Geschichtendock 2020 ePub_Folge_05 | Page 7

Ich halte den Zeigefinger an die Lippen und wir spitzen unsere Ohren. Zuerst ist da gar nichts, dann hören wir etwas Knacken und Knirschen. Wir gehen den Gang entlang, immer auf der Suche nach dem Geräusch, biegen nach links ab und kommen in einen Raum mit hohen Schränken. «Das kommt von da, Alter.» Murat öffnet ein Türchen. Der Lichtstrahl streift einige zerfetzte Zwiebackpackungen und haufenweise Krümel. Dazwischen zwei pelzige Tierchen, die uns aus dunkeln Kulleraugen anstarren. «Hallo ihr Fresser», sage ich. Blitzschnell drehen sich die beiden Mäuse um und verschwinden durch einen Spalt im Holz. Weiter geht es immer den Ohren nach. Da ist wieder etwas. «Plopp! Plopp! Plopp!», macht es. Wir kommen in eine Küche. An der Wand ein Waschbecken mit einem Wasserhahn, der tropft. Der Weg des Wassers? Kaum. Weiter geht es durch den unheimlichen Bunker. Nach einer Weile hören wir ein fernes Klopfen. «Was ist das?» Ich halte an. «Vielleicht ein Gefangener, der gegen die Gitterstäbe seiner Zelle schlägt.» «Hier unten? Der wäre doch schon längstens verhungert», versuche ich mich zu beruhigen. «Wer weiss», sagt Murat, «zu Essen gibt es ja noch einiges in diesen Räumen.» Vorsichtig gehen wir durch lange Gänge, immer auf der Suche nach diesem Klopfen. Wir kommen an den Schlafräumen der Soldaten vorbei, an Toiletten und Duschräumen. Einmal nehmen wir einen Gang nach links, dann eine Abzweigung nach rechts, immer auf der Suche nach dem merkwürdigen Geräusch, das immer lauter wird. Nach einigen Minuten kommen wir zu einer Panzertüre aus glänzendem Stahl. Sie ist mit drei Riegeln zugesperrt. «Das Gefängnis», flüstert Murat. Die Riegel sind angerostet und lassen sich nur gemeinsam öffnen.