HARVARD BUSINESS MANAGER MAGAZINE Harvard_Business_Manager__Juli_2017 | Page 30

SCHWERPUNKT KARRIERE dieses Blatt Papier mit Kunststoff laminiert haben, damit es die nächsten 1000 Gespräche mit Mit - arbeitern besser übersteht. Sie schaffen es, ihren Mitarbeitern pausenlos in den einfachsten Worten einzuschärfen, worauf es ankommt. Wofür ein CEO seine eigene Zeit verwendet, ist schon in sich eine wichtige Botschaft für andere. Doch das entbindet sie oder ihn noch nicht von dem lang- weiligen Teil des Jobs: Diese Botschaft muss stets aufs Neue wiederholt werden. Wir finden sogar, dass CEOs eine Strategie „an den Fingern“ statt auf einem Blatt Papier entwi- ckeln sollten (das macht dann auch das Laminie- ren unnötig). Der Daumen steht für eine einfache Antwort – also ohne modische Management - begriffe – auf die Frage „Warum gibt es uns?“. An den restlichen Fingern werden dann drei oder vier Punkte aufgeführt, in denen das Unternehmen erfolgreich sein muss, damit es diesen Zweck erfüllen kann. Bei dem indischen Konsumgüter - hersteller CavinKare lautet die „Daumenregel“ zum Beispiel: „Was reiche Menschen genießen, sollte sich auch der Normalmensch leisten kön- nen. Unser Job besteht darin, das zu ermöglichen.“ Bei einem brasilianischen Einzelhändler steht der Daumen für den Satz: „Wir geben aufstrebenden Konsumenten der unteren Schichten die Chance, Möbel, Haushaltsgeräte und Unterhaltungs - elektronik zu besitzen, indem wir ihnen helfen, ihre finanziellen Bedürfnisse zu befriedigen.“ Bei Google wäre die Aussage zum Beispiel: „Die In - formationen der ganzen Welt ordnen und für alle erreichbar und nutzbar machen.“ Die besten CEOs destillieren aus einer oft kom- plexen Strategie instinktiv wenige klare Elemente, die sich leicht im Unternehmen verbreiten lassen – und sie tun alles, damit diese Verbreitung auch stattfindet. „Die Aufgabe eines CEOs besteht darin, die Komplexität zu reduzieren und sich auf einige wenige leicht verständliche Themen zu be- schränken“, sagte uns der Vorstandschef eines Luxus güterunternehmens. In einem anderen Ge- spräch beschrieb es der CEO einer Fluglinie kürz- lich so: „In meinem letzten Unternehmen gab es nicht viele Leute, die Dinge mit Abstand betrach- ten und komplizierte Themen einfach machen konnten. Aber genau darauf kommt es an.“ 4. Loben Sie die Fleißigen Jedes Unternehmen braucht kluge Denker. Aber in jeder Hierarchie gibt es die natürliche Tendenz, die Denker zu glorifizieren, und dagegen sollte ein CEO ankämpfen. Er muss alle daran erinnern, dass es die Umsetzer sind – also die wichtigsten Mit - arbeiter an der Kundenfront –, die mit ihrer Arbeit die Mission des Unternehmens voranbringen. „Die Helden meines Geschäfts sind die Mitglieder der Verkaufsteams“, sagte uns ein CEO. „Ich will, dass sie den ganzen Tag über verkaufen, die Wett- 30 HARVARD BUSINESS MANAGER JULI 2017 bewerber schlagen und unsere Produkte an den richtigen Platz in die richtigen Regale bringen. Ich sage ihnen immer wieder, dass sie nicht das Ge- hirn, sondern die Arme, Beine, Ohren und Augen des Unternehmens sind.“ Der CEO fügte hinzu: „Wenn Verkaufsmitarbei- ter neue Aktionen der Konkurrenz sehen oder irgendetwas anderes Interessantes in den Läden entdecken, das sie beunruhigt oder eine Chance bieten kann, machen sie sofort ein Foto mit dem Handy, schreiben ein paar Zeilen dazu und senden es an die Abteilungsleiter im Vertrieb oder im Trade marketing. Dann widmen sie sich wieder dem Verkauf. Die Denker in der Zentrale bekom- men auf diese Weise etwa 150 Fotos pro Woche, und ein paar dieser Fotos sind Auslöser für neue Verkaufsinitiativen der Marketingleute. Jeden Mo- nat vergibt das Unternehmen einen Preis für die beste Verkaufsinitiative – und zwar nicht an die Marketingabteilung, sondern an den Verkaufs - mitarbeiter, dessen Foto der Auslöser war. 5. Stellen Sie Fragen Tausendundein Problem kann einen CEO von den wichtigen Aufgaben ablenken. Er muss nicht jedes lösen. Der Chef eines Nahrungsmittelherstellers sagte uns: „Ich muss von all diesen Dingen erfah- ren und wäre verärgert, wenn sie mir nicht berich- tet würden. Aber ich muss sie nicht selbst aus der Welt schaffen.“ Wenn ein Problem die Arbeit der Umsetzer im Unternehmen behindert, sollten Sie selbst sicherstellen, dass es gelöst wird. In allen anderen Fällen kann es wahrscheinlich an irgend- einen Mitarbeiter Ihres Teams delegiert werden. Die meisten CEOs denken am Anfang, sie müssten alle Antworten parat haben. Mit der Zeit erkennen sie aber, das sie eigentlich nur gute Fragen brau- chen. Zum Beispiel diese: „Hilft uns diese Akti- vität dabei, unsere Strategie in konkretes Verhal- ten im Umgang mit Kunden zu übersetzen und die Ergebnisse zu verbessern?“ Und schon sind wir wieder beim langweiligen Teil. 6. Ignorieren Sie Coaches CEOs werden geradezu überschüttet mit dem schlechten Rat, im Büro zu bleiben und beim Regieren immer die Zuständigkeiten und Hierar- chiestufen zu beachten. Wenn Sie eine der folgen- den Aussagen hören, sollten bei Ihnen die Alarm- glocken läuten: „Der CEO sollte nach oben und in die Ferne se- hen.“ Übersetzt soll das heißen: Der oberste Chef kümmert sich um den Aufsichtsrat und die Stake- holder außerhalb der Firma, aber das Alltagsge- schäft überlässt er anderen. Blödsinn! Man würde doch meinen, dass der CEO seinen Job der Tat - sache verdankt, dass er zu den besten Machern der Branche zählt. Warum sollte er ausgerechnet auf diese Stärke verzichten, sobald er ganz oben