Radreise
Der Weg nach Malcesine am nächsten
Tag gestaltet sich stressfreier als befürchtet. Der Autoverkehr auf der Küstenstraße hält sich in Grenzen und auch in
den Tunnels ist es kein Problem. In Malcesine beschließen wir, das Wetter zu
nutzen und nicht weiterzufahren. Der Ort
kommt mir ein wenig wie die Disneylandversion von Italien vor. Alles ist kitschig
schön, aus jedem Lautsprecher ertönen
Italo-Schlager und jeder hat eine Kamera
vor dem Bauch. Bis jetzt hatten wir eigentlich erst einen Tag Italien in Trient.
Hier kann man schon wieder problemlos
jeden Italiener aufDeutsch ansprechen.
Ein kleiner Einschub zum Thema „Plänemachen und warum es zwar schön,
aber sinnlos ist“: Die Vorbereitung einer
Radreise ist für mich das Größte. Das
verlängert den Urlaub glatt um ein halbes
Jahr. Vor Ort ist die Planung dann aber oft
schnell wieder umgeworfen, und so ist
auch dieses Mal der Plan, bis Venedig
durchzufahren und dort noch ein paar
Tage an der Adria zu verbringen, nach
kurzer Zeit obsolet.
1 . Änderung: Wir fahren nicht zügig, sondern biegen zum Gardasee ab.
2. unfreiwillige Änderung: In Malcesine
wollten wir eigentlich länger bleiben. Leider ist das Zimmer nur für zwei Tage zu
haben.
3. Änderung: Wenn wir weiter so bummeln, wird es für die Adria knapp. Venedig
wird wohl sowieso schon ausfallen.
Auch die nächste Etappe bis Bardolino
ist kurz. Der Ort ist keine Sensation, aber
sehr nett. Touristenrummel ohne Disneylandkulisse. Hier finden wir einen Campingplatz mit Mobilheimen direkt am See.
Mindestmietdauer ist allerdings drei Tage.
Etwas länger als wir bleiben wollten, aber
22° Wassertemperatur ist ein Argument.
24
FahrRad Frühling 201 5
Nach drei sonnigen Tagen süßen Nichtstuns müssen wir trotzdem wieder los,
wenn wir noch zur Adria wollen. Über die
letzten Ausläufer der Berge fahren wir zurück zur Etsch und nach Verona.
Der Campingplatz am Castel San Pietro in Verona ist einer der Plätze, wofür es
sich dann doch lohnt, das Zelt mitzunehmen. Hoch über der Stadt liegt er in alten
Festungsmauern mitten in einem kleinen
botanischen Garten. Einen kleinen Laden
gibt es auch, der allerdings vor allem
Brötchen und Alkohol verkauft, aber keinen Mückenschutz. Das ist dumm, weil
ohne diesen das Überleben hier oben
schwierig wird. Als wir uns unten in der
Stadt mit der chemischen Keule eingedeckt haben, ist es eigentlich schon zu
spät. Wir sehen bereits aus, als hätten wir
Masern.
Leider wird mittlerweile die Zeit etwas
knapp. Wir schummeln deshalb etwas
und überspringen eine Etappe, indem wir
nach Padua mit dem Zug fahren. In Padua schaffen wir es, das schlechteste Hotel des Urlaubs zu buchen. Wir sind verschwitzt von der Zugfahrt, fühlen uns
dreckig, und auf dem Bahnhofsplatz vor
der Touristeninformation gibt es nirgends
ein schattiges Plätzchen, wo man in Ruhe
beraten und überlegen kann. Ich werte es
mal als Kurzschlusshandlung, dass ich
einfach das erste preiswerte Hotel in der
Nähe buche. Nun wohnen wir laut Touristeninformation „einfach, aber sauber“,
wobei „sauber“ ein sehr dehnbarer, merkwürdig riechender Begriffist und „einfach“
für „alles ist Bruch“ steht. Der Geruch im
Hotel ist uns anfangs gar nicht richtig aufgefallen, aber kaum auszuhalten, als wir
abends aus Padua zurückkehren. Dafür
ist es sehr zentral, was der Verkehrslärm
vor dem Fenster beweist. Wir sehnen uns