Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Bayern | Page 53

Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Bayern 53 7 Fazit Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass auch in Bayern gruppenbezogen menschenfeindliche Einstellungen in einem nicht zu vernachlässigendem Ausmaß verbreitet sind. Vermutlich wird das tatsächliche Ausmaß abwertender Einstellungen in dieser Studie jedoch unterschätzt. Das liegt zum einen daran, dass Befragte im Durchschnitt dazu tendieren, Antworten zu geben, die sie für gesellschaftlich akzeptiert halten (soziale Erwünschtheit). Zum anderen nehmen an Studien überproportional häufig am Untersuchungsthema interessierte Personen teil. In der vorliegenden Befragung handelt es sich insbesondere um Akademikerinnen und Akademiker mit unterdurchschnittlicher Abwertungsneigung. Ziele gruppenbezogen menschenfeindlicher Einstellungen sind nach den vorliegenden Ergebnissen insbesondere Muslime, Langzeitarbeitslose, Sinti und Roma sowie Flüchtlinge. Eine feindliche Einstellung gegen Ausländer allgemein hingegen findet kaum noch Zustimmung. Die absoluten Indexwerte sind jedoch mit Vorsicht zu interpretieren, da die Fragebatterien, trotz aller Sorgfalt bei der Vorbereitung, unterschiedlich sensitive Fragen enthalten. In der multivariaten Analyse fällt auf, dass Frauen in vielen Bereichen geringer zu Abwertungen neigen. Von den theoretischen Erklärungen für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ließen sich die Kontakthypothese, die Theorie der Sozialen Identität und die kollektive Deprivationstheorie bestätigen. Zudem zeigen sich deutliche Effekte der Bildung und des Institutionenvertrauens. Auch die starke Identifikation mit Deutschland steht mit fast allen Elementen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in positivem Zusammenhang. Die Erklärungskraft der Variablen aus den Bereichen Sozialisation, individueller Deprivation und Desintegrationstheorie ist in unseren Daten gering. Das muss nicht zwangsläufig gegen die genannten Theorien sprechen, es könnte auch daran liegen, dass aufgrund der Überrepräsentation von akademisch Gebildeten nicht das gesamte Spektrum an Sozialisation, Deprivation und Desintegration erfasst werden konnte. Im Bereich politische Kultur und Institutionen erwies sich das Vertrauen in Institutionen als sehr erklärungskräftig: Wer wenig Vertrauen in politische Institutionen hat, neigt stärker zu abwertenden Einstellungen. Ob die festgestellten Zusammenhänge jedoch kausal sind, kann von dieser Studie trotz Drittvariablenkontrolle nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden. Insgesamt sind die Effektstärken der Einflussvariablen eher gering. Die theoretisch begründeten und soziodemographischen Variablen können nur einen geringen Teil der Varianz der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit erklären. Das weist darauf hin, dass gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit kein Randphänomen einer speziellen Gruppe ist, sondern in der Mitte der Gesellschaft verbreitet ist. In dieses Bild passt auch der zunächst erfreuliche