FahrRad 1/2015 | Page 24

Radreise Der Weg nach Malcesine am nächsten Tag gestaltet sich stressfreier als befürchtet. Der Autoverkehr auf der Küstenstraße hält sich in Grenzen und auch in den Tunnels ist es kein Problem. In Malcesine beschließen wir, das Wetter zu nutzen und nicht weiterzufahren. Der Ort kommt mir ein wenig wie die Disneylandversion von Italien vor. Alles ist kitschig schön, aus jedem Lautsprecher ertönen Italo-Schlager und jeder hat eine Kamera vor dem Bauch. Bis jetzt hatten wir eigentlich erst einen Tag Italien in Trient. Hier kann man schon wieder problemlos jeden Italiener aufDeutsch ansprechen. Ein kleiner Einschub zum Thema „Plänemachen und warum es zwar schön, aber sinnlos ist“: Die Vorbereitung einer Radreise ist für mich das Größte. Das verlängert den Urlaub glatt um ein halbes Jahr. Vor Ort ist die Planung dann aber oft schnell wieder umgeworfen, und so ist auch dieses Mal der Plan, bis Venedig durchzufahren und dort noch ein paar Tage an der Adria zu verbringen, nach kurzer Zeit obsolet. 1 . Änderung: Wir fahren nicht zügig, sondern biegen zum Gardasee ab. 2. unfreiwillige Änderung: In Malcesine wollten wir eigentlich länger bleiben. Leider ist das Zimmer nur für zwei Tage zu haben. 3. Änderung: Wenn wir weiter so bummeln, wird es für die Adria knapp. Venedig wird wohl sowieso schon ausfallen. Auch die nächste Etappe bis Bardolino ist kurz. Der Ort ist keine Sensation, aber sehr nett. Touristenrummel ohne Disneylandkulisse. Hier finden wir einen Campingplatz mit Mobilheimen direkt am See. Mindestmietdauer ist allerdings drei Tage. Etwas länger als wir bleiben wollten, aber 22° Wassertemperatur ist ein Argument. 24 FahrRad Frühling 201 5 Nach drei sonnigen Tagen süßen Nichtstuns müssen wir trotzdem wieder los, wenn wir noch zur Adria wollen. Über die letzten Ausläufer der Berge fahren wir zurück zur Etsch und nach Verona. Der Campingplatz am Castel San Pietro in Verona ist einer der Plätze, wofür es sich dann doch lohnt, das Zelt mitzunehmen. Hoch über der Stadt liegt er in alten Festungsmauern mitten in einem kleinen botanischen Garten. Einen kleinen Laden gibt es auch, der allerdings vor allem Brötchen und Alkohol verkauft, aber keinen Mückenschutz. Das ist dumm, weil ohne diesen das Überleben hier oben schwierig wird. Als wir uns unten in der Stadt mit der chemischen Keule eingedeckt haben, ist es eigentlich schon zu spät. Wir sehen bereits aus, als hätten wir Masern. Leider wird mittlerweile die Zeit etwas knapp. Wir schummeln deshalb etwas und überspringen eine Etappe, indem wir nach Padua mit dem Zug fahren. In Padua schaffen wir es, das schlechteste Hotel des Urlaubs zu buchen. Wir sind verschwitzt von der Zugfahrt, fühlen uns dreckig, und auf dem Bahnhofsplatz vor der Touristeninformation gibt es nirgends ein schattiges Plätzchen, wo man in Ruhe beraten und überlegen kann. Ich werte es mal als Kurzschlusshandlung, dass ich einfach das erste preiswerte Hotel in der Nähe buche. Nun wohnen wir laut Touristeninformation „einfach, aber sauber“, wobei „sauber“ ein sehr dehnbarer, merkwürdig riechender Begriffist und „einfach“ für „alles ist Bruch“ steht. Der Geruch im Hotel ist uns anfangs gar nicht richtig aufgefallen, aber kaum auszuhalten, als wir abends aus Padua zurückkehren. Dafür ist es sehr zentral, was der Verkehrslärm vor dem Fenster beweist. Wir sehnen uns