Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Bayern | Page 42
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Bayern
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herangezogen wurden.15 Bei der Berechnung des Pro-Kopf-Einkommens wurden Haushaltsnettoeinkommen von unter 400 und über 10.000 Euro ausgeschlossen; zudem wurde
eine laut ihren Angaben 108-jährige Person nicht ins Modell aufgenommen.
Alle anderen unabhängigen Variablen (Alter, Alter2, Pro-Kopf-Einkommen, Kindheitserfahrungen, Institutionenvertrauen) wurden metrisch in das Modell integriert und mit Ausnahme des Alters sowie Alter zum Quadrat um den Mittelwert zentriert.
5.3.2
Erwartungen bezüglich der Erklärungsansätze
Die Operationalisierung der abhängigen Variablen (= GMF-Elemente) wurde bereits in
Kapitel 4.3 erläutert. Deshalb erfolgt nun eine kurze Ausführung zu den Erwartungen bezüglich der GMF-Elemente und den Erklärungsansätzen mit den jeweils zugehörigen erklärenden Variablen. Für Details zu den Erklärungsansätzen sei auf Kapitel 3 verwiesen.
Das zentrale Argument der Theorie der sozialen Identität ist die Einteilung in Eigen- und
Fremdgruppe. Die Erwartung bezüglich der GMF-Elemente ist, dass Menschen, die sich
einer bestimmten Gruppe zugehörig fühlen (= Eigengruppe), Personen aus der Fremdgruppe abwerten. Aus den Münchener Daten wurden hierfür die Variablen regionale Zugehörigkeitsgefühle (Deutschland, Weltbürgerin/Weltbürger) und Religionszugehörigkeit (Katholisch, Evangelisch, Konfessionslos) ausgewählt.
Bei der Kontakthypothese ist die Erwartung, dass Menschen, die (viel) Kontakt zu Personen
aus einer Minderheit haben, weniger Vorbehalte gegen diese Minderheit haben. Erfasst
wurde der persönliche Kontakt zu Ausländern, Langzeitarbeitslosen, Juden, Flüchtlingen,
Menschen anderer Hautfarbe, Sinti und Roma, Muslimen und Homosexuellen, und zwar in
der Familie/Verwandtschaft, im Freundes- oder Bekanntenkreis, in der Nachbarschaft und
am Arbeitsplatz.
Die Erwartung hinsichtlich Bildung und Sozialisation ist, dass Menschen, die aus bildungsfernen Familien kommen und/oder selbst wenig Bildung akkumuliert haben, feindseligere
Einstellungen gegenüber Minderheiten haben können. Erfasst wurde dies mit den Variablen
Familienqualität in der Kindheit (hohe Werte = schlechte Qualität) und dem erreichten
Bildungsniveau (Akademisch vs. Nicht-Akademisch).
Menschen, die sich individuell oder kollektiv depriviert fühlen, kompensieren dies dadurch,
so die Erwartung der Deprivationstheorie, in dem sie andere Menschen/Gruppen abwerten.
Für die kollektive Deprivation wurde die Einschätzung, Deutsche befänden sich in einer
besseren bzw. schlechteren wirtschaftlichen Lage als die in Deutschland lebenden Ausländer herangezogen und dichotomisiert. Für die individuelle Deprivation wurde die Einschät-
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Cronbachs α beträgt für diesen Index 0,6723, liegt also an der Grenze für eine zulässige Indizierung.