Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Bayern | Page 52
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Bayern
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sozial-emotionale Bildung neben Empathie und Mitgefühl auch gewaltfreie Optionen zur
Erreichung von Anerkennung trainieren (vgl. Singer und Bolz, 2013). Interkulturelle Kontakte können, wenn sie auf 'Augenhöhe' stattfinden, zu positiven gemeinsamen Erfahrungen und Identifikationen führen, die Vorurteile verringern (vgl. Zick, 2006). Auch unsere
Ergebnisse verweisen auf einen Bedarf an Programmen, die Vorurteile früh beachten und
einer Verstärkung der Facetten von Menschenfeindlichkeit zuvorkommen. Die Abwertung
von Menschen aus einer Gruppe geht meist mit einer Abwertung von Menschen aus anderen Gruppen einher. Zur Prävention von GMF ist es deshalb bedeutend die Gleichwertigkeit
der Menschen zu verteidigen (vgl. Kahane, 2011).
Für die Praxis bedeutet das, dass sich gegen GMF Maßnahmen eignen, die Mitgefühl trainieren (siehe Singer und Bolz 2013 für einen Überblick über Trainingsprogramme für Mitgefühl) und, zur Bekämpfung politischer Desillusionierung, demokratische Partizipation
ermöglichen. Oft werden Maßnahmen gegen GMF nur auf Jugendliche bezogen, während
unsere Ergebnisse aber zeigen, dass GMF nicht als Jugendproblem wahrgenommen und
nicht auf Jugendliche reduziert werden kann. Deshalb braucht es Handlungskonzepte, die
auch ältere Bevölkerungsgruppen ansprechen. Unsere Ergebnisse zeigen zudem, dass
politische Desillusionierung, ein geringes Bildungsniveau, mangelnde Kontakte zu den
betroffenen Gesellschaftsgruppen und starke nationale Identifikation die Wahrscheinlichkeit
für GMF erhöhen. Ebenso ergibt sich eine höhere Wahrscheinlichkeit für GMF für männliche Personen und Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit.
Zusätzlich zu diesen Maßnahmen sollte man berücksichtigen, dass insbesondere das Institutionenvertrauen ausnahmslos alle Dimensionen des GMF-Syndroms beeinflusst. Dieser
Bereich scheint für den Abbau menschenfeindlicher Einstellungen besonders relevant zu
sein. Hier gilt es für die Politik verloren gegangenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen.
Bezogen auf die wesentlichen inhaltlichen Aspekte dieses Index heißt dies, dass die Politik
gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern in einem fortwährenden Dialog deutlich machen
sollte und muss, dass von den politischen Parlamenten zum Großteil Gesetze verabschiedet
werden, von denen ein großer Teil der Bürgerinnen und Bürger persönlich profitiert und
dass die Bundes- und Länderregierungen die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung
vertreten. Es gilt also im Bürgerdialog die positiven Aspekte der parlamentarischen Demokratie deutlich zu machen und nicht in eine Negativrhetorik zu verfallen17.
17
Vgl. hierzu auch Lehmann/Zobel, 2016.