Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Bayern | Page 9
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Bayern
9
verweigert werden, etwa das Recht zu heiraten, zu erben oder Kinder zu adoptieren“ (Zick
et al., 2011, S.47f).2
Abwertung von Langzeitarbeitslosen: In Deutschland werden Langzeitarbeitslose vom
Staat durch Sozialleistungen unterstützt. Manche Menschen erachten dies als ungerechtfertigt. Das kann verschiedene Begründungen haben, wie zum Beispiel die Überzeugung, dass
Langzeitarbeitslose an ihrer Situation selbst schuld seien und keine Hilfe verdienten, weil
sie keine (berufliche) Leistung erbringen. Wilhelm Heitmeyer und Kirsten Endrikat (2008)
nennen letzteres die „Ökonomisierung des Sozialen“, bei der Menschen zunehmend unter
dem Kriterium ihrer ökonomischen Nützlichkeit betrachtet werden. Die Betroffenen erleben
solche Einstellungen als feindselig.
Ausländerfeindlichkeit: Die Abwertung von Menschen mit Migrationshintergrund ist ein
wesentlicher Bestandteil der GMF-Forschung. Sie bezieht sich auf bedrohlich wahrgenommene kulturelle Differenzen und Konkurrenz um knappe Ressourcen wie Wohnraum oder
Arbeit. „In Westeuropa scheint es derzeit vor allem Vorurteile gegenüber Menschen aus
anderen Kulturkreisen zu geben, womit insbesondere dunkelhaarige Menschen aus muslimischen Ländern gemeint sind. Hingegen sind beispielsweise gegenüber Schweden derzeit
eher positive Vorurteile verbreitet“ (Zick et al., 2011, S.45). Dies macht deutlich, dass Ausländerfeindlichkeit insbesondere Menschen betrifft, die von kulturellen Normvorstellungen
abweichen. Die Bezeichnung Menschen mit Migrationshintergrund kann Personen betreffen, die a) im Ausland geboren wurden, aber deutsche Eltern haben, b) eine ausländische
Herkunft haben, aber bereits in dritter oder späterer Generation in Deutschland leben und
c) die aus dem Ausland kommen und nach Deutschland migriert sind.
Muslimenfeindlichkeit: Muslimenfeindliche Menschen empfinden Bedrohungsgefühle und
haben ablehnende Einstellungen gegenüber der Gruppe der Muslime, ihrer Kultur und
ihren Aktivitäten. Insbesondere in Ländern, in die viele Menschen aus muslimischen Ländern immigrieren, besteht die Tendenz, Muslime und Ausländer pauschal gleichzusetzten
und als nicht integralen Bestandteil der einheimischen Mehrheitsgesellschaft zu betrachten
(Zick et al., 2011, S.46). Muslime werden dann weniger wegen ihrer Religion, sondern
vielmehr wegen ihrer vermeintlichen Fremdheit feindselig betrachtet.
Antisemitismus: Antisemitismus bezeichnet die Ablehnung der jüdischen Religion und
deren Angehöriger. Im Unterschied zur Fremdenfeindlichkeit wird Judenfeindlichkeit in der
Regel mit angeblich inhärenten Eigenschaften von Menschen jüdischen Glaubens begründet: Juden wurde immer wieder die Schuld an negativen Fehlentwicklungen und Katastro2
In dieser Studie wurde auf die Verwendung des Begriffs Homophobie verzichtet, da eine Phobie
einen krankhaften Angstzustand beschreibt, der bei feindseligen Einstellungen gegenüber gleichgeschlechtlichen Beziehungen selten anzutreffen ist. Vielmehr handelt es sich um eine Mentalität,
bei der homosexuelle Präferenzen als eine Normabweichung eingeordnet werden.