HARVARD BUSINESS MANAGER MAGAZINE Harvard_Business_Manager__Juli_2017 | Page 10

TRENDS nehmensstrategie mit Personalthemen und ist – wie im Fall Heraeus – idealer- weise Gestalter des Wandels. „HR gehört als Funktion in den Vorstand, um auf Augenhöhe zu agieren“, fordert ein Topgewerk schafter. Bei Tui sitzt zum Beispiel eine Personalerin inzwi- schen wie selbst verständlich mit am Tisch, wenn es beim IT-Vorstand um strategische Entscheidungen – etwa zur Bereichsentwicklung – geht, berichtet Tui-Personalvorstand und BPM- Präsidentin Elke Eller über die neue Zusammenarbeit. Ein Sonderfall: Denn nur 6 Prozent der befragten HRler halten die HR-Kompetenz ihrer Unter- nehmen in diesem Bereich für hoch oder sehr hoch. ARBEIT Wie kann die Zusammenarbeit in Teams optimiert werden und wie lassen sich deren Arbeits ergebnisse verbessern? Diese Frage war in der bisherigen Perso- nalarbeit nicht zentral, gewinnt aber nun stark an Bedeutung. Mithilfe von Big Data können die Leistungen von Teams und die Effizienz der Organisa- tion analysiert, evaluiert und verbessert werden. So liegt beispielsweise bei Heraeus die komplette Verantwortung für die Mitarbeiterzahl nun bei HR und nicht mehr im Finanzressort. Damit hat HR jetzt Hoheit über die eigenen Zahlen, die monatlich der Geschäftsfüh- rung präsentiert werden. Ein anderer Dax-Konzern erarbeitete eine offizielle Work-Life- Regelung – intern „Work- Well“ genannt –, die mindestens zehn Maß nahmen umfasst. „Die Führungs- kräfte werden an der Entwicklung des Work-Well-Index gemessen“, heißt es. Die BPM-Mitglieder sehen eine hohe Relevanz für solche Themen in den nächs ten fünf bis zehn Jahren. Diese zu bewältigen wird schwer: 91 Prozent halten ihr Unternehmen diesbezüglich für wenig kompetent. MITARBEITER Die Mitarbeiter und ihre Entwicklung standen auch bisher im Fokus von HR. Ein Beispiel ist die Weiterbildung von Führungskräften bei BSH Hausgeräte: CEO Karsten Ottenberg hat einen Perspektivwechsel hin zum Mitarbeiter initiiert: „Wir haben die Nominierungen unserer Mit arbeiter für Talentprogram - me abgeschafft. Stattdessen entscheidet der Mitarbeiter, welches Programm er machen möchte.“ Neu ist, dass HR quasi ständig in die Organisation hineinhören sollte, also kontinuierlich Feedback zu Kultur, Zu- friedenheit und Arbeitsweisen einholt, und auch daran arbeitet, das Silodenken in der Organisation abzubauen. Für solche Aufgaben braucht es Menschen, die eine gewisse gedankliche Unabhän- gigkeit, Mut, Empathie, aber auch Entschlossenheit mitbringen. Solche Kompetenzen sind in den Firmen nur teilweise verfügbar: Nur 8 Prozent der HRler glauben, dass ihre Organisation hier hochkompetent ist. HR-PLATTFORM Der Digitalisierungstrend hat die Perso- naler kalt erwischt. Viele HR-Abteilun- gen verfügen über nicht kompatible Datenbanken und zu wenig Daten. Sie haben keine automatisierten Prozesse, geschweige denn Personal Bots. So kommunizieren bei BSH inzwischen Hausgeräte miteinander, und auch die Customer-Journey ist in der digitalen Welt angekommen – bei HR jedoch „sind wir eher noch Follower“, sagt Ottenberg. „Die Datenhomogenität ist her gestellt, aber so etwas wie Advanced GLÜCK 10 HARVARD BUSINESS MANAGER JULI 2017 36 % Analytics nutzen wir noch nicht. Wir haben zum Beispiel noch keinen kogni- tiven Agenten zur Beratung bei Weiter- entwicklungsmöglichkeiten von Mit - arbeitern“, sagt der BSH-Chef. Die befragten Personaler sehen hier trotz großen Handlungsbedarfs die geringste Kompetenz: Lediglich erschreckende 4 Prozent stufen die HR-Kompetenz ihres Unternehmens diesbezüglich als hoch oder sehr hoch ein. „Das Digitale ist für den HR- Bereich teilweise völlig neu, Personaler müssen hier eigene Kompetenzen schärfen und Aufgaben messbar machen, die vorher nicht messbar waren“, sagt Elke Eller. FAZIT Die Lage ist dramatisch: Weil Daten künftig die Entscheidungsgrundlage für alle anderen Aufgaben von HR sind. Weil Trends wie Automatisierung, künstliche Intelligenz und Globalisie- rung die Arbeitswelt verändern werden. Weil Talente der entscheidende Wett - bewerbsfaktor sind. Die befragten Topmanager wünschen sich, dass HR die Automatisierung aller operativen HR-Prozesse forciert sowie geschäfts - relevante und HR-bezogene In for - mationen gewinnt und analysiert. Und bei strategischen Entscheidungen künf- tig auf Augenhöhe mit anderen Vor- standsmitgliedern diskutiert. Das sind wichtige Maßnahmen, will man die Zukunfts fähigkeit sichern. © HBM 2017 siehe Seite 110 AUTORINNEN HELENE ENDRES und CHRISTINA KESTEL sind Redakteurinnen des Harvard Business Managers. der deutschen Arbeitnehmer finden: Für mein Glück am Arbeits- platz ist allein der Vor - gesetzte oder das Unter- nehmen verantwortlich. 25 % der befragten Chefs – in diesem Fall CFOs – finden: Für sein Glück am Arbeits- platz ist der Mitarbeiter selbst zuständig. Quelle: Studie „Die Zeit ist reif. Glücklich arbeiten“, Robert Half 2017