Kontroverse
A
lkohol ist eine Droge, die gesellschaftlich sehr verharmlost wird. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass man
schon ab 0,3 Promille die Entfernung und
das Tempo eines Autos nicht mehr gut
einschätzen kann. Bei 0,5 Promille verschlechtert sich die Sehleistung und ab
0,8 Promille sinkt die Reaktionsfähigkeit
stark ab. Ab 1 ,1 Promille nehmen die alkoholbedingten Ausfallerscheinungen
stark zu. Diese Wirkungen sind dieselben, ob man nun im Auto sitzt oder auf
dem Sattel.
Die Unfallzahlen sprechen eine deutliche Sprache. Der Anteil der verunglückten Radfahrer, die unter Alkoholeinfluss
standen, ist mit 4,4% fast doppelt so groß
wie bei den Autofahrern. Wenn es gelänge, den Anteil auf das Niveau der Autofahrer zu senken, würden jedes Jahr
1 .700 Radfahrer weniger verletzt oder
sogar getötet.
Richtig ist, dass die gefahrenen Geschwindigkeiten beim Radfahren geringer sind. Bei gleichgroßen Reaktionszeiten bedeutet dies einen größeren
Reaktionsraum für Radfahrer. Hieraus
kann man meiner Meinung nach aber
nicht ableiten, dass vom Radverkehr eine
geringere Gefährdung ausgeht. Es geht
ja nicht nur um die Eigengefährdung der
Radfahrer auf eigenen vom Autoverkehr
getrennten Radwegen. Rad- und Autoverkehr nutzen nicht nur bei Querungen
über weite Strecken dieselbe Verkehrsfläche. Auch bei Straßen begleitenden
Schutzstreifen kommen sich die unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer beim
Überholen sehr nah.
In anderen Ländern gibt es zu Recht
seit langem tiefere Promillegrenzen als in
Deutschland. In Italien, Frankreich, Kroatien, der Schweiz und den Niederlanden
20 FahrRad Frühling 201 5
Pro
Radfahren
Streit um gleiche Promillegrenze
F
ür Autofahrer gilt seit 2001 die 0,5-PromilleGrenze im Straßenverkehr als Gefahrengrenzwert, ab dem ein Bußgeld ab 500 Euro gezahlt werden muss. Einen solchen Gefahrengrenzwert gibt es für Radfahrer nicht. Ab 1 ,1
Promille sind Autofahrer, so die Rechtsprechung,
sogar absolut fahruntauglich. Die Folge ist Fühsind maximal 0,5 Promille am Lenker erlaubt. Die Bußgelder variieren zwischen
65 Euro (Kroatien) und 500 Euro (Italien).
Recht tolerant zeigt sich Österreich.
Unser Nachbarland akzeptiert bis zu 0,8
Promille, aber auch dies ist nur die Hälfte
von den in Deutschland erlaubten Werten. Wer hier mit einem höheren Alkoholwert aufdem Fahrrad erwischt wird, muss
mit einer Geldstrafe ab 800 Euro rechnen.
In Tschechien liegt die Grenze sogar bei
0,0 Promill