FahrRad 1/2015 | Page 20

Kontroverse A lkohol ist eine Droge, die gesellschaftlich sehr verharmlost wird. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass man schon ab 0,3 Promille die Entfernung und das Tempo eines Autos nicht mehr gut einschätzen kann. Bei 0,5 Promille verschlechtert sich die Sehleistung und ab 0,8 Promille sinkt die Reaktionsfähigkeit stark ab. Ab 1 ,1 Promille nehmen die alkoholbedingten Ausfallerscheinungen stark zu. Diese Wirkungen sind dieselben, ob man nun im Auto sitzt oder auf dem Sattel. Die Unfallzahlen sprechen eine deutliche Sprache. Der Anteil der verunglückten Radfahrer, die unter Alkoholeinfluss standen, ist mit 4,4% fast doppelt so groß wie bei den Autofahrern. Wenn es gelänge, den Anteil auf das Niveau der Autofahrer zu senken, würden jedes Jahr 1 .700 Radfahrer weniger verletzt oder sogar getötet. Richtig ist, dass die gefahrenen Geschwindigkeiten beim Radfahren geringer sind. Bei gleichgroßen Reaktionszeiten bedeutet dies einen größeren Reaktionsraum für Radfahrer. Hieraus kann man meiner Meinung nach aber nicht ableiten, dass vom Radverkehr eine geringere Gefährdung ausgeht. Es geht ja nicht nur um die Eigengefährdung der Radfahrer auf eigenen vom Autoverkehr getrennten Radwegen. Rad- und Autoverkehr nutzen nicht nur bei Querungen über weite Strecken dieselbe Verkehrsfläche. Auch bei Straßen begleitenden Schutzstreifen kommen sich die unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer beim Überholen sehr nah. In anderen Ländern gibt es zu Recht seit langem tiefere Promillegrenzen als in Deutschland. In Italien, Frankreich, Kroatien, der Schweiz und den Niederlanden 20 FahrRad Frühling 201 5 Pro Radfahren Streit um gleiche Promillegrenze F ür Autofahrer gilt seit 2001 die 0,5-PromilleGrenze im Straßenverkehr als Gefahrengrenzwert, ab dem ein Bußgeld ab 500 Euro gezahlt werden muss. Einen solchen Gefahrengrenzwert gibt es für Radfahrer nicht. Ab 1 ,1 Promille sind Autofahrer, so die Rechtsprechung, sogar absolut fahruntauglich. Die Folge ist Fühsind maximal 0,5 Promille am Lenker erlaubt. Die Bußgelder variieren zwischen 65 Euro (Kroatien) und 500 Euro (Italien). Recht tolerant zeigt sich Österreich. Unser Nachbarland akzeptiert bis zu 0,8 Promille, aber auch dies ist nur die Hälfte von den in Deutschland erlaubten Werten. Wer hier mit einem höheren Alkoholwert aufdem Fahrrad erwischt wird, muss mit einer Geldstrafe ab 800 Euro rechnen. In Tschechien liegt die Grenze sogar bei 0,0 Promill