwartenden Rückgänge im Pkw-Geschäft
aufzufangen. CEO Dieter Zetsche glaubt an ein
Umsatzziel von einer Milliarde Euro im Jahr
2020 (was allerdings erst 1 bis 2 Prozent des
Konzernumsatzes ergäbe). Insgesamt hat
Daimler bereits über 500 Millionen Euro in
dieses neue Plattformgeschäftsmodell inves-
tiert. Um zu einer dominanten und profitablen
Mobilitätsplattform zu werden („Winner takes
most“) und sich gegenüber Wettbewerbern wie
Moovit oder Qixxit durchzusetzen, wird das
Unternehmen sich auch auf der Anbieterseite wei-
ter öffnen müssen. Dazu gibt es bereits Gespräche
mit DriveNow von BMW. Auch werden noch wei-
tere Mobilitätsdienstleister auf die Plattform kom-
men müssen. Die mittelfristige Herausforderung
ist nun, beide Geschäftsmodelle kulturell mitein-
ander zu verflechten, denn bislang sind die Daim-
ler Mobility Services noch eine weitgehend iso-
lierte Einheit im Konzern, mit Mitarbeitern, die
meist von außen kamen.
Daimler musste für die Aufgaben bei Car2go zahl-
reiche neue Prozesse installieren. Dazu gehört das
Erstellen von Abrechnungen oder das Bereitstel-
len intakter Fahrzeuge. Auch neue Partnerschaf-
ten wurden notwendig. 2011 ging das Unterneh-
men ein Joint Venture mit Europcar ein, um von
deren Erfahrung im Flottenmanagement und der
Logistik zu profitieren. Bei der Erweiterung des
Angebots durch Moovel musste das Unternehmen
die möglichst nahtlose Vernetzung mit neuen
Partnern wie MyTaxi, Hailo, RideScout oder der
Deutschen Bahn bewältigen.
Ertragsmechanik: Statt Einzelverkäufen
einen Strom eher geringer, dafür aber
kontinuierlicher Einnahmen erzeugen
Meist ergeben diese sich über ein Subskriptions-
modell etwa in Form von Abonnements oder
durch eine Servicelevelvereinbarung. Daimlers
Autovermietung Car2go rechnet nach Benut-
zungszeit ab. Moovel ist kostenlos für die Kunden,
während die Partner für die Vermittlungsdienste
eine Gebühr entrichten müssen. Zukünftig kann
man sich auch Flatrate-Mobilitätsangebote in
einer bestimmten Region vorstellen oder Einnah-
men aus kundenspezifischen Anzeigen.
Damit ist die Transformation des Daimler-Ge-
schäftsmodells nicht zu Ende. Natürlich wird der
Konzern auch weiter Mercedes-Fahrzeuge in
einem Produktgeschäftsmodell produzieren und
verkaufen. Doch der Umsatzanteil des neuen
Plattformgeschäftsmodells der Daimler Mobility
Services sollte ständig größer werden, auch um
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