Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Bayern | Page 14
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Bayern
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Abbildung 2: Theorie sozialer Identität und GMF
Soziale
Identität durch
Gruppenzugehörigkeit
Abgrenzung zur
Fremdgruppe
Phänomene
sozialen
Handelns, z.B.
GMF
Die soziale Identität kann sich zum Beispiel durch räumliche oder religiöse Gruppenzugehörigkeit ergeben. Dementsprechend wird soziale Identität in Kapitel 6.3 gemessen.
3.2
Kontakthypothese
Aus einer frühen Version der SIT wurde die Kontakthypothese entwickelt. Diese wurde von
Allport (1954) aufgestellt und in einer Vielzahl empirischer Untersuchungen bestätigt (vgl.
Stephan/Stephan, 1984; Pettigrew, 1998; Ganter/Esser, 1999; Wagner et al. 2003; Pettigrew/Tropp, 2006). Kern der Hypothese ist die Annahme, dass Vorurteile gegenüber bestimmten Gruppen abnehmen, wenn es ausreichend viele Kontaktsituationen mit Individuen
aus diesen Gruppen gibt. Wer beispielsweise in einer Wohngegend mit hohem Ausländeranteil lebt, hat automatisch häufiger Kontakt zu Ausländern. Durch diesen Umstand werden
zugeschriebene Gruppenunterschiede (z.B. „Ausländer sind faul – wir sind fleißig“) revidiert oder irrelevant, was zu einer positiveren Einstellung gegenüber Ausländern führen
kann. Diese These steht im direkten Widerspruch zur These der Gruppenbedrohung, bei
der angenommen wird, dass feindselige Einstellungen durch zunehmende Erfahrungen
miteinander zunehmen (vgl. Allport 1954, S.261ff; Weins, 2011).
Kontaktmöglichkeiten entstehen in allen Lebensbereichen (Arbeit, Wohnort, Freizeit usw.).
Die Kontakte selbst können unter verschiedenen Dimensionen betrachtet werden: unterschiedliche Arten des Kontakts haben unterschiedliche Konsequenzen für die Reduktion
(oder auch die Vertiefung) von Vorurteilen. Außerdem kann in Kontaktqualität und
–quantität eingeteilt werden (Baur et al., 2010). So haben Kontakthäufigkeit und Intensität
einen wichtigen Einfluss auf die Entstehung von Vertrauensstrukturen und je stärker das
Vertrauen, desto deutlicher ist der vorurteilsreduzierende Effekt. Auch der Status zwischen
den Interaktionspartnern spielt eine Rolle. Vorurteile sind in hierarchischen Strukturen eher
anzutreffen, als in gleichwertigen. Ein weiterer Aspekt ist die Kontaktsituation: Findet der
Kontakt in einer Konkurrenz- oder Kooperationssituation statt? Letzteres hat eine positive
Auswirkung auf den Abbau von Vorurteilen. Ebenso verhält es sich in Situationen in denen
eine positive Atmosphäre vorliegt: „Findet der Kontakt freiwillig statt und wird er gesellschaftlich toleriert oder gar positiv sanktioniert, können Vorurteile besser abgebaut werden“ (ebd., S.4). Ebenfalls wichtig ist die individuelle Persönlichkeit. So haben cholerische
oder phlegmatische Charakterzüge jeweils individuelle Auswirkungen auf die Art und Wei-