STRATEGIEN TRANSFORMATION
einmaliges Projekt. Beispiele: Beratungen, Bauunternehmen.
Lösungsgeschäftsmodelle Hochgradig indivi- dualisiert, gleichzeitig sorgt der Anbieter auch für die komplette Umsetzung der Leistung(„ planbuild-run“). Beispiel: Hewlett-Packard erstellt für seine Kunden eine Systemlandschaft aus Druckern, Kopierern, Scannern oder Faxgeräten. Der Kunde bezahlt zum Beispiel für die Zahl vervielfältigter Seiten.
Unternehmen kommen in der Regel immer dann in die Situation, sich über eine Transfor- mation Gedanken zu machen, wenn durch Konkurrenten das etablierte Geschäftsmodell an Wettbewerbsstärke verliert. Eine marginale Wei- terentwicklung des bestehenden Geschäfts- modelltyps ist dann oft keine Option mehr.
Dieser Moment ist für den unternehmerischen Erfolg entscheidend. Denn gerade die erfolg- reichen Herausforderer haben keine Scheu, ihr eigenes Geschäftsmodell kontinuierlich weiter- zuentwickeln. So betreibt Netflix zwar primär ein Plattformgeschäftsmodell, hat diesem aber durch den erfolgreichen Einstieg in das Studiogeschäft mit eigener Produktion von Premiuminhalten ein Produktgeschäftsmodell hinzugefügt. Solche Transformationen sind für Führungskräfte eine große Herausforderung, da sie meist auch einen substanziellen Kulturwandel und neue Kompetenzen erfordern.
DEN RADIKALEN WANDEL UMSETZEN
Als ersten Schritt zur Transformation des eigenen Geschäftsmodells muss das Führungsgremium des Unternehmens definieren, welches neue Geschäftsmodellgebiet es anstrebt. Die vier möglichen Pfade, um dieses Ziel zu erreichen, illustrieren wir in unserem „ Business Model Transformation Board“( siehe Grafik Seite 51). Dabei kann sich entweder der Grad der Vollständigkeit einzelner Transaktionen signifikant ändern oder der Grad der Individualisierung oder beides.
Bei der Analyse der Transformationsfälle haben wir beobachtet, dass die erfolgreichen Unter- nehmen ihr Geschäftsmodell in drei Bereichen anpassen:
Frontend Der durch den Kunden wahrnehmbare Bereich der Wertschöpfungsaktivitäten. Dieser umfasst das Nutzenversprechen an die wichtigs- ten Anspruchsgruppen, das Angebot an die Kunden sowie die Art der Interaktionen mit ihnen.
Backend Die durch die Kunden nicht wahrnehmbaren Wertschöpfungsaktivitäten, die erforderlich sind, um das Geschäft zu betreiben. Dies umfasst auch Änderungen bei den kritischen Ressourcen wie etwa den erforderlichen Technologien und Fähigkeiten.
Ertragsmechanik Die Art und Weise, wie man in einem Geschäft zu Erträgen gelangt und die Profitabilität steuert.
In der Praxis geschieht die Transformation der drei Bereiche oft nur teilweise – doch unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass das volle Potenzial der Veränderungen erst nach der An- passung aller drei Bereiche eintritt.
Je nachdem welchen Transformationspfad Unternehmen wählen, werden sie mit unterschiedlichen Hürden in diesen drei Bereichen konfrontiert. Wir stellen für die folgenden vier Transformationspfade die jeweils wichtigsten Heraus forderungen vor.
TRANSFORMATIONSPFAD: ERWEITERUNG DAS BEISPIEL DAIMLER
Wenn Unternehmen ihren Kunden nicht nur ein einziges Produkt bieten, sondern stattdessen ein umfassendes und integriertes Angebot machen wollen, dann geschieht dies in der Regel als Reaktion auf Druck von außen: Weil der Kunde ein solches Angebot inzwischen erwartet und das Unternehmen sonst Gefahr läuft, ihn zu ver- lieren. Das kann geschehen, weil Wettbewerber heranwachsen, die das Bedürfnis, das der Kunde erfüllt sehen möchte, weitgehend zu befriedigen wissen. Zieht ein traditionelles Unternehmen dann nicht mit, droht es zum Komponentenlieferanten des neuen Plattformbetreibers herabgestuft zu werden.
Auch beim Autokonzern Daimler führten geänderte Kundenbedürfnisse und neue Wettbewerber zu einem Strategiewechsel. Wie andere Kfz-Hersteller auch, will sich Daimler zum Anbieter einer integrierten Mobilitätsdienstleistung entwickeln.
Frontend: Einen überlegenen Service entlang der gesamten Wertschöpfungskette entwickeln Im traditionellen Produktgeschäft hat Daimler nur unregelmäßig Kontakt mit dem Kunden, zum Beispiel beim Kauf eines neuen Fahrzeugs und bei der Wartung über die Werkstätten. Um ein umfassenderes und integrierteres Produkt zu liefern und die Kunden enger an das Unternehmen zu binden, entwickelte Daimler 2008 zunächst die Autoverleihplattform Car2go. Über eine Smartphone-App können die Kunden den kompletten Prozess von der Information über die Ausleihe bis zur Rück-
48 HARVARD BUSINESS MANAGER JULI 2017